Dass Opel nicht nur rosige Zeiten hinter sich hat, ist kein Geheimnis. Doch mit Mokka und Co. konnte die Marke schön langsam wieder aufblühen. Der neue Opel Astra soll den Deckel draufmachen und wieder den ganz großen Erfolg sichern. Wird dank der Stellantis-Plattform alles gleich schön(er)?
Fotos: Christian Houdek
Böse Zungen lassen die Klammer weg und mokieren sich darüber, dass der neue Astra zwar besonders fesch sein mag, aber mit dem Wechsel auf die EMP2-Plattform offensichtlich an Eigenständigkeit eingebüßt hat. Innen wie außen sieht er top aus, keine Frage. Genauso wie der neue Peugeot 308. Oder der Citroen C4. Und auch wenn das Trio natürlich sehr wohl unterschiedlich designt ist, erkennt man irgendwie doch eine gemeinsame Handschrift. Und gemeinschaftlich geteilte Teile, vor allem im Interieur. Und unter der Haube natürlich, wo es hüben wie drüben Benziner mit 1,2 Litern Hubraum, Diesel mit 1,5 Litern Hubraum, Plug-in-Hybride und (bei Astra und 308 ab 2023) reine Elektroantriebe gibt. Aber gut, all das sagt noch nichts darüber aus, ob der neue Opel Astra ein gutes Auto ist oder nicht.
Und, soviel sei gespoilert, das ist er. Das gilt sowohl für den 130 PS-Otto mit Handschaltung als auch für den 180 PS-Plug-in, der noch ein paar Monate lang die Topversion bleibt, bevor diese Ehre die 225 PS-Version übernimmt. Diese beiden Modelle konnten wir antesten und haben dabei ein unaufgeregtes Auto kennengelernt, das das Augenmerk sichtlich lieber auf Komfort und das gewisse Extra legt als auf Dynamik. Deshalb kann man sich den Astra, einen klassischen Kompaktwagen, auch mit allerlei Feinheiten wie Massagesitzen bestellen. Und er kommt mit zwei Screens im Cockpit daher, fast schon in Mercedes-Optik, wenn auch nicht ganz so großformatig. In bester Opel-Tradition wird auch auf einen scharfen Blick Wert gelegt. Das gilt nicht nur für das knackige G’schau, sondern auch für die serienmäßigen LED-Scheinwerfer.
Das Cockpit gefällt mit sehr wenig Hartplastik in den sichtbaren Regionen, netten Details und sogar einigen Tasten für die alltäglichsten Funktionen. Aber dass man bei Stellantis weiß, wie ein Interieur zu designen ist, ist inzwischen auch offensichtlich. Cool ist die untere Speiche des Lenkrads, die fast schon wie eine geschliffene Klinge aussieht. Mal was Neues, we like. Die Preise spielen mit einem Einstieg bei 22.499 Euro für den 110 PS-Benziner und einem beinahe-Zenit von 44.209 Euro für den 180 Pferde-Plug-in-Hybrid mit der Ultimate-Ausstattung dennoch nicht verrückt, wenn auch ein echtes Schnäppchen doch wieder anders ausschaut.
Der Opel Astra schaut gut aus, bringt ordentlich Extras mit – aber auch im Jahr 2022 haben die Autos noch vier Räder und wir wollen immer noch wissen, wie souverän sie sich auf ihnen fortbewegen. Souverän trifft es beim Astra auch ganz gut, solange man keine spontanen Vollgassperenzchen von ihm verlangt. Nicht, dass er nicht genug Leistung hätte. In dem Punkt haben beide getesteten Versionen auf dem Papier kein Problem. Aber weder der 1,2 Liter-130 PS-Benziner noch der 180 PS-Plug-in-Hybrid mit seinem 1,6 Liter-Verbrenner und dem Elektromotor strahlen großartige Dynamik aus. Viel zu lang dauert es, bis sie nach einem Kickdown losspurten. Und auch der Durchzug lässt dann irgendwie ein bisschen zu wünschen übrig. Aber gut, dem Vollgas im Alltag hat man bei Stellantis sowieso abgeschworen, dessen muss sich jeder Kunde bewusst sein. Man denke etwa an den neuen Alfa Romeo Tonale, dessen Motorisierungen alles andere als Alfa-like sind. Dennoch, der Opel Astra ist geschmeidig unterwegs und bietet ein smoothes Fahrerlebnis. Perfekt für den Alltag, nicht mehr, nicht weniger.
Wessen Gedanken beim sehr zackigen Anblick des neuen Opel Astra unweigerlich in Richtung GSi driften, der stellt die falschen Erwartungen an dieses Auto. Wer sich aber einen Kompaktwagen wünscht, der mit Design, Extras und Geschmeidigkeit besticht, wird hier fündig. Und auch wenn viele Stellantis-Modelle gleich schön sein mögen, im Vergleich zum alten Astra ist der neue doch gleich schöner.