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Cupra Formentor VZ5: Back to the roots

Lange Gerade, schnelle Kurven, harte Bremszonen – der Red Bull Ring verlangt einem Auto einiges ab, gilt als besonders Material vernichtende Strecke. Wie passt das mit einem fast 1,7 Tonnen schweren SUV zusammen?

Bilder: Christian Houdek

Normalerweise gar nicht. Aber normal ist das SUV ja nicht, das wir an diesem sonnigen Herbsttag im Oktober durch die zehn Kurven des 4,3 Kilometer langen Red Bull Rings jagen. Zumindest jetzt nicht mehr. Die anfängliche Ernsthaftigkeit, mit der man dem Thema Sport begegnet ist, hat man zwar etwas aufgeweicht: Die Motorpalette des Cupra Formentor reicht vom 1,5-Liter-Benziner über einen Plug-in bis hin zum 150 PS starken Selbstzünder. Kurzum also nichts, was ganz dringend nach Rennstrecke verlangt. Zum dritten Geburtstag von Cupra fand man dann aber wieder etwas back to the roots, sofern man bei einem dritten Geburtstag überhaupt von „roots“ reden kann. Und sofern man überhaupt von den „roots“ der Marke Cupra reden kann.

Denn was den Jubiläums-Formentor vor allem ausmacht, sind weder Plaketten noch Spezial-Lackierungen. Cupra durfte sich aus einem ganz besonderen Audi-Regal bedienen. Nämlich aus jenem, in dem der wohl großartigste Motor für den Quereinbau parat steht: der 2,5-Liter-Turbo-Fünfzylinder.

Um die Hierarchie zu wahren, ist er für den Cupra Formentor VZ5 ein wenig schwächer justiert worden, 390 statt 400 Pferdchen. Ist aber mehr Schein als Sein: Dem RS Q3 nimmt der VZ5 trotzdem drei Zehntel beim 0 auf 100 km/h-Sprint ab (4,2 vs. 4,5 Sekunden). Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h, dort wie da.

Aber lassen wir den Stammtisch Stammtisch sein und kehren zu einem weniger alkoholdurchtränkten, aber nicht minder spaßigen Ort zurück: dem Red Bull Ring. Wo wir der Frage nachgegangen sind: Rennstrecke und SUV – geht das? Auch gut?

Red Bull Ring und SUV – geht das?

Die ersten fünfzig Meter in der Boxengasse lassen daran zweifeln. Fahrwerk, Getriebe, Motor – alle Systeme sind von uns auf scharf gestellt worden. Und der Cupra Formentor VZ5? Der quittiert das mit einem „Eco-Tipp“ am 10,25 Zoll großen, volldigitalen Instrumentendisplay: „Bitte das Getriebe auf D stellen.“ Aja.

Boxenausfahrt: Alle Systeme sind auf scharf gestellt. Dass das ökologisch nicht so top ist, hätten wir auch ohne Eco-Tipp gewusst.

Die ersten fünfhundert Meter – und weitere Zweifel kommen auf. Kurve 3: Das Pace Car wirft den Anker, die Heckleuchten blinken nervös, signalisieren: Vollbremsung. In 30, 40 Meter ist es auch bei uns soweit, dann müssen wir das linke Pedal in den Erdboden rammen. Aber dazu kommt es gar nicht, weil der Notbremsassistent Gefahr wittert und ohne unser Zutun eine Vollbremsung einleitet. Tolle Sache, wenn man am zwölf Zoll großen Display herumspielt und Gefahr läuft, in ein Stau-Ende hinein zu krachen. Auf der Rennstrecke: eher nervig. Fair enough: Man hätte sie ja im vorher deaktivieren können. Muss man aber gar nicht.

Wir spulen gut 3,5 Kilometer nach vor, zur ersten vollen Runde. Sämtliche Assistenzsysteme haben begriffen, dass wir nicht im Berufsverkehr über die Südosttangente pilgern: Von alleine melden sie sich mit einem Gepiepse und optischen Hinweisen am Instrumenten-Display ab. Eco-Tipps gibt’s auch keine mehr. Dafür können jetzt Fahrwerk, Bremsen und vor allem der Motor zeigen, was sie können. Ende gut, alles gut?

Ende gut, alles großartig! Weil auch der Formentor VZ 2.0 TSI 4Drive mit 310 PS für Runden am Ring parat stand – auch kein Warmduscher – begeistert das Fahrverhalten des VZ5 noch mehr. Die Bremsen etwa – 6-Kolben-Sättel von Akebono – beißen spürbar giftiger zu, wobei es schon beim 310 PSler nichts zu beanstanden gab. Auch Standfestigkeit ist kein Thema: Erst nach vielen Runden macht sich ein minimal weicheres Pedal bemerkbar.

Die Bremsen machen einen guten Job, selbst am Red Bull Ring mit seinen heftigen Bremszonen.

Dann wäre da noch das tolle Kurvenverhalten. Wie groß der Einfluss der Tieferlegung um zehn Millimeter daran ist – keine Ahnung, ehrlich gesagt. Aber den neuen Allradantrieb, der ist einiges wert. Während der 310 PS starke Formentor mit dem bekannten Haldex-System arbeitet, hat der VZ5 den Torque Splitter spendiert bekommen, mit dem schon der VW Golf R arbeitet. Das Ergebnis: Der 2.0 hält gnadenlos die Spur, irgendwann rutscht er dann über die Vorderachse. Beim Formentor VZ5 macht sich hingegen ein gepflegtes Leistungsübersteuern bemerkbar, immer wieder nach Turn 3. Richtig driften? Einen Fahrmodus hierfür gäbe es zumindest. Wir haben es auf der Rennstrecke aber bei aktiviertem ESP belassen (müssen). Ergebnis: Bevor man noch zum Gegenlenken kommt, hat einen die Elektronik schon wieder längst eingefangen.

Hauptakteur ist aber weder Allradsystem noch Bremsen, sondern freilich: der Motor. Hardfacts? Haben wir zwar hinter uns, hier noch mal als Auffrischung: 390 PS zwischen 5.700 und 7.000 Umdrehungen, 480 Nm ab 2.250 bis 5.700 Touren. 2,5 Liter Hubraum, turboaufgeladen, Zündfolge: 1-2-4-5-3. Praxis? Schon die 310 PS schieben mächtig an. Die 390 PS des Fünfzylinders: noch mächtiger. Doch ob die sieben Zehntel weniger von 0 auf 100 km/h wirklich einen Mehrpreise von über 20.000 Euro rechtfertigen? Der charakteristische Sound, die Drehfreude, die Bremsen, der Allradantrieb und – weil so geil, noch einmal – der charakteristische Sound: tun das schon eher. Rund 75.000 Euro werden fällig, um einen der 7.000 Cupra Formentor VZ5 (für Österreich gibt’s 300 Stück) zu ergattern. Natürlich inklusive exklusiver Speziallackierung.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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