Die Deutschen die solide Technik, die Koreaner die günstigen Preise, die Japaner die zukunftsträchtigen Antriebe und die Franzosen den Charme – bislang waren die Rollen unter den Kleinwagen klar verteilt. Doch wenn Peugeot im November zu Preisen ab 15.490 Euro (Deutschland) die neue Generation des 208 an den Start bringt, gerät das Gefüge durcheinander.
Von Thomas Geiger
Keine Sorge, charmant ist das Löwenbaby noch immer und mit seinem expressiven Auftritt ist es aktuell vielleicht sogar das das attraktivste Angebot im Segment. Denn von den messerscharfen Zacken des LED-Tagfahrlichts über die knuffige Motorhaube und die muskulösen Flanken bis hin zum durchgehenden Band der Heckleuchten im Porsche-Stil ist der 208 ein echter Blickfang. Doch zum ersten Mal will ringt Peugeot auch in anderen Disziplinen um die Führungsposition.
Technisch kommt der Kleinwagen dank zahlreicher Assistenten und seiner ebenso verspielten wie spektakulären 3D-Projektion im so genannten i-Cockpit groß heraus. So gibt es unter anderem eine automatische Abstandsregelung mit Stopp-and-Go-Funktion, eine aktive Spurführung, einen vollautomatischen Einpark-Assistenten sowie eine Kamera, die Fußgänger erkennt und Notbremsungen einleitet, Verkehrsschilder liest und das Fernlicht regelt. Und natürlich ist auch eine Müdigkeitserkennung an Bord. Und bei den Antrieben sind die Franzosen breiter aufgestellt als die allermeisten anderen in dieser Klasse: Schließlich bieten sie nicht nur Benziner oder Diesel an, sondern gehen mit der Zeit und bringen den 208 vom Start weg auch als Akku-Auto.
Der Stromer für die Stadt surrt mit 100 kW und schöpft seine Energie für bis zu 340 Norm-Kilometer aus einem 50 kW-Akku. Der ist nicht nur flüssigkeitsgekühlt und soll deshalb ebenso leistungsfähig wie haltbar sein. Sondern er wird obendrein serienmäßig mit einem Dreiphasen-Lader kombiniert, um die Standzeiten an der Steckdose gering zu halten. Statt über 24 Stunden an der Haushaltsbuchse braucht der Hub auf 80 Prozent damit an einer öffentlichen Säule im besten Fall nur noch eine halbe Stunde.
Weil aber niemand zuverlässig sagen kann, wohin die Reise bei den Antrieben geht, fährt Peugeot unter der Haube dreigleisig und verspricht der Kundschaft „The Power of Choice“: Es gibt deshalb auch noch einen 1,5 Liter Diesel mit 102 PS und einem Normverbrauch von 3,2 Litern und drei Versionen eines 1,2 Liter großen Dreizylinder-Benziners mit 75, 100 oder 130 PS. Die verbrauchen zwischen 4,1 und 4,4 Litern und machen Geschwindigkeiten von maximal 208 km/h möglich.
So viel Eindruck der Peugeot mit seinem Design, seiner Ausstattung und seinem Ambiente schindet, so gewöhnlich ist die traditionelle Hardware. Klar hat die E-Maschine einen kräftigen Antritt und verspricht flüsterleises Fahren, das eher an Fliegen auf Höhe null erinnert. An den Verbrennern gibt es nicht wirklich etwas auszusetzen. Denn selbst wenn Peugeot mit seinen maximal 130 PS zum Teil deutlich hinter der Konkurrenz zurückbleibt und das schmale Leistungsband nicht unbedingt zu dem in manchen Modellvarianten ziemlich sportlich heraus geputzten Design passen will, fährt der 208 flott. Der Diesel klingt kultiviert, dem Benziner haben sie das Dreizylinder-Schnattern abgewöhnt und selbst mit dem vermutlich meistverkauften 100 PS-Modell fühlt man sich nicht untermotorisiert, sondern schwimmt bei einem Sprintwert von 9,9 Sekunden und einem Spitzentempo von 188 km/h flüssig im Verkehr mit. Dass die neue Plattform nicht nur 30 Kilo leichter ist als bisher, sondern auch steifer, tut ihr übriges. So wirkt der ganze Wagen etwas solider und erwachsener.
Doch egal mit welchem Motor man unterwegs ist und auf was für einer Strecke – der 208 fährt viel nüchterner und neutraler, als er auftritt. Die Lenkung nicht sonderlich scharf und das Fahrwerk eher auf Kompromisse ausgelegt als auf maximale Kontrolle. Deshalb wirkt der Franzose lange nicht so keck, kess und knackig wie es sein Auftritt suggeriert. Und dafür, dass die Karosserie bei identischem Radstand von 3,96 af 4,06 Meter Meter gestreckt wurde, geht es im Fond vergleichsweise eng zu und der Kofferraum ist mit seinen nun 265 Litern nun sogar 20 Liter kleiner geworden.
Zwar zählt der 208 ganz sicher zu den attraktivsten Kleinwagen der Saison, doch ist er zugleich auch ziemlich avantgardistisch geraten und könnte so manch einen konservativen Kunden verschrecken. Dieses Risiko geht die Konzernmutter PSA aber gerne ein, erst recht, seitdem die Franzosen Opel übernommen haben. Schließlich gibt es die gleiche Technik dort zum Jahreswechsel auch im neuen Opel Corsa – nur etwas weniger polarisierend verpackt.