Tiefgreifende Modelloffensive bei Renault. Zoe, Clio und Captur wurden umfassend modernisiert. Dagegen fallen die Neuerungen beim Facelift-Kadjar eher rar aus.
Text: Maximilian Barcelli
Merkbar ist das besonders im Innenraum. Bieten die drei eben genannten Franzosen große Touchdisplays, moderne, digitale Armaturen und wenig Knöpfe, so wirkt der Bildschirm an der Mittelkonsole im Kadjar fast unterdimensioniert und die Instrumente, übrigens auch digital, in ihren Anzeigemöglichkeiten stark begrenzt.
Dabei kann der Kadjar multimedial eigentlich alles, was man heute können muss. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Das Infotainmentsystem reagiert flott auf Befehle und ist logisch aufgebaut, Verirrungsgefahr in dieser digitalen Welt besteht keine. Die Armaturen lassen sich zwischen ein paar verschiedenen Anzeigeformaten wechseln – Stunden, um sein persönliches Design zusammenzuschustern, wie das etwa bei der A-Klasse der Fall sein könnte, vergehen nicht.
Was halt keinen schlanken Fuß macht, ist der unverkleidete Wählhebel fürs Automatikgetriebe. Das war nur bei Sportwagen aus vergangenen Jahrzehnten cool und auch da nur, wenn es sich um einen Handschalter gehandelt hat. Im Auto will man sich ja wohlfühlen – ansonsten wäre die „Black Edition“ des Kadjar mit ihren feinen Alcantara-Sitzbezügen und dem geilen Bose Soundsystem ja komplett überflüssig. Daher dürfen so grundlegende Elemente wie der Wählhebel gerne ein bisserl was gleichschauen. Ansonsten: Angemessene Verarbeitung und Materialien, Extralob gibt’s für die feinen Drehregler, mit denen die Klimaanlage bedient wird.
Und – Themenwechsel – für den spritzigen Vierzylinder-Ottomotor. Der schickt satte 160 PS an die manchmal überforderte Vorderachse. In 9,6 Sekunden geht’s von 0 auf 100 km/h, aus die Maus und Ende im Gelände ist bei 210 km/h. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe sortiert die Gänge an und für sich smooth, nur beim Anfahren agiert es unsanft. Die Lenkung ist leichtgängig und unpräzise, was aber zum gemütlichen Charakter des Renault Kadjar passt.
Eine große Stärke und wohl auch der Grund, warum das französische Kompakt-SUV in nur wenigen Jahren rund eine halbe Million Mal verkauft wurde, sind die Abmessungen. Mit einer Länge von 4,489 Metern ist der Kadjar breitentauglich dimensioniert, verhindert einerseits bei der Parkplatzsuche in der Innenstadt Schweißausbrüche und lässt sich handlich durch kleine Gassen manövrieren.
Anderseits ist er dank des Radstandes von 2,646 Metern und des Kofferraumvolumens von 472 Litern ein feiner Begleiter für die Langstrecke. Selbst zu viert fehlt es kaum an Platz und sogar wenn jeder über 100 Kilogramm wiegt, geht dem 1,3 Liter großen Benziner nie die Puste aus. Nicht einmal auf der deutschen Autobahn bei Geschwindigkeiten jenseits der 150 km/h. Ist das Fahrwerk zwar oftmals zu straff, so schafft es im Gegenzug bei solch einem Tempo Sicherheit.
Rückfahrkamera, elektrisch verstellbarer Fahrersitz, ausgereiftes Infotainment, edle Alcantara-Bezüge und für viele die idealen Abmessungen: Der Renault Kadjar in der Top-Ausstattungslinie „Black Edition“ bietet von nichts zu viel, aber von allem genug – und manchmal, Stichwort Motor, sogar eh mehr als genug. Wer mit einem spektakulären Innenraum liebäugelt, möge sich an Peugeot wenden. Wer ein großartiges Fahrwerk will, soll sich einen Mercedes GLC zulegen und wer’s gern ein bisserl sportlicher hat, einen Cupra Ateca. Wer ein kostengünstigeres und fair dotiertes (Einstiegspreis unseres Testwagens: 35.590 Euro. Da ist aber schon quasi alles dabei.) Auto für alle Fälle braucht; Renault Kadjar TCe 160 EDC Black Edition. Und wer ein Auto für wirklich ALLE Fälle braucht: Als 150 PS-Diesel kann der Kadjar auch mit Allradantrieb geordert werden.