Opel Astra: Blitzschlag auf dem Golf-Platz

Intern ist er für Opel das wahrscheinlich wichtigste Auto. Schließlich kommt der Astra zusammen mit dem seligen Kadett auf elf Generationen und steht in der Verkaufsstatistik ganz oben. Doch in der Außenwirkung sind die Blitze aus Rüsselsheim längst verblasst. Ändert sich das mit der neuen Generation?

Während der VW Golf nach wie vor die wichtigste Größe in der Kompaktklasse ist, gebührt den koreanischen Aufsteigern Hyundai i30 und Kia Ceed am meisten Respekt und wenn es ums Design geht, findet man Flair und Finesse derzeit vor allem bei den Franzosen. Opel will sich dieses Rennen nicht mehr Länger von hinten anschauen und meldet sich deshalb jetzt mit einem gewaltigen Blitzschlag auf dem Golf-Platz zurück. Denn wenn Ende August der neue Astra seine offizielle Premiere feiert und er Anfang 2022 an den Start geht, will er die anderen Kompakten mit Charme und Charakter ausstechen – und so nicht nur innerhalb der großen Stellantis-Familie verlorenen Boden gut machen.

Als Kind des neuen Konzerns basiert der Astra – ähnlich wie der neue Peugeot 308 und der DS4 – auf der dritten Generation der Konzernplattform EMP2, die für Stellantis so wichtig ist wie der MQB für die VW-Gruppe. Etwa zur Hälfte mit neuen Komponenten bestückt, soll diese Evolutionsstufe vor allem mehr Platz auf gleicher Fläche und die neuesten Assistenzsysteme bieten. Nicht umsonst gibt es jetzt sechs Kameras und alle Sensoren an Bord, die es zum teilautonomen Fahren auf der Autobahn braucht. Und nicht ohne Grund blickt man bei der ersten Testfahrt im Prototypen in ein vollwertiges Head-Up-Display ohne die peinliche Plastikscheibe auf dem Armaturenbrett.

Weil Opel diesmal von Anfang an Teil der Familie war, sei auch die DNA der Marke und deren spezifischen Anforderungen fest in der Konstruktion verankert, verspricht Projektleiter Rainer Bachem und die erste Ausfahrt gibt ihm recht: Der Astra hat eine verbindliche Abstimmung, die Vertrauen schafft und Vergnügen macht. Egal ob flott auf einer kurvigen Landstraße oder schnell auf der Autobahn – der Kompakte lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und wirkt dabei spürbar engagierter als die Geschwister.

Zum typischen Opel-Gefühl gibt es natürlich auch ein typisches Opel-Gesicht mit dem schwarzen Visor und den zackigen LED-Haken um die Matrix-Scheinwerfer mit jeweils 84 Pixeln, wie man es vom Mokka kennt. Dazu bekommt der Astra eine kantige Kontur, eine markante Silhouette mit Haifisch-Finne als DC-Säule, ein glattes, dafür aber extrem breites Heck und auf Wunsch ein in Kontrastfarben lackiertes Dach.

Auch innen duftet es frisch nach Mokka. Denn hinter dem Lenkrad prangt das so genannte Pure Panel aus dem SUV, das im Astra zu einem schwarzen Triptychon wird: Links eine glatte klavierlack-schwarze Konsole aus poliertem Glas, die nur vom Luftauslass durchbrochen ist, in der Mitte die digitalen Instrumente und rechts davon der große Touchscreen, unter dem ein paar wenige Tasten die einfache Bedienung wichtiger Funktionen auch für Kunden sicherstellen, die nicht mit dem Smartphone groß geworden sind.

Anders als im Mokka gibt’s das alles sogar ohne störende Hutze darüber, was dem Ganzen eine wohlige Leichtigkeit gibt. Erst auf den zweiten Blick erkennt man auch ein paar wenige Gleichteile aus anderen Modellen der großen Markenfamilie: Die Schaltwippe für die Achtstufen-Automatik zum Beispiel oder die Lenkstockhebel – aber die sind gegenüber den Opel-Originalen ein echter Gewinn.

So gerne die Opel-Mannschaft über Look und Feel ihres wichtigsten Modells spricht, streut sie zwischendurch auch mal ein paar Fakten ein. So verrät Bachem schon jetzt, dass der Astra bei unveränderter Länge von 4,37 Metern in der Breite fünf Zentimeter und im Radstand immerhin einen Zentimeter gewachsen ist, was vor allem die Hinterbänkler spüren. Außerdem ist er zwei Zentimeter flacher geworden. Das ist nicht nur gut für die Proportionen und den Luftwiderstand, sondern senkt obendrein den Schwerpunkt. Dazu noch die tiefere Sitzposition und die breitere Spur – schon hat der Fahrer wieder etwas mehr zu lachen. Nahezu unverändert ist mit 422 Litern das Volumen des Kofferraums. Aber immerhin gibt es jetzt einen ebenen Ladeboden, und im Innenraum haben sie endlich genügend Ablagen für all jenen Kleinkram geschaffen, für den im Vorgänger zu wenig Platz war.

Beim Antrieb halten sich die Hessen an eine bewährte, wenn auch bescheidene Auswahl: Denn es gibt den Astra zum Start lediglich mit einem 1,2 Liter großen Dreizylinder-Turbo, der 110 oder 130 PS leistet. Einziger Diesel ist ein 1,5-Liter mit 130 PS. Vorbei die Zeiten, in denen Opel deutlich unter 100 PS ein- und weit jenseits von 200 PS wieder ausgestiegen ist.

Während die reinen Verbrenner wenig spannend sind und Opel sich sogar die mitterweile längst als Standard etablierte 48 Volt-Technik spart, wird der Plug-in-Hybrid zum Highlight des neuen Astra. Nicht nur, weil so auch der Astra erstmals an die Steckdose rollt. Sondern auch, weil Opel den Teilzeitstromer mit 180 oder gar mit 225 PS anbietet und so ein wenig GSi-Gefühl aufkommen lässt. Dafür kombinieren sie einen 1,6-Benziner mit einem 110 PS starken E-Motor an der Vorderachse und einem 12,4 kWh großen Akku unter der Rückbank, der für rund 50 Kilometer reichen sollte.

Zwar schafft es der Astra so auf Augenhöhe mit dem Golf GTE und absolviert die ersten Meter auf der Electric Avenue, doch eine rein elektrische Version wird es fürs Erste nicht geben. Muss es auch nicht, zumindest nicht für die internen Vorgaben. Zwar hat auch Opel den Verbrenner angezählt und gerade den Ausstieg vermeldet, doch soll der Blitz erst ab 2028 allein mit Strom zum Strahlen gebracht werden. Wie gut, dass dann gerade der nächste Astra fertig werden dürfte.

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