Es gibt Bewegung an der Bus-Haltestelle: Während VW und Mercedes mit Multivan, Transporter und ID. Buzz auf der einen und V-Klasse und EQV auf der anderen Seite um die Meinungshoheit ringen, gibt Ford den lachenden Dritten. Denn schon bislang sind die Kölner mit dem Doppel von Transit und Tourneo der unangefochtene Marktführer – und wenn die beiden jetzt mit neuem Design, noch praktischerem Innenleben und einer Antriebspalette für die alte wie die neue Welt in die nächste Runde gehen, spricht vieles dafür, dass es auch so bleiben wird.
Fotos: Ford
Selbst die komplizierte Nomenklatur dürfte daran nichts ändern. Denn irgendwann werden sich die Kunden schon daran gewöhnen, dass Kastenwagen und Kombi als Transit Custom verkauft werden, während die Modelle mit mehr Nähe zum PKW als Tourneo Custom beim Händler stehen. Und wenn nicht, hilft der Preis als Unterscheidungsmerkmal – schließlich startet der Kastenwagen mit bestenfalls knapp sechs Kubikmetern Ladevolumen und 1,3 Tonnen Nutzlast bei 42.305 Euro, während für die Großraumlimousine mit bis zu neun Sitzplätzen mindestens 50.992 Euro fällig werden.
Zu erkennen ist die Neuauflage an einem Design, das im Rahmen der bei Nutzfahrzeugen spürbar stärker limitierten Möglichkeiten ein wenig eleganter und vor allem effizienter geworden ist, weil der cw-Wert um bestenfalls 15 Prozent gesenkt wurde. Und weil Transit und Tourneo auf einer neuen Plattform stehen, specken die beiden auch jeweils etwa zwei Zentner ab.
Wichtiger sind aber die Änderungen im Innenraum. Schließlich ist der Kleinlaster für viele eher Arbeitsplatz und Wohnraum als nur Transport-Mittel. Deshalb hat Ford die Inneneinrichtung wie im Büro oder im Wohnzimmer buchstäblich aufgemöbelt: Die Materialauswahl ist bei allem kunststofforientierten Kostenbewusstsein wieder ein wenig feiner geworden, es gibt ein digitales Cockpit mit großem Touchscreen samt 5G-Modem und Alexa als Sprachassistent, man kann in jeder Ecke mit oder ohne Kabel sein Smartphone laden und vor allem gibt es Ablagen ohne Ende – darunter nun auch ein Handschuhfach groß genug für A4-Ordner und Türtaschen wie Hochregale. Und als wollten sie Skoda mit ihren Simply Clever-Ideen ausstechen, haben sie ein Lenkrad erfunden, das auf Knopfdruck zum Klapptisch wird. Zwischendurch mal an den Laptop oder das Essen vom Teller statt aus dem Sackerl? Zwei Handgriffe reichen und der Fahrer fühlt sich wie am Schreib- oder Küchentisch.
Das wird spätestens dann interessant, wenn Transit und Tourneo im nächsten Sommer erstmals mit E-Antrieb kommen und regelmäßig an die Steckdose müssen. Schließlich fährt der bis zu 218 PS starke Stromer 325 Kilometer weit und braucht dafür einen 64 kWh großen Akku – da sollte die Ladezeit für Mails und Mittagstisch reichen. Wem die Pausen zu lang sind oder die Fahrstrecke zu kurz ist, dem bieten die Kölner ihren Bestseller schon im Frühjahr auch aus Plug-In-Hybrid an, der in der Kombination von E-Maschine und einem 2,5-Liter-Benziner auf 218 PS kommt und mit einem knapp 12 kWh großen Akku immerhin 52 Kilometer weit stromert. Los geht es allerdings mit ganz konventionellen Dieseln, die immer vier Zylinder und 2,0 Liter Hubraum haben und im Transit von 110 bis 170 oder im Tourneo 136 bis 170 PS leisten.
Zwar rühmt sich Ford eines verfeinerten Fahrwerks mit Einzelradaufhänung nun auch an der Hinterachse und natürlich nehmen Parksensoren und Rückfahrkamera dem Rangieren mit dem 5,50 Meter langen Riesen den Schrecken – doch zumindest mit den Dieseln wähnt man sich am Lenkrad noch immer als Busfahrer und ist weit entfernt vom Galaxy-Gefühl.
Das liegt freilich auch am Blick in den Rückspiegel, der wahlweise eine Kiste für bis zu knapp sechs Kubikmeter und 1,3 Tonnen Ladung zeigt oder eine Kabine mit sechs Sitzen. Wenn die zwei Reihen in Fahrtrichtung sortiert sind und auch noch genügend Platz für die Koffer bleiben soll, fühlen sich auch die Hinterbänkler wie im Bus. Doch wer das flexible Schienensystem ausnutzt, sich im Stühlerücken übt und die Plätze Vis-a-Vis sortiert, der hat mehr Beinfreiheit als in jedem anderen Ford. Dazu noch der Sound aus der B&O-Anlage und die Sonne durch das riesige Panoramadach – dann macht sogar Busfahren plötzlich Spaß und man erkennt mit jedem Kilometer mehr, wie viel Transit und Tourneo auf dem Kasten haben.