Der PKW verliert bei jungen, vor allem urbanen Menschen an Bedeutung. Mercedes macht mit der neuen A-Klasse vor, wie man Generation X und Y zurück ins Boot holt – oder halt ins Auto.
Text: Maximilian Barcelli
Es ist nicht lange her, da begeisterte Mercedes überwiegend Menschen im vorletzten bis letzten Lebensquartal und nur solche konnten sich auch einen leisten. Zweiteres hat sich bis heute so gehalten, bei ersterem ist es den Schwaben gelungen, einen kompletten 180-Grad-Drift hinzulegen. Der erreicht jetzt, nach unzähligen Gangster-Rappern in AMGs, in der neuen A-Klasse seinen Höhepunkt.
Wobei; so neu ist die vierte Generation inzwischen auch nicht mehr. Seit 2017 ist der kleinste Stern in der Benz-Galaxie schon wieder am Markt. Trotzdem ist er punkto Konnektivität und Multimedia seiner teilweise frischeren Konkurrenz überlegen. Das hochmoderne, hochwertige und liebevoll designte Interieur verblüfft. Voraussetzung: Man zieht eine Smartwatch einer klassischen Uhr vor, Termine sind in einer App notiert, nicht im Taschenkalender und die aktuellen News über Kryptowährungen werden natürlich via E-Paper gelesen. Kurzum; Wer sich für Digitales begeistern kann, wird die Mercedes A-Klasse lieben.
Weil der Widescreen (subjektiv) optisch einfach was hermacht. Weil Sprachbefehle in der Regel tadellos umgesetzt werden. Weil die Anzeigen unzählig individualisiert werden können. Und weil das ganze System durchdacht und vernetzt ist. Routenziel-Eingaben, beispielsweise, können über vier verschiedene Bedienelemente gesetzt werden. Entweder sprachlich, mit dem rechten Touchpad am Lenkrad, dem Touchpad am Mitteltunnel oder direkt via Berührungen am Screen. Braucht kein Mensch, weil du sowieso alles mit dem Haupttouchpad exerzierst? Vielleicht präferiert ein anderer A-Klasse-Fahrer aber die Sprachsteuerung und ein weiterer toucht lieber beherzt am Display rum. Der Clou an der brandneuen A-Klasse ist nämlich dieser: Du kannst alles, musst aber nicht und wirst auch nicht.
Man könnte sich ewig in die digitale Welt der Mercedes A-Klasse vertiefen; sich über das Zusammenspiel von Karte und Kamera beim Navigationssystem erfreuen (wenn man beispielsweise an einer Kreuzung abbiegen muss, wird am Display das Bild der Frontkamera mit Pfeilen, die den richtigen Weg weisen, angezeigt), sich in Details verlieben, wie die beleuchteten Luftdüsen, die beim Heizen rot, beim Kühlen blau aufleuchten oder simpel die hohe Qualität der Materialien und die fabelhafte Verarbeitung genießen. Doch da war doch noch was. Irgendwas, dass die A-Klasse auch für Digitalisierungs-Muffel interessant macht. Irgendwas im Namenszusatz. Irgendeine … Zahl? Ach ja! 250.
Denn diese A-Klasse ist nicht nur punkto Multimedia, Materialien und Optik von Kopf bis Fuß ausgestattet, sondern auch motorisch. 250 bedeutet zwar nicht mehr 2,5 Liter Hubraum und auch nicht 250 PS, aber man ist jeweils knapp dran. Hinter der Bezeichnung versteckt sich ein zwei Liter großer Vierzylinder, der 224 PS an die Vorderachse (oder auf Wunsch an alle vier Räder) abdrückt. Somit ist der 250er die stärkste Motorisierung abseits der AMG-Derivate. Für die Kraftübertragung sorgt ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Pfeilschnell, aber nicht unkomfortabel werden die Stufen durchgeschnalzt.
Der Motorsound ist brummig, nicht prollig und wird selbstverständlich von einem prächtigen Vortrieb begleitet – oder umgekehrt. In nur 6,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h? Unterschreiben wir! Spitzentempo von 250 km/h – und zwar lockerflockig aus der Hüfte? Unterschreiben wir! Ein Verbrauch von 6,5 Liter? Eher nicht so. Er ist schon ein durstiges, kleines Kerlchen, der Mercedes A 250. Ein Verbrauch von rund neun Litern bedarf keiner Messer-zwischen-den-Zähnen-Fahrweise. Zu so einer Fahrweise animiert der stärkste Benz-A aber auch nicht. Die Lenkung ist präzise, das Fahrwerk schafft auch bei Tempo 220 plus vertrauen, die Bremsen sind solide, aber irgendwie will man im Mercedes A 250 nicht so recht. Nicht falsch verstehen: Man nimmt die Landstraße schon gerne in Angriff, aber man tut das eher smooth, schön auf der Ideallinie, gerade so, dass sich die Elektronik entspannen kann und nicht mit quietschenden Reifen und Dauerfeuer seitens ESP und ABS. Passt irgendwie besser zum Wesen des A 250.
Kritikpunkte? Gibt es. Zum einen der Spurhalteassistent, der zu garstig eingreift. Was vor allem bei deutschem-Autobahn-Tempo weniger witzig ist. Und zum anderen – wer hätte damit gerechnet? – der Preis. Mit den ursprünglichen 42.710 Euro hat so ein bestens ausgestatteter A250 nicht mehr viel zu tun. Wer eine S-Klasse im Kompaktsegment möchte, muss viel Tinte bei der Konfiguration und viel Bares bei der Bezahlung bereithalten. Aber das gehört so, sonst hätte es ein VW Golf, Kia Ceed oder Ford Focus auch gemacht. Bei der A-Klasse MUSS es einfach ein bisserl mehr sein.