Ausgerechnet Toyota! Für gewöhnlich haben die Japaner so viel Esprit und Elan wie der Filialleiter einer Kreissparkasse. Außerdem haben sich mit ihrem Hybrid-Hype schon ein grünes Mäntelchen umgehängt, lange bevor Tesla die elektrische Revolution angezettelt hat. Doch ausgerechnet jetzt, wo die gesamte PS-Branche unter dem Diktat der CO2-Grenzwerte den Spaß verloren zu haben scheint und sich allein von der Vernunft regieren lässt, schlagen sie über die Stränge und leisten sich einen neuen Sportwagen. Und zwar keinen, der zu überzogenen Preisen in homöopathischen Dosen verkauft wird und deshalb nur aufs Image einzahlt. Sondern ein cooles Coupé, das für kleines Geld großen Spaß verspricht und so eine breite Masse erreicht. Denn während weder Nissan den neuen Z noch Subaru die nächste Generation des BRZ ins Land bringt, Opel das Label OPC aufgibt und Ford sich keinen RS mehr leisten mag, lässt Toyota die zweite Generation des GT86 von der Leine, der diesmal maßgeblich von Gazoo-Racing entwickelt wurde und deshalb künftig als GR 86 ins Rennen geht.
Bei uns erst im neuen Jahr erhältlich, ist der GR 86 in den USA schon auf den Straßen – und spielt die Vorzüge des Generationswechsels selbst im Mutterland des Tempolimits auf Anhieb aus. Denn es ist nicht die Endgeschwindigkeit, die den Reiz des Racers ausmacht. Zumal er auch in der Neuauflage nicht die 250er-Marke erreichen wird. Sondern es ist der fahrdynamische Cocktail aus einem gierigen Vierzylinder im Bug, einem von der Elektronik nur mäßig eingebremsten Antrieb via Heck, einer knackigen Schaltung, einer direkten Lenkung und einer bocksteifen Karosserie, für die Toyota diesmal mehr Aluminium verwendet und dabei immerhin 100 Kilo spart.
Das Rezept ist das alte, doch die wichtigste Zutat ist neu: Weil Toyota den leichten und flachen, dafür aber etwas asthmatischen 2,0 Liter-Boxer durch einen 2,4 Liter gleicher Bauart ersetzt, steigt die Leistung von 200 auf 230 PS und der Coupé-Cocktail hat spürbar mehr Prozente.
Entsprechend schneidig stürmt der GR 86 jetzt den Angels Crest Highway am Stadtrand von Los Angeles hinauf, surft eher durch die Serpentinen, als dass er fahren würde, und macht das Überholen jetzt zum Kinderspiel. Zwar reichen auch die nun maximal 249 statt 205 Nm noch immer nicht für einen satten Punch. Doch weil sie jetzt schon bei 3.700 statt bei 6.400 Touren anliegen, kommt der Toyota schneller aus den Federn. Nicht umsonst nimmt er dem Vorgänger beim Sprint von 0 auf 100 mehr als eine Sekunde ab. Und einen satteren Klang hat der größere Motor obendrein.
Klack, klack, klack, gehen die Gänge runter und die Drehzahlen rauf, und das Coupé schießt dem Horizont entgegen. Und wenn doch mal ein Cop die Radarpistole zückt, bremst der Toyota so vehement herunter, dass die Elektronik gut zu Schaffen hat. Wohl dem, der da die Finger von den beiden Tasten auf dem Mitteltunnel lässt, mit denen das ESP in die Pause geschickt wird.
Einmal mehr im Doppelpack entwickelt und in weiten Teilen der Welt nahezu identisch als Toyota GR 86 oder Subaru BRZ zu haben, hat sich außer dem Antrieb am Coupé kaum etwas verändert – selbst wenn die Front nun etwas forscher und das Heck noch verführerischer wirken. Länge und Radstand unterscheiden sich nur um wenige Millimeter, die Rücksitze sind nach wie vor nur bessere Ablagen, und auch die liebevoll programmierten Digitalinstrumente können den preiswerten Plastiklook im Cockpit nicht überspielen. Aber hey: Wer zur Leidenschaft auch noch Lack und Leder will, der soll gefälligst einen Lexus kaufen, oder wenigstens einen BMW.
Mit der ausgesprochen hedonistischen Konzeption ist der GR 86 zwar neben dem Yaris GR der wohl untypischste Toyota. Aber auch der verführerischste. Und obendrein ist er sogar noch halbwegs vernünftig. Denn wenn die Europäer es schaffen, das Coupé analog zu den USA für unter 30.000 Euro ins Land zu holen, wäre er nicht nur beherzter als ein Golf GTI, sondern obendrein auch noch billiger.