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Ford Bronco: Western für Europa

Erst haben sie sich geziert, dann wurde er zum Bestseller: Beim Mustang hat es gut 50 Jahre gedauert, bis Ford seinen heißesten Hengst auch offiziell nach Europa geholt und die Sportwagenstatistik im Sturm erobern hat. Aus dieser Erfahrung sind sie jetzt in Köln und Detroit offenbar klug geworden und haben beim Bronco nicht mehr ganz so lange gewartet. Denn gerade mal zwei Jahre nach dem Comeback der Offroad-Ikone findet der Mustang fürs Grobe auch seinen Weg jetzt bald auch über den Atlantik und rollt im nächsten Jahr zu Schätzpreisen jenseits von 50.000 Euro zu den heimischen Ford-Händlern.

„Der Bronco ist traditionell der robusteste und vielseitigste Geländewagen von Ford“, schwärmt Matthias Tonn, der in der Europa-Zentrale die Modelle aus dem Mutterland verantwortet: „Die jüngste Bronco-Generation hat die Kerneigenschaften dieser legendären Baureihe bewahrt, kombiniert sie aber mit modernsten 4×4-Technologien und einer umfangreichen Auswahl an Zubehör – das Ergebnis ist eine neue Offroad-Ikone, die in den USA bereits große Erfolge feiert. Wir sind begeistert, dass wir diesen Off-Roader bald auch unseren Kunden in Europa anbieten können.“

Während europäische Ford-Geländewagen eigentlich nur aufgebockte Pkw sind, ist der Bronco aus stabilerem Stahl geschnitzt: Er nutzt eine kernige Truck-Architektur mit Leiterrahmen und Durchtrieb zur Hinterachse, die sich nur bei Bedarf von den Vorderrädern helfen lässt. Wann die zuschalten, entscheidet eine Automatik oder der Fahrer, der dafür bloß zum Drehknopf auf der Mittelkonsole greifen muss. Dort wechselt er auch zwischen den unterschiedlichen GOAT-Modes, mit denen der Bronco vom Wildpferd zur Bergziege wird und sich perfekt auf sandige Wüstenpisten, felsige Kletterpartien, Schlammschlachten oder Schneespiele einstellt. Dazu noch die Klaviatur mit den einzelnen Sperren oben auf dem Armaturenbrett, schon kennt der wilde Gaul kein Halten mehr. 

Treibende Kraft dabei ist wahlweise der 2,3-Liter-Ecoboost-Vierzylinder, den wir aus dem Mustang kennen und der wohl auch für Europa die erste Wahl wird, oder ein V6 mit 2,7 Litern, dem ebenfalls ein Turbo Druck macht. Aber egal ob 270 oder 310 PS, der Bronco ist kein Rennwagen. Sondern selbst der V6 bevorzugt im Zusammenspiel mit der 10-Gang-Automnatik den gemütlichen Trab und lässt sich auf Asphalt nur mühsam über 160 Sachen treiben. Doch seine große Stunde schlägt ohnehin auf Sand oder Schotter, im Schlamm oder Schnee: Da wird der heiße Hengst zum genügsamen Haflinger und stapft spätestens in der Geländeuntersetzung so trotzig voran, dass das Ende der Welt nur noch eine Tankfüllung entfernt ist. So und nicht anders muss ein Abenteuer-Spielzeug für die wachsende Jack Wolfskin-Fraktion fahren. 

Der Vergleich mit dem Spielzeug-Auto passt. Denn der Bronco sieht nicht nur aus wie von Playmobil, sondern ist auch ganz ähnlich konstruiert. Nicht nur, dass man ihn natürlich auskärchern kann und dass deshalb auch drinnen fast alles aus Plastik ist. Vor allem kann man ihn genauso leicht umbauen wie einen Jeep im Sandkasten: Egal ob Hardtop oder Zeltverdeck – ein paar Handgriffe genügen, dann fliegen erst die Dachhälften und danach die Seitenwände raus. Und wer dann immer noch nicht genug Outdoorfeeling fühlt, kann mit zwei Handgriffen sogar die Türen aushängen – natürlich erst nach Lektüre des entsprechenden Warnhinweises. Wir sind schließlich in Amerika. 

Während dem Bronco im Gelände keiner etwas vormacht, wirkt der Wagen auf der Straße bisweilen ein bisschen bockig und erinnert so an das Wildpferd, das ihm seinen Namen gegeben hat: Nach 300 Meilen auf den frostbrüchigen Byways Kaliforniens jedenfalls fühlt man sich wie John Wayne nach einem Ritt über die großen Plains und vor allem mit zugeschalteter Vorderachse sperrt sich der Bronco gegen geschmeidige Kurswechsel, verlangt nach starker Führung und wird für ein Auto von gerade mal 4,40 Metern überraschend unhandlich. So gerne man im Bronco durch die Pampa pflügt, nimmt man für Passstraßen besser einen Mustang.

Doch sind all das Nebensächlichkeiten, die Ford-Fahrer gerne in Kauf nehmen. Denn diesseits des klassischen Mustang für die Petrolheads und des Mach-E für die Stromer und natürlich dem seligen GT gibt es aktuell kein anderes Auto im großen Ford-Portfolio, das auch nur annähernd so charakterstark und sympathisch ist. Kein Wunder also, dass der Bronco daheim in den USA längst zum Liebling der Abenteurer geworden ist und Lieferzeiten hat wie sonst nur ein Tesla.

Und kein Wunder, dass Ford den Wagen so schnell wie möglich über den Atlantik holen will. Dabei haben die Kölner nicht nur Chancen gegen den Jeep Wrangler, sondern könnten sich sogar an einem Wettberber versuchen, der für alle anderen Ford-Modelle sonst schier unerreichbar ist. Denn so charakterstark und abenteuerlustig, wie der Bronco ist, taugt der US-Import sogar als Alternative zur Mercedes G-Klasse. Erst recht, weil die Schwaben aktuell auf mindestens zwei Jahre Lieferfrist kommen. Und selbst wenn Ford weder den US-Preis von 30.000 Dollar halten kann, noch über einen offiziellen Euro-Preis spricht, ist so viel schon sicher: Sechsstellig wie bei Mercedes wird es auf keinen Fall.

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