Manche Dinge ändern sich nie. Und manche Dinge ändern sich radikal, man sieht es ihnen nur nicht an. Die neue Mercedes-Benz G-Klasse ist genau so ein Ding.
Text: Maximilian Barcelli
Machen wir doch eine gedankliche Zeitreise: Wie sahen Automobile vor 30, 40 Jahren aus? Und wie sehen sie gegenwärtig aus? Der Unterschied ist enorm – zumindest in der Regel. Aber weil Ausnahmen eben diese bestätigen, gibt’s auch so zeitlose Gefährte wie die Mercedes-Benz G-Klasse. Die sieht in ihren Grundzügen nämlich so aus, wie sie schon immer ausgesehen hat.
Und dabei hat sich so unglaublich viel verändert. Wir durften’s am eigenen Leib erfahren. Klar, ein G aus den 80ern – wir fuhren nämlich eben eine ehemalige G-Klasse aus dem Bestand der Feuerwehr – ist auch nicht mit den letzten Modellen vergleichbar, doch der Sprung von der vorangegangenen zur aktuellen Generation ist wahrlich groß. Der Daimler-Geländekraxler hat sich vom robusten Offroader zum luxuriösen Allrounder gewandelt, ohne dem ikonischen Design den Rücken zuzukehren. Diese Wandlung erfährt der G zwar eh schon seit einiger Zeit (man erinnere sich an die Absurditäten namens Mercedes-Maybach G 650 Landaulet), der Gipfel wurde allerdings erst jetzt mit der neusten Generation erreicht.
Denn der Luxus ist ausufernd. Die Materialien, die das Interieur zieren, von aller feinsten Güte. Es ist dank größerer Außenmaße auch luftiger im Inneren geworden. Digitale Verweigerer werden sich grämen – die Moderne hielt in der G-Klasse Einzug. Der Widescreen mit den zwei verschmolzenen 12,3-Zoll-Displays, Ambientenlicht, das für die richtige Stimmung sorgt – die G-Klasse hat sich nicht nur entstaubt, sondern an die Spitze der digitalen Automobilwelt platziert.
Und dennoch bleibt sich der Geländewagen treu: Die Türen wollen nicht zärtlich geschlossen, sondern schwungvoll, vielleicht sogar ein bisschen brutal, ins Schloss geworfen werden. Allein der Klang, der dabei entsteht, ist 150 Riesen wert. Oder so.
Die Herren aus Stuttgart wissen wohl genau, worauf die Kundschaft achtet. Der Haltegriff vorm Beifahrersitz durfte bleiben, ebenso wie die Blinker auf der Motorhaube und dieses laute Klacken, wenn sich das Fahrzeug zentralverriegelt, ist sowieso nicht in Worte zu fassen.
So sehr das Interieur modernisiert wurde, so wenig sieht man das dem Geländewagen von Benz an. Er ist eben: G. Und so fährt sich das Ding auch im unpräparierten Terrain. Schon lange nachdem uns der Mut auf der Off-Road-Strecke ausgeht, quittiert die Mercedes G-Klasse die Fahrt mit einem Achselzucken. Egal wie steil es bergauf geht, wurscht wie groß die Steine sind, die dir und deiner Kutsche in den Weg gelegt wurden – die G-Klasse boxt dich raus.
Was jedoch am meisten beeindruckt, ist der Facettenreichtum, der das Auto zu bieten hat. Im G bist du nämlich nicht nur abseits des Asphaltes bestens aufgehoben, das Ding fährt sich auch auf „normalen“ Wegen wie ein straßenversiertes Luxus-SUV. Da gleitet man mit 130 Sachen über die Autobahn, es gibt kaum Windgeräusche zu beklagen und alles rennt smooth. Auch im kurvigen Terrain bewegt sich die Mercedes G-Klasse nicht gerade unelegant. Klar, Dynamik sieht schon anders aus, eine LKW-ähnliches Feeling (und ein solches vermitteln manch Gelände-Kollegen) kommt dennoch nicht auf.
Angetrieben wird der G derzeit von zwei V8-Aggregaten, die nicht unbedingt das sind, was man unter Diät-Motor verbuchen könnte. Die 422 PS des G 500 liefern in allen Lebenslagen mehr als nur ausreichend Power und lassen das Gewicht von um den Dreh zweieinhalb Tonnen vergessen. In lediglich 6,5 Sekunden sprintet der Mercedes-Benz G 500 von 0 auf 100 km/h. Wem 422 Pferdchen noch zu wenig sind, der wird mit einem Motor aus Affalterbach glücklich. Es ist der Motor, der auch die Bestie AMG GT R antreibt. Satte 585 PS schieben den AMG G 63 unaufhörlich an, auch bei höherem Tempo packt der Geländekraxler, der in Graz gefertigt wird, brutalst an. Der V8-Sound, der aus den Sidepipes raunzt, könnte nicht schöner sein. Die magischen 100 werden in nur 4,5 Sekunden geknackt.
Einziger Nachteil an der ganzen Sache? Wie so oft: Das Geld. Denn es kostet – und zwar nicht wenig. 196.180 Euronen müssen für solch einen Mercedes-AMG G 63 mindestens aufgebracht werden. Für den G 500 sind immerhin etwa 50.000 Euro weniger fällig. Aber sei`s drum. Der wahre Kunde ist ja sowieso der Scheich aus den Arabischen Emiraten. Der österreichische Jäger hingegen wird sich schon was anderes einfallen lassen. Defender, anyone?