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Audi Q4 e-tron 40: Emanzipation auf bayerisch

Wieso zum Ingolstädter greifen, wenn es das Gleiche in größer, günstiger und tschechisch gibt? Im Audi Q4 e-Tron suchen wir nach Antworten.

Mit der elektrifizierten, externen Konkurrenz ist Audi bis jetzt gut fertig geworden. Der e-tron verkauft sich hierzulande bestens, auch jetzt, drei Jahre nach seiner Einführung. Regelmäßig war das SUV in den Top-10 der E-Auto-Neuzulassungen zu finden. Und 2021 wird – das ist jetzt schon klar – das erfolgreichste Jahr für das E-SUV. Von Mercedes EQC oder Jaguar i-Pace fehlt hingegen jede Spur.

Auf den Lorbeeren ruht man sich in Ingolstadt deswegen nicht aus. Darf man auch gar nicht, wenn man den Anschluss nicht verlieren will: Seit die CO2-Flottengrenzwerte in Kraft getreten sind, haben so ziemlich alle Hersteller den Turbo gezündet. Auch die Hauptkonkurrenten BMW und Mercedes. Die Antwort aus Ingolstadt: Auf Basis des Porsche Taycan hat man den e-tron GT in den Ring geworfen. Und als erstes Fahrzeug von Audi nutzt der Q4 e-tron den MEB, sprich den Modularen E-Antriebsbaukasten.

Dass der auf einer Plattform aufbaut, die exklusiv für E-Autos entwickelt wurde, merkt man sofort. Keine 4,6 Meter ist der elektrifizierte Ingolstädter lang, was man solange unterschreiben würde, bis man drinnen sitzt. Dort wirkt der Q4 e-tron sehr viel größer. Luftig ist gar kein Ausdruck dafür, wie opulent die Platzverhältnisse sind. Und zwar überall; vorne, hinten – und ganz hinten: Der Kofferraum fasst 520 Liter.

Den kann man im Audi Q4 e-tron schon auch einmal brauchen. Natürlich merzt auch der Ingolstädter das grundlegende Problem der Elektromobilität nicht aus, nämlich die Ladedauer. Und für den Urlaub in Skandinavien sollte man viel Geduld mit nehmen. Aber mit einer offiziellen Reichweite von theoretisch 447 bis 521 Kilometer ist der Q4 e-tron schon sehr viel mehr als nur ein reines Pendlerauto.

Praxisversuch Wien-Graz. 200 Kilometer Autobahn trennen die österreichische Bundes- von der steirischen Landeshauptstadt. Die Batterie ist gut gefüllt, laut Audi kommen wir damit über 400 Kilometer weit. Was der Q4 e-tron auf der Autobahn zwar relativ flott revidiert hat, aber knapp über 100 Kilometer Reichweite hatten wir bei der Ankunft immerhin noch in petto. Und das, ohne sich auch nur ein bisschen selbst zu kasteien, sprich Tempo, ähhm, 130.

Hat ein bisschen was von Q2 – oder?

Die Motor-Batterie-Kombination, die das möglich macht, vermarktet Audi unter „40“. Sie setzt sich aus 82 kWh Akkukapazität – mehr gibt’s auf MEB aktuell nicht – und einer E-Maschine, die die Hinterachse mit 204 PS beliefert, zusammen. In 8,5 Sekunden geht’s von 0 auf 100 km/h. Das ist per se zwar nicht langsam, der klassische Punsch eines Elektromotors fehlt aber. Abgesehen davon fährt sich der Q4 e-tron dank des tiefen Schwerpunktes und Hinterradantriebs sportlicher als es seine Form vermuten lässt. Keine Sorge: Unnötig hart ist der Q4 e-tron aber nicht, unterm Strich fährt sich der Q4 e-tron sehr ausgeglichen. So – Test beendet, danke für die Aufmerksamkeit. Oder war da noch was?

Klar war da noch was, wir sind euch noch eine Antwort schuldig. Also: Skoda Enyaq, VW ID.4 und Audi Q4 e-tron teilen sich die gleiche Plattform – den MEB – und sind ähnlich groß und mit den teils gleichen Antriebssträngen ausgestattet. Wieso also zum teureren Ingolstädter greifen? Wie kann sich dieser von ID.4 und Enyaq emanzipieren? Kann er es überhaupt und gibt es Gründe ihn zu wählen?

Cleanes, aufgeräumtes Cockpit – aber nicht ganz so minimalistisch wie in den technischen Geschwistern.

Die gibt es durchaus. Der schlechtere: simple Markengeilheit. Der bessere Grund liegt im Innenraum. Nicht, dass die Markenschwestern in Sachen Verarbeitungsqualität und Materialienauswahl dem Audi unterlegen sind. Aber sie setzen bei der Interieur-Gestaltung radikal auf Minimalismus. Das kann einem gefallen – muss aber nicht. Audi wählt da eine andere Herangehensweise: Es gibt analoge Schalter und Knöpfe, die die Bedienung vereinfachen, allen voran die der Klimaanlage. Außerdem ist das Armaturen-Display deutlich größer, keine Spur von Mäusekino.

Wenngleich auch im Audi Q4 e-tron sehr viel mit kapazitiven Flächen gearbeitet: Etwa am eckigen Lenkrad, was etwas nervig sein kann, weil manchmal unabsichtlich Befehle abgegeben werden. Oder am optisch schwebenden Mitteltunnel, wo sich eine runde Fläche befindet, auf der man die Lautstärke reguliert, in dem man den Finger auf dieser kreisen lässt.

Die runde Taste rechts vom Wählautomatik-„Hebel“ ist sensitiv.

Für den intuitiveren Innenraum und, klar, die Marke Audi muss man im Übrigen gar nicht so viel mehr zahlen. Der VW ID.4 Pro Performance kostet mindestens 47.540 Euro, der Audi Q4 e-tron 40 startet bei 49.500 Euro, der Preis des Skoda Enyaq 80 liegt ziemlich genau in der Mitte. Letzterer kommt immerhin serienmäßig mit Rückfahrkamera. Im Audi hat uns die gefehlt.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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