Opel Frontera: Vergangenheit mit Zukunft
Es gibt kaum eine Marke, bei der die Selbsteinschätzung und die Außenwirkung derzeit so weit auseinander liegen wie bei Opel. Denn während sich die Hessen im Höhenflug wähnen und noch immer daran laben, die Leinen der vermeintlichen Rabenmutter General Motors abgeschüttelt zu haben, wirkten sie für alle anderen wie ein Kind unter vielen, das seinen Platz in der Stellantis-Familie erst noch suchen muss. Und wenn man anschaut, welchen Marken der gestrenge Konzernchef Carlos Tavares seine Aufmerksamkeit schenkt und wo zum Beispiel die neuen Elektroplattformen ihren ersten Einsatz haben, dann beschleicht einen nicht gerade der Eindruck, dass Opel am Familientisch ganz oben sitzt.
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Offenbar tröpfelt diese Erkenntnis zumindest so langsam auch bei den Managern in Rüsselsheim ins Unterbewusstsein und sie flüchten sie auf dem Weg in eine bessere Zukunft in ihre glorreiche Vergangenheit. Deshalb haben sie nicht nur eine Wiederbelebung des Manta in Aussicht gestellt, der dabei freilich vom lässigen Coupé zum unvermeidlichen SUV wird. Sondern sie graben jetzt noch einen zweiten großen Namen aus der Mottenkiste: Wenn sie noch vor den Sommerferien den Nachfolger des Crossland enthüllen und zum Jahresende mit dem Verkauf beginnen, wird der Gegner von VW T-Roc und Ford Puma zum Frontera und erinnert damit an einen Trendsetter aus den frühen 1990ern. Denn während VW oder Ford damals bei uns vom Geländewagen noch nichts wissen wollten, hat Opel damals – der Mutter aus Detroit sei Dank – schon ein SUV gebaut, als dieser Name noch gar nicht gängig war. Cool, lässig und fit für die Freizeit wie für die Familie.
Daran wollen sie jetzt mit dem Frontera als Nachfolger des Crossland anknüpfen, selbst wenn die beiden Autos außer dem Namen nicht gemein haben – weder konstruktiv, noch bei der Positionierung. Denn dem neuen Namen zum Trotz wird der Crossland-Nachfolger dem Vernehmen nach wieder ein kreuzbraves Auto, das eher für Pampers gemacht ist als für die Pampa.
Immerhin geht Opel bei der Technik mit der Zeit – selbst wenn es auch da nicht für die alte Avantgarde reicht. Denn ja, sie bieten den Frontera auch als Akku-Auto an und rühmen sich, dass es bald in jeder Baureihe eine Elektroversion geben wird. Aber es wird – zumindest fürs Erste – auch weiterhin noch Verbrenner geben.
Zwar macht Opel schon jetzt ein großes Getöse um die nächste Neuheit und wetzt die Messer, damit sie besonders viele Scheiben von der PR-Salami säbeln können. Doch haben sie für dieses Jahr noch ein zweite Neuheit in Petto. Denn auch der Grandland bekommt noch einen Nachfolger – und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn sich nicht auch für den im Archiv noch ein neuer, alter Name finden ließe. Denn statt in eine ungewisse Zukunft zu schauen, blickt Opel dann vielleicht doch lieber zurück.