Mercedes spendiert der neuen C-Klasse jede Menge Vitamin E. Denn die Schwaben rüsten nicht nur sämtliche Verbrenner mit einem weiterentwickelten Starter-Generator zu Mild-Hybriden auf. Sondern nur wenige Wochen nach dem Marktstart des Mittelklässlers in diesem Sommer bringen sie auch wieder einen Plug-In-Hybriden an den Start. Und nachdem der in der ersten Generation eher lustlos nachgerüstet wirkte und ähnlich wenig Reiz wie Reichweite hatte, soll er jetzt die Brücke zum EQC schlagen: „Runde 100 Kilometer WLTP-Fahrstrecke ermöglichen für die große Mehrheit der Berufspendler einen elektrischen Alltag“, sagt Baureihenleiter Christian Früh und sieht im Verbrenner kaum mehr als eine Rückfallebene für die wenigen Fahrten im Jahr, die doch mal etwas weiter sind oder in Gegenden mit lückenhafter Ladeinfrastruktur führen.
War der Plug-In-Hybrid bei der letzten Generation noch eine eher halbherzige Nachrüstung, hat er diesmal die ganze Auslegung der Architektur dominiert, sagt Früh: „Wir wollten nicht nur einen größeren Akku, sondern wir wollten ihn auch noch so einbauen, dass er weniger nutzbaren Raum einnimmt.“ Die Stufe, die bei der Limousine bislang den Kofferraum geprägt und den Kombi ad absurdum geführt hat, wollte er auf jeden Fall vermeiden. Kein Wunder, dass die Ingenieure jetzt immer erst die Heckklappe und dann die Beifahrertür aufhalten, wenn sie die ersten Gäste mit auf die Testfahrt nehmen. Denn auch wenn der Kofferraumboden nach wie vor ein paar Zentimeter höher liegt als bei den reinen Verbrennern, ist er jetzt topfeben und das Gepäckabteil bietet entsprechend mehr Platz: Allein bei der Limousine haben die Schwaben 45 Liter gewonnen und weisen nun 360 Liter aus. Beim Kombi stehen neben den 40 zusätzlichen Litern (1.375 Liter) obendrein sechs Zentimeter mehr Ladelänge im Datenblatt. Und während die C-Klassen ohne Stecker künftig mit Stahlfedern auskommen müssen, sind bei den Plug-Ins Luftfederung und Niveauregulierung hinten in allen Varianten serienmäßig.
Pate für den Plug-In stand die neue S-Klasse, von der Früh den Akku, den E-Motor und die Ladeelektronik übernommen hat. Weil die C-Klasse allerdings etwas kleiner und damit natürlich auch leichter ist, konnte er das Paket ein wenig runter rechnen: Der Akku hat mit 96 statt 108 Zellen eine nutzbare Kapazität von 25,4 statt 28,6 kWh, der Motor kann mit 95 kW fahren und mit 100 kW rekuperieren und geladen wird mit maximal 55 kW Gleichstrom.
Und wo der PHEV bei der S-Klasse – Noblesse oblige – mit einem Sechszylinder gekoppelt ist, muss in der C-Klasse ein Vierzylinder reichen: Los geht es mit dem Benziner M254, der in der Hybridanwendung bei 2,0 Litern Hubraum auf 204 PS und 320 Nm kommt, im neuen Jahr folgt dann auch wieder ein der Diesel OM654 mit 200 PS und 400 Nm. Und weil es Mercedes ernst meint mit der Elektrifizierung, gibt es reichlich Auswahl: Beide Antriebsstränge werden sowohl in der Limousine eingebaut als auch im Kombi und beide kann man mit Heck- oder Allradantrieb bestellen.
Auch wenn alle Antriebskomponenten ein wenig zurechtgestutzt wurden, bleiben die Eckwerte auf dem Niveau der S-Klasse. Das gilt nicht nur für die rund 100 Kilometer WLTP-Reichweite und die Ladezeit von bestenfalls 30 Minuten, sondern auch für die elektrische Höchstgeschwindigkeit von autobahntauglichen 140 km/h. Und bei der Energierückgewinnung haben Früh und seine Truppe sogar bis hin zum EQS geschielt: Denn auch sie nutzen neben den beiden individuellen Stufen für eine relativ starke Verzögerung beim Lupfen des Gaspedals oder kilometerlanges Segeln am liebsten die automatische Anpassung, die sanft auf den Vordermann bremst oder die E-Maschine automatisch umpolt, wenn etwa ein Kreisverkehr, eine Ortsdurchfahrt, eine T-Kreuzung oder eine Autobahnausfahrt voraus liegen.
Das Ergebnis ist ein Fahrgefühl, das sich bis hin zur Autobahn-Richtgeschwindigkeit kaum von einem reinen Elektroauto unterscheidet, weil die E-Maschine mit ihren 440 Nm und 95 kW allemal genügend Antrittsstärke und Elastizität bereithält, um locker im Verkehr mit zu schwimmen – selbst die rund 240 Kilo Mehrgewicht schüttelt die C-Klasse locker ab. Wer mit Frühs Ingenieuren eine große Runde um Stuttgart dreht, fährt deshalb nicht mehr nur in der Stadt, sondern auch über Land und auf der Autobahn dauerhaft elektrisch. Und wenn sich beim Überholen oder auf einem freien Stück der A8 mal kurz der Benziner zuschaltet, tut er das so sanft und vor allem leise, dass man schon auf den Drehzahlmesser schauen muss, um seine Arbeit gebührend zu würdigen.
Natürlich kann der C300e nicht ganz so weit Stromern wie der EQC und ein Rest von schlechtem Gewissen bleibt, weil man entweder Vergebens noch einen Verbrenner mit sich herumschleppt, oder weil man den Vierzylinder eben doch mal durch eine beherzten Tritt aus der Reserve leckt. Doch hilft die C-Klasse den Zweiflern über diese Frage mit einem weiteren Trost hinweg: Der neuen Architektur und dem neuen Cockpit sei dank, ist sie obendrein das modernere Auto und lässt den nachträglich elektrifizierten Geländewagen fast schon wieder alt aussehen.