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BMW iX: Leuchtturm an der Ladesäule

BMW zündet einen neuen Leuchtturm an. Denn nachdem die Bayern vom Voreiter auf der Electric Avenue mittlerweile zum Mitläufer abgestiegen sind, soll sie die Serienfassung der Studie iNext wieder zum Innovationsführer der Elektromobilität machen. Bis die auf die Straße kommt, dauert es zwar noch ein rundes Jahr, und bei einem Schätzpreis von 100.000 Euro dürfte sich der Einfluss aufs Weltklima in engen Grenzen halten. Doch weil keine Neuheit für die Bayern so wichtig ist, fangen sie jetzt schon einmal an, dafür zu trommeln. 

„Technologie treibt den Fortschritt voran, den wir benötigen, um selbst größte Herausforderungen bewältigen,“ predigt Vorstandschef Oliver Zipse und sein oberster Entwickler Frank Weber attestiert dem iX davon jede Menge: „Mit Technologie des iX setzen wir Maßstäbe: Er hat mehr Rechenleistung zur Datenverarbeitung, leistungsfähigere Sensorik als die neuesten Fahrzeuge unseres aktuellen Portfolios, ist 5G-fähig, wird neue und verbesserte automatisierte Fahr- und Parkfunktionen erhalten und nutzt die leistungsstarke fünfte Generation unseres elektrischen Antriebs.“ Zwar rühmen die Manager den iX damit als technologischen Meilenstein und stellen ihn in eine Reihe mit dem i3, der bei seinem Debüt vor acht Jahren zurecht als das innovativste Elektroauto am Markt gegolten hat. Doch ganz so gleißend hell, wie uns die Bayern weiß machen wollen, strahlt dieser Leuchtturm leider nicht. Und das liegt nicht allein am Design, das auf dem Weg von der Studie iNext zum Serienmodell zwar etwas entschärft wurde, das aber mit einer Niere groß wie Hasenzähnen und Scheinwerfern schmal wie Schießscharten noch immer kontrovers diskutiert werden dürfte. Sondern das liegt vor allem an einer elektronischen Enttäuschung. Denn auch wenn BMW den iX für seine 5G-Connectivity und seinen prall gefüllten Baukasten an Assistenzsystemen lobt und neue automatisierte Fahr- und Parkfunktionen in Aussicht stellt, ist das beim Debüt der Studie versprochene autonome Fahren erst einmal vom Tisch. Wie die Konkurrenz haben die Bayern da den Mund ein wenig zu voll genommen und vertrösten die Kundschaft jetzt auf kommende Evolutionsstufen.

Dass man BMW im iX von einer neuen Seite sieht, liegt deshalb vor allem am Design des Crossovers, das etwa so lang ist wie ein X5, so flach wie ein X6 und mit dem eigenwilligen Dekor der D-Säule bewusst an den i3 erinnert. Und wo sich die Kundschaft außen noch an der Form reiben mag, wirkt der Fünfsitzer innen umso einladender: Lack und Leder waren gestern und der Overkill der Schalter ist endlich auch vorbei: Stattdessen blickt man in eine gemütliche Lounge mit noblen Stoffen und natürlichen Hölzern und sieht vor dem Lenkrad ein großes, schlankes Display, das leicht zum Fahrer hingebogen ist. Die wenigen verblieben Schalter etwa auf der hölzernen Konsole, die frei zwischen den Sitzen schwebt, sind mit Kristallglas veredelt, und was es sonst noch an Technik braucht, ist geschickt versteckt: „Shy-Tech“ nennt BMW das Konzept, mit dem innen zum Beispiel die Lautsprecher oder der Projektor des Head-Up-Displays und außen die Türgriffe, die Rückfahrkamera oder der Einfüllstützen fürs Wischwasser nahezu unsichtbar werden. 

Wo die Bayern beim Ambiente neue Wege gehen, ist der Antrieb zwar ganz neu, aber doch schon wieder ein alter Bekannter. Denn der iX greift in den gleichen Baukasten mit Motoren ohne seltene Erden, besonders dicht gepackten und deshalb überdurchschnittlich effizienten Batterien und einem reduzierten Gesamtgewicht, die BMW gerade für den iX3 vorgestellt hat und im neuen Jahr auch für den i4 nutzen will – nur dass sie in München für ihr elektrisches Flaggschiff etwas tiefer zugreifen dürfen. Schließlich wollen sie auch bei der Freude am Fahren wieder den Maßstab definieren. Im Klartext bedeutet das zwei Motoren mit zusammen mehr als 375 kW oder nach alter Währung 500 PS, ein Sprintwert von weniger als fünf Sekunden und ein Spitzentempo, das anders als bei e-tron & Co jenseits von 200 km/h liegen dürfte. Und damit die Lust beim Fahren nicht in Frust beim Laden mündet, gibt es mehr als 100 kWh Akku-Kapazität und eine Ladeleistung von maximal 200 kW. An einer schnellen Gleichstrom-Säule kommt der iX so in 40 Minuten von zehn auf 80 Prozent und zieht in zehn Minuten den Strom für 120 Kilometer. Insgesamt sollen nach WLTP 600 Kilometer drin sein – eine echte Ansage.

Zwar sieht BMW im iX den „Wegweiser in die Zukunft der Mobilität.“ Doch wissen die Bayern insgeheim offenbar selbst, dass auf der Straße in die Zukunft ganz schön eng werden dürfte in der nächsten Zeit und dass sich der iX dort mit vielen etablierten oder neuen Konkurrenten wird kabbeln müssen. Vielleicht auch deshalb haben sie die Niere so konstruiert, dass sich leichte Blessuren von selbst heilen: Die zusätzliche Beschichtung aus Polyurethan jedenfalls ist so komponiert, dass sich beispielsweise leichte Kratzer bei Raumtemperatur innerhalb von 24 Stunden wie von selbst beseitigen. 

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