BMW XM: Protz-Power-Panzer
Liebe Greta, jetzt müssen Du und Deine Friday-for-Future-Freunde ganz, ganz stark sein. Wenn ihr nach elektrischen Bekenntnissen wie dem iX oder dem i4 und mehr noch nach dem Vision Circular geglaubt habt, BMW hätte womöglich den Ernst der Lage begriffen, dann habt ihr die Rechnung ohne den XM gemacht. Denn was die Bayern da den Reichen und Schönen jetzt gerade als seriennahes Concept Car für das kommende Flaggschiff ihrer SUV-Palette auf der Art Basel in Miami präsentieren, passt zum aktuellen Zeitgeist wie ein Pfund Quecksilber in die Biotonne: Protziger und vor allem provozierender war ein BMW schon lange nicht mehr.
Und das gilt nicht allein für die Form, selbst wenn die beleuchtete XXL-Niere im kantigen Gesicht und das eigenwillig beschnittene Heck mit der konkaven, oben in der Mitte eingezogenen Scheibe, den als Erinnerung an den M1 ins Glas geätzten Markenlogos und den vier dreieckigen Auspuff-Rohren sogar den iX als braves, unauffälliges Auto durchgehen lassen.
Sondern auch der Antrieb ist die pure Provokation. Zumindest für das eine Lager. Für das andere ist es dagegen die schiere Verheißung. Schließlich wurde die exklusive Verantwortung für den XM der M GmbH übertragen, die zum 50. Geburtstag das erste eigenständige Modell seit dem M1 bauen darf und entsprechend in die Vollen gegangen ist: 750 PS und 1.000 Nm sollten die Wuchtbrumme zu einem würdigen Gegner für die schnellsten SUV der Welt machen und Konkurrenten wie den Lamborghini Urus locker von der linken Spur schubsen. Und damit die Klimaschützer nicht ganz quer unter der Decke hängen, gauckeln die Bayern der Welt ein wenig Political Correctness vor und gönnen dem XM den ersten Plug-In-Hybrid der M GmbH – zumindest die ersten 80 Kilometer surrt das Super-Size-SUV der Kritik damit flüsterleise davon.
Auch wenn die Federführung bei der M GmbH lag und man von dem Auto atemberaubende Fahrleistungen mit einem Sprintwert weit unter fünf Sekunden und einem Spitzentempo weit über 250 km/h erwarten darf, ist der XM allerdings kein spartanischer Sportler, sondern ein Luxusliner par Excellenze – und trägt seinen Pelz selbst im Interieur weit nach außen gekehrt. Denn extrovertierter als in diesem Auto hat man das BMW-Design noch nicht erlebt. Sitze, Seitenwände, ja selbst das Dach sind schwülstig skulpturiert und obendrein kunterbunt beleuchtet, und statt der üblichen Rückbank gibt’s ein eigenwillig gepolstertes Designer-Sofa. Wenn auch nur die Hälfte davon in Serie geht, braucht der Fahrer viel Selbstbewusstsein – oder abgedunkelte Scheiben.
Zwar mag der XM schlecht für das Renommee sein und den Klimaschützern sauer aufstoßen. Doch die CO2-Strafen spielt die Wuchtbrumme XM locker wieder ein – zumal sie als Plug-In-Hybrid ja rechnerisch auch noch ein Sparer ist. Und für die Rendite kann es kaum etwas Besseres geben. Denn SUV sind nach wie vor im Höhenflug und Leistung läuft – in Kalifornien genau wie in China, Russland oder den Emiraten. Selbst wenn man den Preis des XM näher an 200.000 Euro verortet als an 100.000 Euro braucht es nicht viel Phantasie, um sich lange Lieferfristen vorzustellen – und das hat dann ganz sicher nichts mehr mit der Chipkrise zu tun.