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Audi RS7: Audi auf Attacke

Porsche Panamera, der viertürige Mercedes-AMG GT und der BMW M8 bekommen einen neuen Konkurrenten. Denn nachdem der Audi A7 bislang eher als Schöngeist gepunktet hat, machen ihn die Bayern jetzt als RS7 zu einem waschechten Sportwagen. Zwar hat das Vergnügen seinen Preis, und unter 121.000 Euro (Deutschland) fährt man mit dem ab Dezember lieferbaren Viertürer nicht vom Hof des Händlers. Doch dafür gibt es jetzt auch diesseits des R8 mal wieder einen Audi, der das Blut in Wallung und das Herz zum Glühen bringt.

Von Thomas Geiger

Das liegt zuallererst mal natürlich am Motor. Wo bislang beim drei Liter großen V6 mit 340 PS und dem ölgefeuerten S7 mit 349 PS Schluss war, quetschen die Bayern nun einen 4,0 Liter großen V8-Benziner unter die Haube, dem sie auch noch zwei Turbos anflanschen. So steigt die Leistung auf 600 PS und das maximale Drehmoment klettert auf 800 Nm. Zusammen mit dem Allradantrieb reicht das für Beschleunigungswerte auf Sportwagen-Niveau: Während der Achtzylinder sein raues Lied von der Lust an der Leistung singt, schießt das große Coupé binnen 3,6 Sekunden auf Tempo 100 und lässt sich auch vom üblichen Limit bei 250 Sachen nicht halten. Wer die richtigen Kreuzchen auf dem Bestellzettel macht, den lässt Audi auch bis 280 oder gar 305 km/h rasen.

Dabei ist es weniger die Längsbeschleunigung, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Sondern es ist die Mühelosigkeit, mit der sich dieses Auto in die Kurve wirft, und es ist die Leichtigkeit, die einen fünf Meter und über zwei Tonnen Blech einfach vergessen lassen.

Dafür zieht Audi alle Register: Zum Allradantrieb, der schon im Standardlayout 60 und im Ernstfall auch mal bis zu 85 Prozent der Kraft nach hinten leitet, gibt es deshalb vorne eine progressive Lenkung und hinten Räder, die mit einschlagen, es gibt eine feinfühlige Traktions- und Stabilitätskontrolle und einen elektronischen Ausgleich gegen Wanken und Nicken. So fährt der RS7 auch in engen Kurven wie auf Schienen und kann viel, viel mehr als sich auch der beste Fahrer selber zutraut. Die Grenzen der Physik hebelt zwar auch Audi nicht aus, aber sie werden zumindest soweit verschoben, dass sie die eilige Elite nicht mehr einschränken. Und als wäre das nicht schon Aufwand genug, hat Audi sich diese Mühe gleich doppelt gemacht – und neben der etwas komfortableren Luftfederung auch eine um so verbindlichere Stahlfeder im Angebot. Dummerweise sind beide so gut, dass man den Unterschied erst einmal herausfahren muss.

Natürlich wirken solche Leistungsorgien ein wenig aus der Zeit gefallen. Doch so ganz von gestern ist der Spitzensportler nicht – schließlich flirtet er zumindest zaghaft mit der Elektrifizierung und tritt deshalb mit einem Mild-Hybrid-System an. Ein 48 Volt-Bordnetz und ein kleiner Pufferakku mit Lithium-Ionen-Zellen speisen dabei einen elektrischen 12 kW-Motor, der beim Anfahren auch noch das letzte Löchlein des Turbos stopft, der aber vor allem die Start-Stopp-Phasen verlängert und eine höhere Rekuperationsleistung bringt. In der Praxis spart das bis zu 0,5 Liter und auf dem Prüfstand drückt es den Normverbrauch auf 11,4 Liter.

Stark und schnell waren die RS7-Modelle auch in den letzten Jahren schon. Doch was neu ist am neuen RS7, das ist sein aggressiver Auftritt. Als hätten die Designer rein paar Aufputschmittel genommen und etwas härtere Musik in den CD-Player geschoben, bläst der sonst so adrette A7 jetzt zur Attacke: Der nachtschwarze Kühler weit aufgerissen, die Motorhaube stärker konturiert und die Kotflügel verführerisch weit ausgestellt – so bekommt er das nötige Überholprestige und der Vordermann räumt freiwillig die linke Spur. Dagegen geht es innen fast schon wieder stilvoll und nüchtern zu.

Zwar ist der A7 auch als RS-Modell noch ein Blickfang. Doch sieht dem Wagen natürlich trotzdem jeder an, dass es hier eher um Vergnügen geht, als um Vernunft. Wer sich diesen Vorwurf sparen möchte, der muss noch ein bisschen Geduld haben. Dann gibt es den gleichen Motor auch im neuen RS6, der sich im Kleid eines Avant tarnt. Allerdings lassen die Designänderungen auch dort keinen Zweifel am neuen Wesen der Bayern – nach Jahren der Lethargie ist Audi wieder auf Attacke programmiert.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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