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VW ID.5 GTX: Testfahrt mit der schrägen Nummer

Bislang waren sie in Wolfsburg beim Thema SUV immer ziemlich grade heraus. Denn als BMW und Mercedes und später auch Audi mit Autos wie dem X6, dem GLE Coupé oder dem Q3 Sportback längst auf die schiefe Bahn geraten waren, wollten die nüchternen Niedersachsen vom SUV-Coupé nichts wissen. Doch weil die VW-Welt gerade voll im Wandel ist und in Wolfsburg kein Stein auf dem anderen bleibt, geraten sie jetzt auch auf die schiefe Bahn und leisten sich mit dem ID.5 ihr erstes SUV mit schrägem Abschluss. Und sind darauf so stolz, dass sie parallel zur Premiere eines Prototyps auf der IAA Mobility in München zu ersten Testfahrten bitten. Dabei kommt der ID.5 zu Preisen ab etwa 47.000 Euro erst im ersten Halbjahr 2022 in den Handel.

Für rund 2.000 Euro Aufschlag zum ID.4 gibt es vor allem die coolere Kehrseite. Denn während die Länge auf 4,61 Meter wächst, duckt sich das Dach auf 1,61 Meter und das Heck fällt in einem schmucken Schwung, den keine Tarnfolie der Welt kaschieren kann. Während man im Rückspiegel kaum einen Unterschied erkennen wird, wird der ID.5 so aus allen anderen Perspektiven zum Schönheitskönig unter den Stromern aus der VW-Familie. 

Natürlich hat diese Schönheit auch ihren Preis, den wie immer die Hinterbänkler und Lademeister zahlen. Doch weil die ID-Modelle mit ihrer im Wagenboden versteckten MQB-Technik ohnehin das Platzangebot der nächst größeren Klasse bieten, lässt sich der Verlust hier ganz gut verschmerzen. Bei 2,77 Metern Radstand kann VW die Rückbank auch ohne Einbußen bei der Kniefreiheit so weit nach vorne ziehen, dass der Kopf vor dem Scheitelpunkt des Daches nach oben ragt und das Haupthaar nicht am Himmel schleift. Und der Kofferraum ist mit 543 Litern in der Grundkonfiguration exakt so groß wie im ID.4. Nur wer bis unters Dach stapelt, verliert ein paar Liter. 

Technisch gibt es dagegen keine Unterschiede – erst recht nicht beim GTX, der als sportliche Speerspitze den Start macht und deshalb auch die ersten Testfahrten bestreiten muss. GTX, das steht in dieser Familie für zwei Motoren mit zusammen 220 kW/299 PS, einem vereinten Drehmoment von 460 Nm und einem Akku, der 77 kWh leistet und mit bis zu 25 kW geladen werden kann. Dass der ID.5 damit auf 497 Kilometer WLTP-Reichweite kommt und den ID.4 so hinter sich lässt, ist ein schöner Nebeneffekt der lustvollen Linienführung – er hat schlicht den geringeren Luftwiderstand.

Was für den ID.5 spricht und vor allem für das Sportabzeichen GTX, das ist der spontane und lineare Antritt, zumal der Prototyp mit seinen zwei Motoren natürlich nochmal mehr Punch hat. Für die Generation E mag das selbstverständlich sein, und wegen der rund sechs Sekunden von 0 auf 100 bekommt dort keiner mehr Herzrasen. Doch wer sonst Tiguan fährt und den auch noch vollbeladen hat, der ist überrascht, wie flott dieser 2,5-Tonner in Fahrt kommt. Und um wenigstens ein bisschen aus der Reihe zu schlagen und ein wenig Sportsgeist auf die Electric Avenue zu bringen, ziehen die Niedersachsen erst bei 180 km/h den Stecker. So bekommt das SUV gar vollends ein Happy End.

Gegen den ID.5 spricht dagegen sein stolzes Gewicht, das auch der stärkste E-Motor nicht komplett kompensieren kann. Ja, die MEB-Modelle sind ungewöhnlich handlich, und natürlich macht der Fahrdynamikregler einen prima Job, in dem er alle elektronischen Regelsysteme orchestriert und immer für maximalen Grip der 21-Zöller sorgt. Doch die mehr als zwei Tonnen lasten schwer auf der Straße und bringen sich vor allem auf kurvigen Strecken doch ein wenig in Erinnerung. 

Aber weil Sportlichkeit und Fahrdynamik ohnehin an Bedeutung verlieren, wird es den ID.5 nicht nur als GTX geben. Zwar wollen sich die Niedersachsen die Einstiegsversion mit 125 kW/170 PS und dem kleinen Akku sparen. Doch wer es nur chic haben will und nicht auch schnell, dem verkaufen sie den 77 kWh-Akku auch mit nur einem Motor und 150 kW/204 PS. 

Zwar ist der ID.5 noch ein Prototyp und wird erst im nächsten Jahr in den Handel kommen. Doch intern hat er offenbar schon eine große Welle gemacht und auch bei den Kollegen aus der alten Welt ein paar Vorbehalte davon gespült. Denn mittlerweile hat VW so einen Gefallen gefunden an der schrägen Nummer, dass es mit dem Taigo bald auch ein SUV-Coupé für die Fraktion der Verbrenner gibt. 

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