Das Beste zum Schluss – solche Überschriften drängen sich auf in einer Zeit, in der sich selbst die Vollgasfraktion sich so langsam elektrifizieren lässt und die stärksten Boliden ihre Kraft mittlerweile aus Batterien schöpfen. Zwar ist der Aston Martin DBX noch nicht mal reif für ein Facelift, geschweige denn für einen Abgesang. Doch das hindert die Briten nicht, in diesen Kanon einzustimmen und deshalb jetzt den 707 ins glorreiche Finale zu schicken. Seine Leistung von – nomen est omen – 707 PS macht ihn diesseits der irrwitzigen Dodge Durango Hellcat zum stärksten Serien-SUV der Welt und zusammen mit seinem alles andere als understateten Design lässt er den Lamborghini Urus von Stier zum Kälbchen schrumpfen, das im Streichelzoo der Superreichen auf seine Kuschelkunden wartet. Und der Bentley Bentayga sieht daneben so abgehalftert aus wie Elvis in seinen letzten Jahren.
Seine Führungsrolle im Kampf der Giganten verdankt der DBX der bislang schärfsten Version des 4,0 Liter großen V8-Motors, den die Briten vom Juniorpartner und Genspender AMG in Affalterbach übernehmen. Statt wie bislang 550 PS leistet der Achtzylinder jetzt rund ein Viertel mehr und ist dem Urus damit stolze 67 PS voraus. Der stärkste Bentayga kommt auf 635 PS und der Porsche Cayenne wirkt mit seinen 640 PS einmal mehr wie ein Emporkömmling, der sehnsüchtig um Aufnahme in den Club der reichen Raser bittet.
Damit das Paket seine Kraft auch richtig entfalten kann, gibt’s für mehr Luft einen nochmal um 30 Prozent vergrößerten Kühlen, für einen besseren Stand eine optimierte Aerodynamik mit einem größeren Spoiler auf dem Heck und Diffusor darunter, der sich wie ein paar Schlauchbootlippen unter dem Stoßfänger hervor schiebt, und für einen stabilen Lauf ein überarbeitetes Fahrwerk sowie einen knappen Zentner weniger ungefederter Massen – eine Diät, die zum Beispiel der Kardanwelle aus Karbon zuzuschreiben ist.
Die Mühe zahlt sich auch aus: Der Aston geht ab wie ein britischer Mittelstürmer beim Endspiel im Wembley-Stadion: Mit dem Druck von 900 Nm walzt der Wagen in 3,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und danach weiter, bis der Tacho 310 km/h zeigt. Da hat nicht nur das Grundmodell schon vor 20 km/h die Segel gestrichen, sondern auch der Urus hat keine Chance mehr.
Und obwohl der Wagen satte zwei Tonnen wiegt und es bessere Räder für den Sport gibt als die montierten 23 Zöller, fremdelt der feine Brite auch nicht mit engen Kehren. Im Gegenteil. Selbst ohne Hinterachslenkung dreht er willig ein, folgt stur dem Kurs und bleibt dabei so aufrecht wie Stammkunde James Bond es auch nach einem halben Dutzend Vodka Martini wahrscheinlich noch ist.
Egal ob auf der Geraden oder in der Kurve – er hängt dabei am Gas wie ein Junkie an der Nadel, so gierig saugt er das hochoktanige Elixier automobiler Leidenschaft ein. Die neun Gänge der Automatik knallen ins Getriebe wie Handkantenschläge beim Karate und spätestens mit offenen Schallklappen in den mächtigen Endrohren liefert der britische Stürmer-Star seinen Fangesang gleich noch mit.
Aber so brachial der DBX 707 auch sein mag, beherrscht er sogar den vornehmen Schaulauf. Die Sportsitze sind hinreichend bequem und der GT-Modus ist ausreichend nachsichtig, um damit auch ohne Chiropraktiker auf die Langstrecke zu gehen.
Dabei gibt es nur zwei Probleme. Die zusammen mit dem Motor übernommene Infotainment-Ausstattung und vor allem die Navigation ist so altbacken und nervig und ohne Touchscreen so mühsam zu bedienen, dass man gar keine fernen Ziele ansteuern will. Und der Durst ist so groß oder der Tank so klein, dass man ohnehin nicht weit kommen wird.
Dabei ist der Verbrauch, der schon in der Norm bei 14,2 Litern liegt und im Alltag leicht auch eine Zwei an erster Stelle trägt, ganz sicher keine Frage des Geldes. Denn wer für den 707 klaglos einen Aufpreis von 50.000 Euro schluckt, dem dürfte das Spritgeld herzlich egal sein. Aber kaum mehr als 300 Kilometer Alltagsreichweite sind für ein Auto, das eigens einen Grand Turismo Modus hat, dann doch ein bisschen wenig. Andererseits ist das womöglich der erste Schritt in die Zukunft. Denn so können sich auch Aston-Martin-Fahrer schon mal langsam an die Zeiten gewöhnen, in denen sie nicht mehr Tanken, sondern Laden müssen. Selbst wenn der DBX707 vielleicht noch nicht der letzte seiner Art ist, werden ganz sicher nicht mehr viele Verbrenner kommen, bevor auch Aston seine Autos notgedrungen an die Leine legt.