VW Multivan: Ein Klassiker wird modern
Der letzte Generationswechsel war kaum mehr als ein Facelift und die Modellpflege nur ein bisschen Kosmetik. Doch jetzt macht VW bei seinem ältesten Modell mal wieder einen riesigen Sprung und rüstet den Transporter für die Zukunft. Denn wenn zum Jahresende zu Preisen um 45.000 Euro (D) die siebte Generation des Multivan an den Start geht, bleibt außer dem Namen nicht mehr viel beim Alten.
Stattdessen löst sich der der Tausendsassa von der Laderampe, vergisst seine gewerblichen Wurzeln, ignoriert Kisten und Pakete, fokussiert sich allein auf den Fahrer und seine Gäste und wird gar vollends zum vornehmen Spaceshuttle in der Pkw-Flotte. Nichts macht das deutlicher als der Umzug in den Modularen Querbaukasten MEB, mit dem der Multivan in die Familie von Golf & Co rückt.
Das verschafft der Truppe aus Hannover Zugriff auf zahlreiche Innovationen, die den Bulli fit for future machen. Das beginnt beim digitalen Cockpit und beim Online-Infotainment und endet bei den Assistenzsystemen noch lange nicht – selbst wenn sie in der Landeshauptstadt stolz darauf sind, dass der Multivan nun automatisch parkt und bis Tempo 210 nahezu selbständig über die Autobahn fährt. Sondern auch die elektronische Handbremse und die Drucktaster für die Gangwahl des serienmäßigen DSG-Getriebes im Cockpit verdanken sie dem MQB – und mit ihnen den glatten Wagenboden, der den Durchstieg erleichtert und die Variabilität erhöht.
Zwar hat sich der Multivan mit der neuen Wahlverwandtschaft auch ein paar Mängel von Golf & Co eingefangen und der Fahrer kämpft nun auch hier mit einer unbeleuchteten Sensor-Rinne unter dem Touchscreen. Doch weil der Bulli zumindest ein eigenes Lenkrad hat, gibt’s in den Speichen noch ein paar echte Taster, mit denen die Bedienung deutlich leichter werden sollte als im Golf.
Überhaupt haben sich die Niedersachsen nicht nur aus dem Baukasten bedient, sondern auch reichlich ingenieuse Eigenleistung erbracht – vor allem im hinteren Bereich der Kabine . Denn dort gibt es jetzt ein neues Schienensystem, im dem Sitze gleiten, die 25 Prozent leichter geworden sind und sich deshalb jetzt auch ohne Bodybuilding drehen oder ausbauen lassen. Und dazwischen gleitet auf der gesamten Länge ein neues „Multi-Tool“, das selbst die Simply-Clever-Truppe bei Skoda neidisch machen dürfte – ist es doch gleichzeitig Mittelkonsole, Armlehne oder Arbeitstisch und so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser.
Aber es sind nicht nur die Kleinigkeiten, die den Modellwechsel ausmachen. Sondern VW hat auch am großen Ganzen gearbeitet und deshalb das Format neu bestimmt: Der auch künftig in zwei Längen angebotenen Multivan wächst um sieben Zentimeter und misst nun 4,97 oder 5,17 Meter, der Radstand legt um 12 Zentimeter auf 3,12 Meter zu und in der Breite gewinnt der Multivan um vier Zentimeter – und braucht dank schlankerer Spiegel trotzdem weniger Parkraum. Mit blick auf den cw-Wert duckt er sich zudem fünf Zentimeter flacher, bietet aber dennoch mehr Innenhöhe, weil der Boden tiefer ist und das Dach dünner. Und auch wenn Platz nie ein Mangel war, man davon aber schließlich nie genug haben kann, lobt VW jetzt 469 bis 4.053 Liter Ladevolumen aus.
Zwar schluckt er mehr Baggage, aber dafür weniger Benzin – denn der Verbrauch geht mit geringerem cW-Wert, reduziertem Gewicht und optimierten Motoren um bis zu einen Liter zurück, stellen die Niedersachsen in Aussicht. Und erstmals fährt der Multivan auch ganz ohne Benzin – zumindest auf den ersten 45 Kilometern. Denn mit der MEB-Technik gibt’s auch den 216 PS starken Plug-In-Hybrid aus dem Passat GTE und seinen 13 kWh-Akku. Daneben startet VW mit zwei Benzinern mit 136 oder 204 PS und reicht erst im neuen Jahr einen 150 PS-TDI nach.
Modernste Technik aus dem MQB, Infotainment auf dem neuesten Stand und ein Plug-In-Antrieb für die elektrische Kurzstrecke – so schlägt VW für den Multivan eine Brücke in die Zukunft – und pflegt gleichzeitig die Pfeiler, auf denen diese Brücke ruht. Denn für kostenbewusste Gewerbekunden und Camper bleibt der Vorgänger als Transporter und California weiter im Programm. Und wer sich wirklich in die Zukunft aufmachen will, bekommt ab dem nächsten Jahr den voll elektrischen ID Buzz aus dem MEB.