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Fiat 500e: Dolce Vita rein elektrisch

Zu teuer und technisch nicht sinnvoll – lange Jahre hat sich Fiat dem Trend zur Elektromobilität verwehrt. Doch das ist vorbei und die Italiener drängen mit Macht an die Ladesäule. Denn wenn sie jetzt noch vor dem Jahreswechsel zu Preisen ab zunächst ziemlich stolzen 34.900 Euro und später dann etwas sozialverträglicheren 23.560 Euro (beides D) ihr erstes echtes Elektroauto an den Start bringen, dann ist das weder ein halbherziger Umbau noch ein Nischenmodell, sondern nicht weniger als ein nagelneuer 500, der allein als Akku-Auto entwickelt wurde. 

Der sieht zwar auf den ersten Blick genauso aus wie früher, lädt deshalb auch weiter zum Kuscheln ein und dürfte vor allem bei Frauen wieder zum Herzensbrecher werden. Doch mit 96 Prozent neuen Teilen und einem neuen Format tritt er trotz des vertrauten Designs, der großen Kulleraugen und der weichen Rundungen ein bisschen maskuliner und erwachsener auf. Aber auch wenn der 500er in jeder Dimension ein wenig aus dem Leim gegangen ist, in Länge und Breite um rund sechs Zentimeter zulegt und sich auch im Radstand um zwei Zentimeter streckt, wird der neue 500 trotz der neuen, dezidierten E-Plattform nicht zum Raumwunder. Ja, es gibt in der ersten Reihe mehr Freiheiten für die Füße und einen glatten Boden. Doch wer hinten sitzen will, muss bei 3,63 Metern Länge und 2,32 Metern Radstand weiter die Knie anziehen und die Ohren anlegen. Immerhin geht das Einsteigen jetzt leichter. Denn als neue Karosserievariante gibt es für ziemlich üppige 2.000 Euro Aufpreis nun den Fiat 500 3+1, der ähnlich wie sonst nur manche Pick-Ups, der avantgardistische BMW i3 und einst der Mazda RX-7 eine entgegen der Fahrtrichtung angeschlagene Fondtür ohne B-Säule bietet und den Hinterbänklern die Gymnastik erspart. Und gegen die beschränkte Kopffreiheit haben die Italiener natürlich ebenfalls eine Lösung: Wie eh und je gibt’s auch den elektrischen Fiat 500 als Cabrio, das exakt 3.000 Euro über dem Grundmodell liegt. 

Beim Fahren gibt sich der Fiat keine Blöße. Zwar ist die Lenkung etwas schwammig und trübt so die Freude am kleinen Wendekreis. Aber wie alle Stromer tritt er flott an, beschleunigt im besten Fall in 3,0 Sekunden auf 50 Sachen, hat nach weiteren 6,1 Sekunden Tempo 100 auf dem digitalen Tacho und darf zumindest bis zu 150 Sachen flitzen. Und auf Knopfdruck bremst er auch entsprechend stark. Denn fürs passende Fahrgefühl haben die Italiener gleich drei Drive-Modes programmiert: Im Standard-Betrieb näher am Verbrenner, rollt er beim Lupfen des Fahrpedals lässig aus und braucht zum Anhalten die mechanische Bremse.  Im Range-Betrieb dagegen wird so stark rekuperiert, dass man getrost mit einem Pedal fahren kann. Und wenns mal knapp wird mit der Reichweite, dann wechselt man auf „Sherpa“ und der Bordcomputer kappt nicht nur leidige Nebenverbraucher wie die Klimaanlage, sondern drosselt auch die Leistung.

In diese Bredouille sollte man allerdings selten kommen. Denn in der Standard-Version hat der Akku 42 kWh, mit denen der 85 kW starke E-Motor an der Vorderachse im Normzyklus bis zu 314 und in der Stadt sogar 447 Kilometer weit kommt. Danach kommt der 500er an die Steckdose und zieht seine Energie dort mit bis zu 85 kW: An der Schnellladesäule eingestöpselt, reichen ihm deshalb im besten Fall fünf Minuten für 50 Kilometer und 35 Minuten für die ersten 80 Prozent.

Allerdings gibt’s das erst zu Preisen ab 27.560 Euro (D). Wer dagegen das Basis-Modell kauft, kommt zwar nach Abzug der Förderung etwa auf den Preis der Benziner, kann den Fahrspaß aber wahrscheinlich vergessen. Denn dann hat der Motor nur 70 kW, das Tempo ist auf 135 km/h limitiert und die 23,8 kWh des Akkus sind nach spätestens 180 Kilometern leer. 

Bei allem Spaß am elektrischen Fahren und der Tatsache, dass es bei Fiat überhaupt man wieder etwas Neues gibt, ist der Fiat 500 E auf den ersten Blick ein ziemlich durchschnittliches Auto. Das ist zwar durchaus positiv gemeint. Aber anders als der extrem wendige Twingo Electric, der besonders geräumige Honda e oder der ungeheuer agile Mini Cooper SE, kann der kleine Italiener kein Alleinstellungsmerkmal aufweisen und ist damit ebenso gewöhnlich wie etwa die elektrischen Varianten von Opel Corsa oder Peugeot 208. Zumindest, bis man etwas genauer hinschaut und viel italienisches Lebensgefühl entdeckt: Nicht nur, dass die Begrüßungsmelodie lebenslustiger ist und beim Erreichen von 20 km/h sogar eine Hymne aus einem Fellini-Film ertönt. Selbst in die Gummimatten in den Ablagen zaubern einem ein Lächeln ins Gesicht: Denn in der Handyladeschale zeigt sie die Skyline von Turin und in den Türen die Silhouette des originalen 500ers aus den Fünfzigern – so bringen die Italiener tatsächlich etwas Dolce Vita auf die Electric Avenue.

Zwar wirkt der Fiat 500 durchdacht und, wenn man von dem wie bei allen Akku-Autos nur durch die Subvention konkurrenzfähigen Preis einmal absieht, auch ziemlich überzeugend. Doch so ganz trauen die Italiener der Mobilitätswende offenbar noch nicht und wollen sich deshalb nicht alleine auf den Stromer verlassen. Stattdessen bauen sie den aktuellen 500er mit seinen Benzinern einfach auf unbestimmte Zeit parallel weiter. 

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