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Mercedes C-Klasse: Wohlfühltuning

Die S-Klasse war wichtig fürs Image und natürlich für den Gewinn. Doch wenn es um den Absatz und ums Volumen geht, führt bei Mercedes an der C-Klasse kein Weg vorbei. Denn von keinem Auto haben die Schwaben in den letzten zehn Jahren mehr Exemplare verkauft als vom Enkel des Baby-Benz. Kein Wunder also, dass sie jetzt am großen Rad drehen, wenn sie das Tuch von der neuen Generation ziehen. Deutlich sportlicher, agiler und athletischer als bisher, zugleich aber komfortabel und gediegen wie eh und je, kann sie ab März bestellt werden und kommt im Juni in den Handel – zum ersten Mal zeitgleich als Limousine und als T-Modell. Den alten Grundpreis von runden 36.000 Euro (D) kann man dabei wohl allerdings getrost vergessen und stattdessen froh sein, wenn auch das neue Modell noch unter 40.000 Euro (D) startet.

Den Kampf gegen die Langeweile und die Altersmüdigkeit ficht dabei vor allem Design-Chef Gorden Wagener, der den Frührentner zum Best-Ager macht: Digitale Scheinwerfer mit scharfem Blick, eine Motorhaube mit Powerdomes wie bei AMG, die aber bei allen Modellen serienmäßig sind, und der prominente Zentralstern im Grill statt des filigranen Sterns auf der schinden im Rückspiegel mächtig Eindruck. Und wenn die C-Klasse vorbei ist, folgen die Blicke einem athletischen, sehnigen Rücken mit besseren Proportionen und weniger Polstern. 

Auch unter dem Blech gib’s neue Technik für mehr Fahrspaß und die Limousine eifert der großen Schwester S-Klasse nach. Wie im Flaggschiff gibt’s deshalb künftig eine Hinterachslenkung. Die schlägt zwar mit ihren maximal 2,5 Grad deutlich weniger ein, hat aber eine ausgesprochen aufmunternde Wirkung, sagt Christian Früh, als er zur Ausfahrt im Prototypen bittet: Das Grinsen auf dem Gesicht des Chefingenieurs wird breiter und seine Hände greifen das Lenkrad fester, wenn der Enkel des Baby-Benz so leichtfüßig durch die Landschaft surft, als hätte es zum Frühstück einen Vitamin-Cocktail statt des koffeinfreien Kaffees gegeben. Und plötzlich können die Kurven gar nicht eng genug sein. Das Auto viel handlicher und agiler und Früh muss sehr viel weniger rotieren, um die perfekte Linie zu halten. „Der Vorteil ist hier draußen vielleicht noch größer als im Parkhaus, wo man bis zu 60 Zentimeter des Wendekreises einspart“, sagt er.

Aber man darf den Chefingenieur nicht falsch verstehen: Die neue C-Klasse mag zwar die agilste in der langen Geschichte sein, aber sie will kein BMW-Jäger werden. Denn bei aller Fokussierung auf den Fahrspaß hat Mercedes keine Kompromisse beim Komfort gemacht – auch wenn sie die optionale Luftfederung bei den meisten Modellen gestrichen haben. Mit adaptiven Stahlfedern und dem Fahrmodus im Komfortmodus bleibt die C-Klasse der Hüter der Komfortzone in der gehobenen Mittelklasse – ein gemütlicher Cruiser, der den Blutdruck im gesunden Bereich hält.

Einen weiteren Beweis für diese Strategie findet man unter der Motorhaube: Nicht nur, dass Mercedes alle Motoren diesmal inklusive der Diesel mit einem 48-Volt-Startergenerator elektrifiziert, der 15 kW und 200 Nm leistet und ein häufiges Abschalten des Verbrenners sowie sanftes Wiederanfahren auch bei höheren Geschwindigkeiten ermöglicht. Sondern die Schwaben haben alle großen Motoren ausgemustert und sich auf Vierzylinder beschränkt: Der Reigen beginnt mit einem gerade mal 1,5 Liter großen  C 180 mit 170 PS, einem C 200 (204 PS) sowie dem vorläufigen Spitzenreiter C 300 (258 PS) bei den Benzinern und dem C 220d (200 PS) sowie dem 300d (265 PS) als Ölbrenner. Während die Basismodelle nur über Hinterradantrieb verfügen, gibt’s weiter oben in der Modellhierarchie auf Wunsch natürlich auch die 4Matic für Traktion auf beiden Achsen. 

Und auch wenn sich Früh nicht zu den Planungen von AMG äußern will, ist es höchst zweifelhaft, dass in Affalterbach wieder ein Reihensechszylinder oder der famose V8 eingebaut wird. Dafür gibt es aber einige andere interessante und vielleicht zukunftssichere Neuzugange in naher Zukunft: Schon bald nach der Markteinführung wird Mercedes Plug-in-Hybride sowohl mit Diesel als auch mit Benziner, Hinterrad- und Allradantrieb und einer Batterie von mehr als 25 kWh anbieten – genug für eine bislang konkurrenzlose Reichweite von über 100 Kilometern. 

Auch der Innenraum zeugt vom neuen Spagat zwischen Sport und Komfort. Und natürlich von der fortschreitenden Digitalisierung, die sich mit dem nur leicht abgespeckten Cockpit der neuen S-Klasse sowie der nächsten Generation des Infotainmentsystems MB UX Bahn bricht. So hat Chefingenieur Früh zum einen ein bisschen mehr Platz im Innenraum geschaffen, den bei nun 4,75 statt 4,69 Metern Länge den Radstand um knapp drei Zentimeter gestreckt, die Knie-, Schulter und Kopffreiheit vor allem für die Hinterbänkler optimiert und obendrein bequemere Sitze eingebaut. Und zum anderen hat er erstmals in einem Mercedes das Cockpit geknickt und das Armaturenbrett um ein paar Grad dem Fahrer zugeneigt. BMW-Fahrer werden darüber nur milde lächeln, doch für Mercedes ist das fast eine kleine Revolution – und 40 Jahre nach dem Debüt des Baby-Benz so langsam überfällig. 

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