Keine einzige Schraube hat Renault aus dem alten Clio übernommen, verkündeten die Franzosen stolz. Dennoch überzeugt die fünfte Generation mit E- statt Revolution. Ob wirklich alles besser geworden ist?
Text: Jakob Stantejsky
Gut und schlecht sind ja bekanntlich immer höchst subjektive Begriffe, doch wenn man von Dingen wie Design einmal absieht, lässt sich das Meiste an einem Automobil doch recht objektiv beurteilen. Selbst wenn die Änderungen zwischen zwei Modellen eher behutsam als hektisch vorgenommen wurden. Besonders beim Clio ist diese Herangehensweise auch verständlich, schließlich war er ja schon bisher ein Verkaufsschlager. Deshalb erkennt man den Neuen auch sofort wieder. Und jetzt reden wir doch über das Design – wie inkonsequent.
Da hat Renault den fröhlich-schnittigen Clio nämlich etwas abgebrühter und cooler gezeichnet, ohne für einen Kleinwagen ins lächerlich Martialische abzudriften. Dynamik und Spaß versprechen das schnittige Gesicht sowie das wohlgeformte Heck und der Clio gibt sein Bestes, dieses Versprechen zu halten. Denn im Unterschied zu so manch anderer französischer Marke hält Renault auch heutzutage große Stücke auf Sportlichkeit, man denke nur an die Alpine oder den genialen Mégane R.S.. Deshalb eiert der Clio auch nicht lustbefreit durch die Großstadt, sondern steckt seine Nase auch gern einmal mit etwas mehr Tempo als gebührlich in die Kurve.
Da spielt dann aber nicht nur die Abstimmung, sondern auch der Motor eine große Rolle. Davon gibt es hierzulande drei verschiedene in insgesamt fünf Varianten. Den Einliter-Dreizylinder-Otto gibt es mit 72 und 100 Pferden, einen 1,3 Liter-Viertöpfer-Benziner mit 130 und einen 1,5 Liter-Selbstzünder mit 85 oder 115 Rossen. Getestet haben wir den Benziner mit runden 100 PS, bei dem es sich übrigens auch um einen Sauger handelt. Zur Gangsortierung gibt es ein manuelles Fünfganggetriebe, das in Kombination mit dem durchaus lustigen Motor für knackigen Vortrieb sorgt. Nur eines vermisst man schmerzlich: Den sechsten Gang. Auf der Autobahn wäre der zweifellos eine Wohltat, rein kraft- und beschleunigungstechnisch hat der Antrieb aber auch so leichtes Spiel mit dem 1,1 Tonnen-Fliegengewicht.
Das Cockpit ist Renault nun auch endlich voll und ganz gelungen. Haben sich an der letzten Generation noch die redaktionellen Geister geschieden, sind sich jetzt alle einig, dass das jugendliche, größtenteils digitale Layout super zum frechen Clio passt. Fesch herausgeputzt und schön wertig präsentiert sich vom Sitz bis hin zum Lenkrad alles. Das ist vor allem ob der Tatsache positiv herauszustreichen, dass wir mit der Intens-Ausstattungslinie (beginnt bei 18.490 Euro) unterwegs waren, über und unter der noch jeweils zwei Stufen verfügbar sind. Schon in der goldenen Mitte lässt sich der neue Renault Clio also optisch wie haptisch sehr ansprechend an. In der Topausstattung Initiale Paris wächst der Touchscreen zwar auf Wunsch noch ein wenig, doch zeitgemäße Bedienung und Vernetzung sind auch so absolut drin.
Insgesamt lässt sich das Wesen des Clio als durchwegs fröhlich beschreiben. Innen wie außen ist er cool hergerichtet und auch die Bedienung ist modern und geht superleicht von der Hand. Das Kleinwagensegment übersteigende Wunderwerke darf man sich nicht erwarten, aber enttäuscht wird man auch in keiner Hinsicht. Auch fahrerisch ist der kleine Franzose forsch unterwegs, mit dem 130 PS-Benziner unter der Haube dürfte er gar ein rechtes Knallbonbon sein. Raserei liegt ihm jedenfalls nicht, aber man kann ihn schon inspiriert durch die Gegend scheuchen.
Insgesamt erscheint der Renault Clio jetzt viel hochwertiger, als er rein preislich eigentlich ist. Da stört dann ein Fauxpas wie der fehlende sechste Gang (den es bei den Dieseln übrigens gibt) leider umso mehr. Bei der 130 PS-Topversion ist das dank 7-Gang-DSG zwar kein Problem mehr, aber unser Testwagen hätte dadurch schon ordentlich dazugewonnen, sobald das Ortsschild im Rückspiegel entschwindet. Nichtsdestotrotz ist Renault mit dem neuen Clio die Fortsetzung des Bestsellers würdig gelungen. Und ja, wir finden tatsächlich, dass jetzt alles besser ist. Bleibt zu hoffen, dass die Franzosen in rund sieben Jahren nicht vergessen hat, dass es immer noch ein Stückchen besser geht.