Nein, es geht hier nicht um Edmund S. aus Wien 10 – wir durften am Hot Seat des Skoda Fabia R5 Rallyegerätes Platz nehmen. Dauer-Staatsmeister Raimund Baumschlagers Wahl um sich in der heimischen Rallyszene zu behaupten. What a ride!
Text: Philipp Stalzer
Vielleicht zuerst ein wenig Typologie und Rallyekunde, um den neuen Schiesser aus der Skoda-Motorsportschmiede einordnen zu können. Das bisherige Rallyegerät direkt unterhalb der Königsklasse „WRC“ war der „S2000“. Das Reglement schrieb für diesen Typ einen 2-Liter Saugmotor vor, das sequentielle Getriebe durfte 6 Gänge haben und Allradantrieb war obligatorisch. Der Nachfolger dieser Klasse heißt nun „R5“, der Motor hat ein 1,6 Liter-Derivat aus einem Serienaggregat des Herstellers zu sein und wird mit einem Turbo zwangsbeatmet. Die Übersetzungsmöglichkeiten werden auf 5 beschränkt und besonders interessant: die Grundkarosserie des Serienwagens muss übernommen werden, darf aber – wie unschwer zu erkennen ist – für eine breitere Spur modifiziert werden. Diese Tatsache wurde bei der Konstruktion des neuen Skoda Fabia bereits berücksichtigt, denn allen in Skodas Heimat Mlada Boleslav war klar: das erfolgreiche Motorsportprogramm soll und muss fortgesetzt werden.
Die Kunden und das Werk
Die neuen Klassements im Rallyesport mit mehr Serienteilen sollen vor allem die Kosten ein wenig eindämmen und den Einstieg in den Sport wieder vereinfachen. Um den Vorschriften des R5-Reglements zu entsprechen ist also auch noch eine andere schwierige Hürde zu stemmen: das Fahrzeug darf für Kunden maximal 180.000 Euro kosten und muss um diesen Preis rennfertig sein. Hinter vorgehaltener Hand haben wir erfahren, dass rennfertig und siegfähig zwei verschiedene Paar Schuhe sind, aber die Regularien können erfüllt werden. Dass Rallye fahren kein Sonderangebot ist, weiß ohnehin jeder, auch unser heimisches Rallye-Ass Raimund Baumschlager. Er ist bereits Rekord-Staatsmeister mit 12 Titeln und wird dieser Tage seinen neuen Dienstwagen Skoda Fabia R5 in Empfang nehmen und den „alten“ S2000 in Rallyepension schicken können. Skoda Motorsport rechnet mit insgesamt rund 20 Kundensportwagen, die bis Ende 2015 hergestellt und verkauft werden sollen.
Die Beschleunigung ist viel potenter als man erwartet, das Fahrzeug dank batzweichen Gummis auf dem Asphaltkurs unbeirrbar und wie mit der Straße fest verklebt. Lappi fährt Manöver, die man mit Straßenreifen niemals wagen würde – an einigen Stellen werden die Augen groß.
Höllenritt mit dem Werksfahrer
Zuerst aber wird natürlich das Werksteam mit den neuen Autos ausgestattet und so hatte Motorblock-Redakteur Philipp Stalzer die Ehre, neben dem Jungspund unter den Werksfahrer, Esapekka Lappi (Baujahr 1991), bei der Präsentation des Fabia R5 am heißen Sitz Platz zu nehmen. Vorab: Herr Lappi dürfte schon ein bisschen heimlich geübt haben – er und der Fabia waren ein beeindruckend eingespieltes Team. Die technischen Daten eines Rallyeautos (rd. 280 PS und 420 Nm Drehmoment) sind bei der derzeitigen Leistungseskalation in der Automobilindustrie ja nicht mehr sonderlich aufregend – aber Zahlen am Papier und wie sich ein Auto tatsächlich anfühlt, das waren schon immer zwei völlig verschiedene Dinge. Das recht dezente Bienenschwarm-mäßige Brummen des Turbomotors klingt von außen recht sportlich, aber eigentlich harmlos. Es wird nur durch saftig sprotzendes Schiessen beim runterschalten und anbremsen einer Kurve gewürzt – on Board fühlt sich der R5 aber erschreckend viel brutaler an, als es die Geräuschkulisse vermuten lässt. Die Beschleunigung ist viel potenter als man erwartet, das Fahrzeug dank batzweichen Gummis auf dem Asphaltkurs unbeirrbar und wie mit der Straße fest verklebt. Lappi fährt Manöver, die man mit Straßenreifen niemals wagen würde – an einigen Stellen werden die Augen groß (kann man es im Video sehen?). Tack, Tack, lässig werden die Gänge sequentiell reingeklopft. Vierter, Fünfter – schon fährt der Fabia R5 V-max. Lappi lässt nach dem vermuteten Bremspunkt dann noch gefühlt drei Ewigkeiten stehen, bevor der Slide um den 180-Grad Turn nach der harschen Bremsung mit einem lässigen Zupfer an der Handbremse eingeleitet wird. Was für ein Held! Was für ein Auto!
Die ernüchternde Erkenntnis danach
Das Erschütternde an einer Taxifahrt mit dem Vollprofi ist nicht etwa der berauschende Speed und das beeindruckend präzise Fahrverhalten eines echten Rennwagens – es ist die Tatsache, dass es bei weitem nicht der Speed war, der im Wettbewerb an den Tag gelegt wird. Die G-Kräfte bei den abrupten Bremsungen, das zielgenaue Schneiden von Kurven, das eisenharte Stehenlassen über eine Kuppe um keine Unruhe ins Fahrzeug kommen zu lassen – das was einem als Ottonormalverbraucher schon ein Lächeln auf die Lippen zaubert und die Augen strahlen lässt, ist für Esapekka Lappi gefühlt eine Fahrt mit der Oma zum Supermarkt. Somit lässt einen nicht nur die technische Feinheit des Rallygeräts von Skoda, sondern vor allem das Fahrkönnen und die Leistungen des Profis hinterm Steuer (und selbstverständlich das kühlen-Kopf-bewahren des Beifahrers bei diesen Bedingungen, das in dieser Situation völlig sureal erscheint) in tiefer Demut von dannen ziehen. So sehr Rennfahrer nach einem Traumjob aussieht – dazu muss man mit übermenschlicher Auffassungsgabe und stundenlangem Durchhaltevermögen gesegnet sein und das sind nun mal nicht viele. Rallyefahrer sind die absoluten Helden des Motorsports und ihre Geräte – trotz der Nehmerqualitäten – mit unglaublicher Präzision steuerbar. Hoffentlich stellt Skoda bald wieder ein Rallyeauto vor – man kann sich, bei aller angebrachten Ehrfurcht, daran gewöhnen!