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70 Jahre Porsche! Die Rennsport Reunion VI

70 Jahre Porsche!

Die Rennsport Reunion VI

Eine Dienstreise nach Kalifornien steht an, auf zum Laguna Seca Raceway! Da macht einem eigentlich schon die Location Lust genug, dass man die beschwerliche Reise vergisst, doch erstmal auf der legendären Rennstrecke angekommen, verblasst das Setting völlig. Denn auf der Porsche Rennsport Reunion VI feiern die Schwaben ihren 70er und fahren wirklich alle Geschütze auf.

Text: Jakob Stantejsky
Es ist fast schon bizarr, wie viel automobile Historie bei diesem Event auf den Besucher einprasselt. Da steht die Nummer 1, der allererste Porsche überhaupt, ein paar Meter neben dem legendären 917/30, während auf der Rennstrecke gerade der 919 Evo seine allerletzte Runde dreht, bevor er für immer ins Museum wandert. Ehrlich gesagt weiß man nicht so recht, wo man seinen Blick hinwenden soll – „Reizüberflutung“ trifft den Nagel auf den Kopf. So wandere ich also zwischen Formel 1-Wagen verschiedenster Perioden, Le Mans-Boliden und unzähligen anderen Rennwagen umher und kriege weder den Mund zu noch kann ich meinem Kameraauslösefinger eine Pause gönnen. Das besonders Schöne an all dem Glanz und der Glorie: Porsche inszeniert sich hier keineswegs selbst, sondern bietet seinen Kunden die ganz große Bühne. Denn die überwältigende Mehrheit aller Fahrzeuge gehört Porsche-Aficionados, die ihren Schmuckstücke für ein Wochenende den Platz an der Sonne gönnen wollen. So bildet sich ein Sammelsurium aus alten, ganz alten, neuen und brandneuen Porsches, das man so definitiv nirgends sonst zu sehen bekommt.
Doch die Rennsport Reunion VI, die über 60.000 Besucher angezogen hat, mutiert dabei keineswegs zu einem Festspiel der Reichen und Schönen. 350 Fahrzeuge dürfen an den in sieben Klassen ausgetragenen Rennen teilnehmen. Die Nenngebühr beträgt dabei schlappe 300 Dollar – doch nur die allerseltensten und -besondersten Porsches werden dann tatsächlich eingeladen. Die Rennsport Reunion zelebriert seit ihrer Erstaustragung 2001 die Begeisterung für den Rennsport und für die Tradition der Marke Porsche und bietet dabei keinen Platz für Eitelkeiten oder Möchtegerns. Hier sind alle gleich – verrückt nach Porsche und Racing.

Und beides gibt es bis zum Abwinken. Denn einerseits stehen zusätzlich zu jenen Glücklichen, die mit ihren Boliden auf das Gelände durften, vor den Toren der Rennstrecke noch aberhunderte Zuffenhausener Vehikel herum – da ist dann ein ganzer Parkplatz voll mit 356ern, daneben dann ein Haufen 959er … Autos, die man sonst nicht ein einziges Mal erblickt, werden hier zur Massenware. Mit der Ausnahme, dass sie immer noch eine Ausstrahlung haben, die einen in einer Tour glotzen und staunen lässt. Der 911er wird hier wirklich zum Volumenmodell. Andererseits donnern permanent allerhand wilde Geräte über den Laguna Seca Raceway und erfüllen die Luft mit ihren markigen Klängen. Manch ein Porsche-Kunde kommt ganz bescheiden mit seinem Porsche 356 daher, während an anderer Stelle Rennställe gleich eine ganze Palette an Boliden an den Start schickt, bis hin zum nigelnagelneuen 918 Spyder. Getunt, serienmäßig, Straßenauto oder Rennwagen, dezent oder in den schreiendsten Farben foliert – wer sich hier nicht in irgendein Auto verliebt, ist schlicht fehl am Platze.
Ein besonderes Gefühl ist es außerdem, wenn man den ältesten, ersten Porsche und den neuesten, bisher letzten Porsche an ein und demselben Tag zu Gesicht bekommt. Denn es wartete gleich eine doppelte Weltpremiere auf die Besucher der Rennsport Reunion VI. Zuerst enthüllten Ex-Formel 1-Star Mark Webber und Vorstandsmitglied Detlef van Platen das Porsche Speedster Concept. Ein klassischer Speedster in neuem Gewand und mit einem Motor auf GT3-Basis steht auf der Showbühne und ruft bei der versammelten Masse simultanes Sabbern hervor. Eine derartige Symbiose wurde zwischen den Begriffen Supersportwagen und Cabrio vorher noch nie eingegangen. Doch dann folgt die absolute Krönung. Die beiden Herren ziehen das Tuch von etwas, das bis zu dem Zeitpunkt ein perfekt gehütetes Geheimnis war: Der Porsche 935!

Dieser brandneu entwickelte Rennwagen wird ab Juni 2019 77-fach produziert und steht interessierten Kunden für 701.948 Euro zur Verfügung. 1.948 in Anlehnung an das Gründungsjahr Porsches. Das 700 PS-Geschoss basiert auf dem 911 GT2 RS und marschiert optisch in die Richtung des legendären Moby Dicks. Technisch ist der Kundenrennwagen aber natürlich auf dem allerfeinsten, neuesten Stand und höchstwahrscheinlich schon ausverkauft – zumindest könnte ich mir das sehr gut vorstellen.
Ein weiteres Prestigeprojekt steht 30 Meter weiter neben dem Porsche Classic Zelt. Das Project Gold ist ein 911 Turbo des Typs 993, der 20 Jahre nach dem letzten Serienmodell aus Originalteilen völlig neu gebaut wurde. Das Einzelstück ist somit auf Neuwagenniveau, aber eben auch durch und durch ein Klassiker. Versteigert wird das faszinierende Teil Ende Oktober, doch dazu lest ihr in einem Folgeartikel zum Thema in den nächsten Tagen hier mehr. Summa summarum fasst das Project Gold die Rennsport Reunion VI perfekt zusammen: Schier endlose Begeisterung für die Marke Porsche und ihre Tradition trifft auf hingebungsvolle Arbeit mit und an den Sportwagen aus Zuffenhausen. Dazu kommt noch eine ordentliche Portion Rennfieber und fertig ist der Cocktail, der den 70. Geburtstag Porsches unvergesslich macht.

Zum Abschluss gibt’s von mir noch einen persönlichen Tipp mit auf den Weg. Wenn in drei Jahren die nächste Rennsport Reunion auf dem Programm steht, seht zu, dass ihr dorthinfahrt! So etwas habt ihr noch nie gesehen und seht ihr auch nie wieder! Außer auf der übernächsten Rennsport Reunion vielleicht…

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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