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Mercedes C-Klasse: Vitamin C gegen die Midlife Crisis

Autos sind auch nur Menschen, und wenn die in die Jahre kommen, wird es bisweilen schwierig. Denn so erfolgreich zum Beispiel die Mercedes C-Klasse sein mag, so brav und behäbig ist sie in ihren ersten vier Jahrzehnten mittlerweile geworden. Vom revolutionären Charme des Baby-Benz jedenfalls ist nicht mehr viel übrig. Midlife-Crisis würde man da bei Männern sagen und Mercedes therapiert das mit den gleichen Mitteln. Denn wenn im Juni die neue Generation an den Start geht, blasen die Schwaben gehörig den Staub vom Blech, tanken reichlich Vitamin C und schicken den behäbigen Bestseller zum Bodybuilding.

Mit Design-Chef Gorden Wagener als Fitness-Coach wird die Limousine vom Frührentner zum Best-Ager, dessen dynamischen Auftritt auch die Prototypen-Tarnung nicht verbergen kann: Digitale Scheinwerfer mit scharfem Blick, eine Motorhaube mit Powerdomes wie bei AMG, die aber bei allen Modellen serienmäßig sind, und der prominente Zentralstern im Grill statt des filigranen Sterns auf der Haube schinden im Rückspiegel mächtig Eindruck. Und wenn die C-Klasse vorbei ist, folgen die Blicke einem athletischen, sehnigen Rücken mit besseren Proportionen und weniger Polstern. 

Aber hey, heute geht es nicht nur ums Schauen, sondern ums Fahren. Oder zumindest um das Gefahrenwerden, um genau zu sein. Denn ein paar Wochen vor der – digitalen – Weltpremiere Ende Februar dürfen wir nur auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Schon das reicht, um zumindest einen Teil der großen Neuerungen zu erkennen, mit denen die C-Klasse im Ringen gegen Dreier BMW und Audi A4 künftig punkten will. Das gilt vor allem fürs Cockpit, das stark inspiriert ist von der neuen S-Klasse: Das Lenkrad trägt wie im Luxusliner nun Doppelspeichen, dahinter steht frei ein großes Display und daneben schwebt wie im Flaggschiff ein riesiger Bildschirm vor der Mittelkonsole, der bis in den Mitteltunnel reicht. Und die Sitzprobe als Sozius reicht auch, um den Raumgewinn durch 10 Millimeter mehr Breite und eine reichlich gewachsene Spur zu spüren. 

Und wenn wir zwischendurch mal in den Fond wechseln, dann glauben wir Chefingenieur Christian Früh auch, dass zumindest ein Teil des Längenzuwachses bei einem Gardemaß von nun 4,75 den Passagieren zugute kommt: 25 Millimeter mehr Radstand plus ein bisschen mehr Platz für Köpfe und Schultern sind zwar immer noch nicht genug für erstklassigen Komfort in der zweiten Reihe. Aber sie bringen den Mercedes wieder auf Augenhöhe mit Audi und BMW.

Während wir das neue Layout der Kabine begutachten und uns darüber wundern, dass das Armaturenbrett erstmals leicht zum Fahrer hin geneigt ist, gibt Chefingenieur Früh dem Prototyp noch ein wenig mehr die Sporen. Sein Grinsen wird breiter und seine Hände greifen das Lenkrad fester, wenn der Enkel des Baby-Benz so leichtfüßig durch die Landschaft surft, als hätte es zum Frühstück einen Vitamin-Cocktail statt des koffeinfreien Kaffees gegeben. Und plötzlich können die Kurven gar nicht eng genug sein. Kein Wunder, schließlich hat nun auch die C-Klasse erstmals eine Hinterachslenkung. Auch wenn sich die Räder nur um gut zwei statt wie bei der neuen S-Klasse um mehr als zehn Grad einschlagen lassen, wirkt das Auto viel handlicher und agiler und Früh muss sehr viel weniger rotieren, um die perfekte Linie zu halten. „Der Vorteil ist hier draußen vielleicht noch größer als im Parkhaus, wo man bis zu 60 Zentimeter des Wendekreises einspart“, sagt er.

Aber man darf den Chefingenieur nicht falsch verstehen: Die neue C-Klasse mag zwar die agilste in der langen Geschichte sein, aber sie will kein BMW-Jäger sein. Denn bei aller Fokussierung auf den Fahrspaß hat Mercedes keine Kompromisse beim Komfort gemacht – auch wenn sie die optionale Luftfederung bei den meisten Modellen gestrichen haben. Mit adaptiven Stahlfedern und dem Fahrmodus im Komfortmodus wirkt die C-Klasse immer noch wie ein gemütlicher Cruiser, der den Blutdruck ruhig hält. Da kann Früh es noch so eilig haben: In aller Ruhe kann man auf dem Beifahrersitz seine Notizen tippen.

Einen weiteren Beweis für diese Strategie findet man unter der Motorhaube: Nicht nur, dass Mercedes alle Motoren mit einem 48-Volt-Startergenerator elektrifiziert, der 15 kW und 200 Nm leistet und ein häufiges Abschalten des Verbrenners sowie sanftes Wiederanfahren auch bei höheren Geschwindigkeiten ermöglicht. Sondern die Schwaben haben alle großen Motoren ausgemustert und sich auf Vierzylinder beschränkt: Der Reigen beginnt mit einem C 180 mit 170 PS, einem C 200 (204 PS) sowie dem vorläufigen Spitzenreiter C 300 (258 PS) bei den Benzinern und dem C 220d (200 PS) sowie dem 300d (265 PS) als Ölbrenner. Während die Basismodelle nur über Hinterradantrieb verfügen, gibt’s weiter oben in der Modellhierarchie auf Wunsch natürlich auch die 4Matic für Traktion auf beiden Achsen. 

Und auch wenn sich Früh nicht zu den Planungen von AMG äußern will, ist es höchst zweifelhaft, dass in Affalterbach wieder ein Reihensechszylinder oder der famose V8 eingebaut wird. Dafür gibt es aber einige andere interessante und vielleicht zukunftssichere Neuzugänge in naher Zukunft: Schon bald nach der Markteinführung wird Mercedes Plug-in-Hybride sowohl mit Diesel als auch mit Benziner, Hinterrad- und Allradantrieb und einer Batterie von mehr als 25 kWh anbieten – genug für eine bislang konkurrenzlose Reichweite von über 100 Kilometern. 

Wie üblich belässt es Mercedes bei der C-Klasse nicht mit einer Variante, sondern bringt die Baureihe auch wieder als Kombi – und zwar diesmal gleich von Anfang an. Coupé und Cabrio fallen zwar erst einmal dem Sparzwang zum Opfer, selbst wenn die natürlich gut zur Frischzellenkur im zweiten Frühling gepasst hätten. Doch dafür entdeckt der Best-Ager einen anderen Trend und folgt den vielen SUV ins Outdoor-Abenteuer: Denn zum ersten Mal wird es bald auch die C-Klasse als aufgebockten All-Terrain geben.

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