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Bentley Continental GT Speed: In vollem Glanz

Mühelos, kraftvoll, souverän und flüsterleise – wenn Entwicklungschef Matthias Rabe die typische Motorcharakteristik eines Bentley beschreibt, bleibt der Zuhörer lange im Unklaren, ob Rabe nun von der alten oder der neuen Welt spricht. Denn im Grunde liegen ein Zwölfzylinder und ein E-Motor gar nicht so weit auseinander, wiederholt der Cheftechniker wie ein Mantra und nimmt den Bentley-Boys so die Angst vor dem Unvermeidbaren: Auch die britische VW-Tochter wird zunehmend elektrifiziert und will dabei nicht nur Mitläufer sein, sondern Wegbereiter für nachhaltigen Luxus. 

Doch bis das soweit ist und in vier, fünf Jahren tatsächlich der erste Bentley ausschließlich mit Batterie an den Start geht, singen die Briten noch einmal ein Hohelied auf ihre traditionellen Werte und lassen die alte Welt in vollem Glanz erstrahlen. Denn wenn sie Coupé und Cabrio des Continental GT in diesen Tagen für Preise ab 267.869 Euro (D) für das geschlossene und 294.644 Euro (D) für das offene Modell wieder als Speed an den Start bringen, ist das eine hedonistische Hommage an Lust und Leistung ohne Hintergedanken. 

Für den Schlussspurt im Smoking setzen die Briten einmal mehr auf ihren sündig-schönen W12-Motor mit feudalen 6,0-Litern Hubraum, dem sie nochmal etwas mehr Leistung abgerungen haben. Statt beim Vorgänger 635 PS stehen nun 659 PS im Datenblatt, und 900 Nm sorgen für eine einzigartige Mischung aus Nonchalance und Noblesse, die sich mit einem souveränen Lächeln über alle physikalischen Gesetzmäßigkeiten hinweg setzt: Es braucht deshalb nicht viel mehr als einen Schatten auf dem wuchtigen Fahrpedal, dann lösen sich die knapp drei Tonnen Lebendgewicht in Wohlgefallen auf und der Bentley fliegt dem Horizont entgegen: 3,6 Sekunden bis Tempo 100 und bei Vollgas 335 km/h – und das vollkommen mühelos, ohne Aufregung oder gar Anstrengung. Wo andere Autos dieses Kalibers längst aus dem letzten Loch pfeifen oder zumindest ein großes Spektakel machen, muss man beim Bentley schon die Launchcontrol aktivieren, den Motor ans Limit drehen und die Reifen kreischen lassen, um ein wenig Aufmerksamkeit zu generieren. 

Aber zum „dynamischsten Straßenauto in 101 Jahren Bentley-Geschichte“ wird der Speed nicht allein wegen des Powerpacks unter der Haube. Sondern das Versprechen einer ausgesprochen flotten Landpartie untermauern die Briten mit ihrer neuen Hinterradlenkung, einer etwas strafferen Programmierung für die 3-Kammer-Luftfederung, schnelleren Gangwechseln für die achtstufige Doppelkupplung und dem Ersteinsatz für ein elektronisch geregeltes Sperrdifferential an der Hinterachse. So schwinden nicht nur die Pfunde, die bei diesem Dickschiff in Lack und Leder hier eher Zentner sind. Sondern es schrumpft auch das Format und der immerhin 4,85 Meter lange Luxusliner fühlt sich plötzlich überraschend handlich an. Wer dann noch ins sportliche Fahrprofil wechselt, profitiert von einer spürbar größeren Spreizung der Charaktere, spürt die etwas längere Leine der wachsamen Assistenten und gleitet mit einem bisweilen ziemlich lasziven Heckschwung durch die Landschaft. Und damit die Fuhre auch flott wieder zum Stehen kommt, glühen in den 21-Zöllern riesige Bremsscheiben aus einer neuen Karbon-Keramik-Mischung, die nicht nur mehr Biss haben, sondern obendrein noch 33 Kilo weniger wiegen. Und natürlich sind sie die größten, die bislang in einem Serienauto eingebaut wurden.

Weil es beim Sport in diesen Klassen immer auch um Show & Shine geht, haben sich die Designer ebenfalls des Speed angenommen und dem Wagen mit rauchschwarzen Anbauteilen Kühlergrill eine düstere, finstere Aura gegeben. Das gilt außen für Details von den Kiemen in der Flanke bis hin zum riesigen Kühlergrill und innen vor allem für die Mittelkonsole, die nun in ebenfalls einer dunklen Metallausführung zu haben ist. Und wo der Bentley bislang einen chromfunklenden Augenaufschlag hatte, bekommt er nun mit schwarzen Ringen um die riesigen LED-Linsen einen ziemlich düsteren Blick, der so gar nicht zu den sonnigen Aussichten für seinen Fahrer passten will.

Natürlich hat das Vergnügen auch seinen Preis, und der Express-Aufschlag für den Speed ist saftig. Schließlich bedeuten die gut 60.000 Euro Aufgeld zum normalen W12 rund 2.500 Euro pro PS. Doch erstens gibt’s dafür die Gewissheit, den womöglich letzten seiner Art zu genießen. Und zweitens muss Bentley ja irgendwie das Geld verdienen, mit dem die Briten das Ticket in die neue Welt lösen.

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