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Audi e-tron GT: Der schnelle Schönheitskönig

Groß, grobschlächtig und obendrein manchen auch noch zu langsam. Zwar war Audi mit dem e-tron einer der ersten etablierten Hersteller, der die Verfolgung des Vorreiters Tesla aufgenommen hat. Doch so richtig begeistern konnten die Bayern mit ihrem elektrischen SUV bislang nicht. Und auch der eilig nachgeschobene Sportback konnte daran wenig ändern. Deshalb nehmen sie jetzt den nächsten Anlauf und schicken gegen das Model S den e-tron GT ins Rennen. Als fast schon filigraner Gran Turismo gezeichnet, potent motorisiert und an einer deutlich längeren Leine, will er zum eitlen und eiligen Schönheitskönig unter den Stromern werden und zugleich zum Wegweiser für den Wandel bei den Herren der Ringe. Eine elektrische Massenbewegung wird allerdings auch der e-tron GT nicht auslösen – schließlich beginnen die Preise bei stolzen 99.800 Euro (D). 

Dafür gibt es einen 4,99 Meter langen Flachmann, der in fließenden Linien gezeichnet ist und Autos wie den A7 Sportback ziemlich alt aussehen lassen. Das gilt für das Exterieur mit dem geschlossenen Grill zwischen spektakulären Schweinwerfern und dem eleganten Heck, und mehr noch für den Innenraum, der dominiert wird von einer Landschaft aus Displays und schon wieder ein paar Knöpfe weniger aufweist. Dabei denken die Bayern nicht nur an die erste Reihe, sondern versprechen auch den Hinterbänklern den nötigen Komfort: 2,90 Meter Radstand und die so genannten Fußgaragen, also große Aussparungen in der Batterie im Unterboden sollen den e-tron GT zu einem ehrlichen Viersitzer machen. Und auch für Gepäck sei genug Platz. Versprechen die Ingenieure. Nicht umsonst gibt’s zum Kofferraum von 405 Litern noch ein zweites Staufach im Bug, das noch einmal runde 80 Liter fasst. 

Die Kunst der Verführung beweisen beim GT aber nicht nur die Designer, sondern auch die Ingenieure. Nicht umsonst liegt die Verantwortung für Entwicklung und Produktion bei Sportabteilung in Neckarsulm, die auch den R8 auf den Weg gebracht hat. So bietet schon die Standard-Version mit zwei für den obligatorischen Allradantrieb an beide Achsen gerückten Motoren solide 350 kW Leistung, die im Overboost für 2,5 Sekunden auf 390 kW angehoben wird. Und wer für mindestens 138.200 Euro (D) die RS-Version bestellt, der kann mit 440 und 475 kW punkten. Bei einem maximalen Drehmoment von 630 Nm für den kleinen und 830 Nm für den großen GT reicht das für Sprintwerte von 4,1 oder 3,3 Sekunden und wo für die anderen e-tron spätestens bei 200 Sachen Schluss ist, bekommt der GT Auslauf bis 240 und der RS sogar bis 245 km/h. 

Die Energie dafür liefert ein Akku, der in beiden Versionen eine Netto-Kapazität von 86 kWh hat und so eine WLTP-Reichweite von maximal 488 Kilometern ermöglichen soll. Am Wechselstromanschluss mit bis zu 22 und bei Gleichstrom mit maximal 270 kW geladen, sind die ersten 80 Prozent der Batterie unter idealen Bedingungen in 23 Minuten wieder voll. Den Strom für 100 Kilometer zapft der e-tron GT damit binnen fünf Minuten.

Zwar feiert Audi den e-tron GT als endgültigen Aufbruch ins Akkuzeitalter und als Speerspitze einer ganzen Flotte von Stromern im Zeichen der Ringe. Doch ist der elegante Elektriker nicht wirklich eine Eigenleistung, sondern teilt sich die Basis mit dem Porsche Taycan. Das mag die Entwicklung dramatisch beschleunigt haben, so dass die Auslieferung kaum 2,5 Jahre nach der Premiere der Studie beginnt. Aber dem von der gemeinsamen Konzernmutter in Wolfsburg erzwungenen Familienfrieden dürfte das Projekt wenig förderlich gewesen sein. Schließlich sieht der e-tron nicht nur mindestens ebenso gut aus, sondern hat auch noch die größere Reichweite. Trotzdem müssen sich die beiden ebenso eiligen wie eitlen und vor allem eifersüchtigen Schwestern zusammenraufen. Denn die nächste Kooperation läuft schon: Beide Marken sind gemeinsam verantwortlich für die so genannte Premium-Plattform-Elektrisch (PPE), mit der die Konzernmarken nicht nur Schönheitskonkurrenzen und Sprintrennen gewinnen wollen, sondern endlich auch große Stückzahlen machen sollen. 

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