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Renault Mégane R.S.: Rotzfrecher Racer

Rotzfrecher Racer

Der Renault Mégane R.S. im Test

Schon beim ersten Antesten auf der Rennstrecke in Jerez hat uns der Renault Mégane R.S. zu Beginn dieses Jahres in helle Begeisterung versetzt. Doch wie schlägt sich der knallgelbe Kompaktbolide im Wiener Alltag?

Text: Jakob Stantejsky
Seinen Charme lässt der flinke Franzose in der Stadt genauso wirkungsvoll spielen wie immer – eigentlich macht er sogar noch mehr Freude hier, mitten unter lauter weißsilberschwarzen Durchschnittsfahrzeugen. Denn die Farbe ist ein wahrgewordener Sommertraum und designtechnisch ist der Mégane sowieso ein ganz großer Wurf. Man sieht ihm seine Muskeln zwar durchaus an, vor allem das knackige Hinterteil spricht eine sportliche Sprache, doch wirkt er nie übertrieben oder peinlich. Der fette Heckdiffusor und die monumentale mittige Auspuffblende schinden Eindruck, ohne das lässige Gesamtbild zu stören. Der Mégane R.S. ist ein Profisportler beim Fortgehen – ordentlich gestylt und mit einem Sakko über dem hautengen Leiberl, unter dem die Muskeln spielen.

Diesen Spagat zwischen fetzen und flowen hat Renault nicht nur in Punkto Optik, sondern auch bei den Fahreigenschaften hingekriegt. Denn im Normalomodus schaltet die Automatik schön früh (außer man latscht voll aufs Gas), der 280 Pferde starke Motor übt sich akustisch in vornehmer Zurückhaltung und das Auto wirkt insgesamt sehr tiefenentspannt. Aktiviert man jedoch den Sportmodus, hängt der Mégane R.S. gierig am Gas wie Mufasa am Rande des Abgrundes, bevor Scar ihn in die Tiefe wirft. Und fällt er erstmal, gibt es kein Halten mehr. Jede Pedalberührung wird mit giftigem Knurren quittiert und im Ernstfall schnellt der Kompaktsportler vor wie eine Kobra. In den – dank Allradlenkung potentiell unfassbar engen – Kurven krallt sich der Franzose am Asphalt fest als wäre es das letzte Baguette seines Lebens und die Soundkulisse treibt einem Tränen der Seligkeit in die Augen. Raufschalten, Angasen, Bremsen, Runterschalten – es handelt sich um die beste französische Oper seit Bizets „Carmen„. Okay, ja, aus Frankreich kommen auch noch diverse andere Sportwagen, die natürlich noch mehr hermachen, schon klar. Aber ein Bisschen euphoriebedingte Hyperbel darf doch sein, oder?
Die Automatik macht übrigens auch im Fetzereibetrieb ihre Sache sehr ordentlich, aber ehrlich gesagt legt man im Endeffekt doch lieber Hand an die Schaltpaddles. Selbst das Ballett des Drehzahlmessers zu inszenieren, macht nämlich viel mehr Freude, als es nur stumm zu bestaunen. Sonnenschein und Vergnügtheit machen sich im Renault Mégane R.S. aber nicht nur breit, solange freie Fahrt das Motto ist, sondern erhellen auch im Alltagsverkehr das Gemüt. Denn wenn der Mégane nicht getreten werden soll (bzw. kann), schneidet er recht seidig durch den Verkehr und gibt einem das gute Gefühl, jederzeit das souveräne Gehabe ruhen lassen und nach Lust und Laune davonschießen zu können. Egal ob nötigerweise oder aus Spaß an der Freude.

Die Platzverhältnisse sind kompaktwagentypisch keine Hexerei, aber eben auch locker ausreichend für vier oder im Notfall fünf Personen. In den coolen Sitzen wohnt es sich äußerst gemütlich und edel und insgesamt präsentiert sich das Interieur wertig, eine Luxuskarosse ist der Mégane R.S. jetzt aber auch wieder nicht – soll er ja gar nicht sein. Eine etwas nervige Eigenschaft macht sich bei der Wiedergabe von Musik via Bluetooth bemerkbar. Da hat sich in Frankreich jemand gedacht, er macht die Übergänge zwischen Titeln weicher, indem automatisch ein ganz kurzes Fadein und Fadeout bei jedem Songwechsel oder Liedanfang und -ende eingespielt wird. Klingt in der Theorie ja ganz nett, wenn die Tracks nicht so brutal abgehackt werden. In der Praxis verpasst man jedoch den ersten und letzten halben Takt jedes Liedes. Drama ist das keines, aber bei manchen Songs einfach ziemlich suboptimal. Klingt nämlich blöd, wenn der Sänger scheinbar erst mitten im Satz einsteigt. Der Hebel, an dem man rechts hinter dem Lenkrad Dinge wie Lautstärke, Soundquelle und Überspringen einzelner Titel steuert, ist eher mittelergonomisch zu erreichen und hat simplen Lenkradtasten nichts voraus. Aber so baut Renault zurzeit eben sein Cockpit, da kann man nichts machen.
Doch auch kleine Nickligkeiten im Infotainment können nicht davon ablenken, dass der Renault Mégane R.S. eine famose Maschine ist. Mit diesem Auto hat man permanent Spaß – egal ob man über die leere Landstraße fegt, flink durch die Stadt wuselt oder auch nur gerade darauf zu marschiert. Der Mégane R.S. strahlt diese gewisse Lausbübigkeit aus, die man auf unseren Straßen oft vermisst. Er hat es faustdick hinter den Ohren und echt was drauf, aber bleibt dennoch sympathisch und hebt nie ab. Er ist so der Typ, der sich mit einem hochgezüchteten Porsche 911 anlegen würde und am Ende trotz hoffnungsloser leistungstechnischer Unterlegenheit als Sieger der Herzen von der Strecke rollen würde. Der Renault Mégane ist zwar rotzfrech, aber ein mit allen Wassern gewaschener Racer.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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