DS 4: Kompaktklasse à la Haute Cuisine

Auf dem Golfplatz ist im Herbst die Hölle los. Denn auch wenn angeblich alle Welt nach einem SUV schreit, ist in der Kompaktklasse offenbar noch viel zu holen – und niemand engagiert sich dort aktuell so sehr wie die mittlerweile bei Stellantis vereinten Schwestermarken Opel, Peugeot und DS. Die nutzen zwar alle die gleichen Zutaten; namentlich die dritte Generation der EMP2-Plattform, einen Plug-In- und später auch einen reinen Elektro-Antrieb sowie ein Heer von Assistenzsystemen –  doch kochen sie daraus alle ihr eigenes Süppchen, dem sie jeweils eine ganz besondere Note geben. Während Peugeot beim 308 auf sportliche Schärfe setzt und Opel mit einer Art Eintopf aus dem Hofgut Rüsselsheim seine deutschen Wurzeln betont, serviert DS als kleinste aber feinste Tochter der Familie Haute Cuisine mit viel Finesse und gutem Geschmack. Wie immer allerdings hat dieser Pariser Gout auch seinen Preis, der zur Markteinführung im November bei selbstbewussten 29.900 Euro beginnt und damit bald 20 Prozent über dem Astra liegt. Kein Wunder, dass die Franzosen damit sogar auf Audi A3 oder Mercedes A-Klasse schielen. 

Im Kampf gegen die Tristesse aus der norddeutschen Tiefebene haben die Designer dem Aufstiegskandidaten ein auffälliges Kleid geschneidert: Als eigenwillige Mischung aus Coupé, Schrägheck und SUV gezeichnet und in gleich drei stark differenzierten Styles aufgelegt, wirkt der DS 4 wie aus einer anderen Welt: Ein riesiger Grill und schier endlose Tagfahrleuchten fangen den Blick, die Flanken sind stark konturiert und werden bestimmt von Rädern mit bis zu 20 Zoll, die Türgriffe verschwinden im Blech, um jede Ablenkung der Augen zu vermeiden, und das Heck ist eine ebenso breite wie selbstbewusste Provokation für jeden, der hinter dem DS4 fahren muss. Und wenn es nach den Franzosen geht, werden das einige sein.

Innen dagegen herrscht ein anderer Stil: Nüchterne Noblesse und vornehme Materialien ergeben ein ausgesprochen ruhiges Bild: Nur wenige Bedienelemente stören die ledernen Landschaften rund um das digitale Cockpit, die meisten Ausströmer für die Klimaanlage sind nahezu unsichtbar und was zu sehen ist, wandert dafür sogar in die Türen. Wo man in Golf & Co auf gewöhnlichen Sesseln sitzt, hat DS kuschelige Fauteuils montiert und dazwischen wie in der Oberklasse eine durchgehende Konsole eingezogen, auf der man bequem die Arme abgelegen kann, während die in den Türen vergeblich nach Halt suchen. Auf der Mittelkonsole thront groß wie ein Smartphone ein weiterer Touchscreen, der den Platz des zu Gunsten einer serienmäßigen Automatik mit winziger Wippe auf Dauer verbannten Schaltknüppels einnimmt. Wie bei anderen Herstellern ein Touchpad bietet er direkten Zugriff auf all jene Funktionen, für die man sich nicht lange durchs Menü klicken will und ist Teil einer großen Personalisierugsoffensive. Denn so, wie man die digitalen Instrumente und die Grafiken auf dem Display daneben vielfältig arrangieren kann, so lassen sich dort auch eigene Shortcuts programmieren. 

So frisch und unkonventionell der DS 4 gestaltet ist, so vertraut ist einem die Technik. Schließlich greift DS in den gleichen Baukasten wie Peugeot, Citroen oder Opel und wird als erstes Auto aus dem alten PSA-Lager sogar auf einem Band mit dem Astra in Rüsselsheim gebaut. Allerdings wird auch dabei der gehobene Anspruch der Nobelmarke deutlich und das Leistungsniveau deshalb deutlich angehoben: Los geht es deshalb erst bei 130 PS für den einzigen Diesel und den Dreizylinder-Basis-Benziner. Darüber rangieren zwei weitere Otto-Triebwerke mit 180 oder 225 PS und als Top-Modell ein Plug-In-Hybrid, der einen 180 PS starken Benziner mit einem 110 PS starken Stromer und einem 12,4 kWh großen Akku kombiniert. Das ergibt eine Systemleistung von ebenfalls 225 PS, eine Reichweite von mehr als 50 Kilometern, eine elektrische Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h und einen Normverbrauch von 1,2 Litern. 

Und vor allem ein Fahrgefühl, das zum vornehmen Anspruch passt. Schließlich ist dann nicht nur das mit einer Kamera vorausschauend gefederte Fahrwerk besonders kommod und kompromissbereit. Sondern der Antrieb entwickelt einen soliden Punch, den er jedoch im Samthandschuh austeilt: Kräftig aber kultiviert zieht der DS 4 von dannen, überholen wird zum Kinderspiel und erst bei sehr hohem Tempo stört ein Grummeln aus den Untiefen des Blechs die vornehme Ruhe beim Reisen. Geschirrgeklapper passt einfach nicht zur Gourmet-Küche und bleibt den Geschwistern vorbehalten – oder allenfalls den Einstiegsversionen mit Dreizylinder.  Der Plug-In beginnt allerdings erst bei 37.900 Euro und lässt sich als teuerster Vertreter der Familie schon ohne Extras auf bis zu 52.400 Euro treiben.

Sterneküche für die Straße – damit alleine wollen sich die Franzosen allerdings nicht in der Kompaktklasse behaupten. Sondern so, wie die Gourmets nach Bio rufen und nach nachhaltiger Regionalküche, folgt auch DS den Regeln der Nouvelle Cuisine – und verspricht für 2023 eine voll elektrische Version des Vierer.

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