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Hyundai Kona N: Wer bist du und was hast du mit dem Kona gemacht?

Wenn man, so wie wir, schon diverse Hyundai Kona gefahren ist – selbstzündende und auch vollhybridisierte, front- und allradgetriebene, es gibt ja einige – könnte man meinen, dass er einen nicht mehr überraschen kann, man auf alles vorbereitet ist. Eine Fehlannahme.

Flughafen Frankfurt, Ende Juli. Wie immer, oder zumindest wie immer, wenn kein Lockdown ist: Geschäftiges Treiben, und buntes auch. Wortwörtlich: In den Sommermonaten vermischen sich hier Anzugträger und Vielflieger mit Urlaubern, die von hier aus quer über die Welt verteilt werden. Und mittendrin: wir. Angereist zum Kona fahren. Der bereits in der Parkgarage wartet.

Eine erste Begutachtung. Mit dem Ergebnis, dass hier irgendwas nicht stimmt – und zwar mehr so: gewaltig. Da sind rote Akzente am Klein-SUV. Und scharfe Splitter. Mächtige Lufteinlässe, ein Spoiler am Dach. Vor allem aber: ordinär große Endrohre, die irgendwie so gar nicht nach semi-elektro oder selbstzündend ausschauen. Und aus denen es auch so gar nicht nach semi-elektro oder selbstzündend tönt beim Kaltstart.

Rote Akzente, fette Endrohre – sieht irgendwie so gar nicht nach dem Kona aus, den wir kennen.

Erst vor fünf Jahren hat Hyundai die N-Division ins Leben gerufen. Und mit dem i30 N gleich einen Volltreffer gelandet. Roh ist er, und laut. Schnell auch. Und das alles halt zu einem überaus fairen Preis. Nicht nur wir titelten „GTI-Killer“. Ein paar Jahre später nahm man dann den Polo in die Mangel, die neue i20-Generation wurde N-ifiziert, mit 200 PS, 1,6 Litern Hubraum, einem großartigen Fahrwerk und einer knackigen Sechsgangschaltung. Wieder einmal leisteten die Ingenieure unter Entwicklungschef Albert Biermann – ein Flüchtling aus der M GmbH übrigens – tolle Arbeit. Was unsere Erwartungshaltung natürlich nicht besonders flachhält, jetzt, wo wir hier in Frankfurt stehen – vorm neusten Produkt der N Division: dem Kona N.

Solide Materialienwahl, vernünftige Verarbeitung. Digital alles, was man braucht – mehr aber nicht.

Je nach Zählweise, ist der das dritte, vierte oder fünfte Fahrzeug, dem sich N-Division angenommen hat. So oder so, fest steht: Man weiß schon, was einen erwartet, also optisch: Außen setzt man auf Bekanntes, wie schon angesprochen. Innen genauso: Sportsitze, Sportlenkrad, Sport-eh-alles und dann noch ein paar babyblaue Akzente. Nur ein Schaltknauf fehlt. Stattdessen: Wählautomatikhebel. Für’s 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Weil der Kona-Fahrer offensichtlich nicht selber schalten will, selbst der Kona N-Fahrer.

Sportsitze dürfen freilich nicht fehlen.

Überhaupt fährt sich das anfangs mehr wie SUV denn Sportwagen, mehr Kona denn N. Das Fahrwerk? Klar, keine S-Klasse, aber fernab von knochentrocken. Der Sound? Kernig, aber nicht entfesselt. Die Lenkung? Angenehm leichtgängig. Gasannahme? Auch eher zahm. Und über Gangwechsel informieren eigentlich nur die digitalen Armaturen, die mit einem mehr klassisch denn sportlichen Design aufwarten. Selbst spüren tut man sie kaum. Hat die N Division für den Kona, weil halt doch SUV und nicht extrovertierte Knallerbse, also Radikalität rausgenommen? Und ist das dann überhaupt noch N? Die kurzen Antworten: Nein, keinesfalls und ja, absolut. Die lange folgt.

Es gibt zwei Knöpfe, sehr prominent am griffigen Lenkrad platziert, kaum zu übersehen im vermeintlich unschuldigen Baby-Blau. Drückt man sie, was wir getan haben, als wir den Flughafen hinter uns gelassen haben und am kurvigen Terrain des Taunus-Gebirges (oder besser: Taunus-„Gebirge“) ankamen, dann ist plötzlich Schluss mit zahm und Ende mit leichtgängig. Dann ist man im N-Fahrmodus, Feuer kommt in die Bude und der Kona N wird zu dem Auto, das er mit seinem Design vorgibt zu sein – in wirklich allen Aspekten.

Wir lassen Frankfurt hinter uns und begeben uns ins Taunus-Gebirge, das für Österreicher bestenfalls eine Hügellandschaft ist.

Hat das Performance-SUV etwa gerade noch Bodenunebenheiten halbwegs gut geschluckt, ist man sich jetzt nicht mehr ganz so sicher, ob da überhaupt irgendwo Dämpfer verbaut sind. Meine Fresse, ist das kompromisslos hart! Eigentlich schon too much, zumindest für die Landstraße, selbst für eine westdeutsche. Keine Ahnung, wie man das zum Beispiel auf postsowjetischen Straßen aushalten soll, in denen noch keine EU-Fördergelder geflossen sind. Also solche mit Schlaglöchern der Marke Meteoritenkrater.

Hyundai bietet Abhilfe. Nicht nur, dass man zwischen den Modi Eco, Normal, Sport und N wählen kann. Die Komponenten lassen sich auch einzeln verstellen – und dann abspeichern. Der Fahrmodus nennt sich N-Custom und ist flott mit den N-Tasten am Lenkrad zu erreichen.

Mit den N-Buttons kommt man in die Fahrmodi, die besonders Spaß machen. Der rote Knopf lässt ein paar Pferden mehr freien Lauf.

Apropos Lenkrad: Dort findet man auch noch einen roten Knopf. Ist der aktiviert, dann wirft der aufgeladene 2-Liter-Vierzylinder für 20 Sekunden noch ein paar PS und Nm mehr in den Ring, ähnlich wie bei Porsche. Wobei die 280 PS und 392 Nm eigentlich eh mehr als genug sind, das zieht schon gut nach vorne, da ist Druck in jeder Lebenslage vorhanden. Der 100er fällt nach 6,4 Sekunden. Wobei auch das, wie die Leistung, nicht endgültig ist. Mit aktivierter Launch-Control packt er Landstraßentempo in nur 5,5 Sekunden. Für die Funktion braucht’s übrigens kein Extra-Paket mehr, die ist immer mit an Bord.

Druck in jeder Lebenslage.

Fix gesetzt ist eigentlich nur die Maximalgeschwindigkeit: Bei 240 km/h ist Schluss. Bis Tempo 220 marschiert er jedenfalls anstandslos nach vorne, mehr hat dann der Verkehr nicht zugelassen. So schnell wie er angemessenes Reisetempo für die deutsche Autobahn erreicht, so schnell baut er die Geschwindigkeit auch wieder ab – die Bremsen lassen keine Wünsche offen.

Der Tacho geht zwar bis 300 km/h, dafür muss es aber schon steil bergab gehen.

Die Lenkung lässt sich ebenfalls separat verstellen, kann leicht- bis mittelschwergängig und gibt auch ordentlich Feedback. Man weiß, was die Vorderräder tun – oftmals durchdrehen, zumindest im ersten Gang. Die Krafteinflüsse sind trotz elektronischer Sperre schon zu spüren, aber das passt schon, ist nicht tragisch. Und er pickt natürlich trotzdem am Asphalt, nicht zuletzt dank der großartigen Reifen (Pirelli P-Zeros). Wirklich beeindruckend und irgendwie auch ein bisschen komisch, das so hoch im zweiten Stock auszukosten.

Ganz anders als noch zuvor im Komfort-Modus arbeitet jetzt auch das achtgängige Doppelkupplungsgetriebe. Statt geschmeidig die Stufen zu wechseln, knallt es den nächsten Gang rein, wild und mit einem ordentlichen Ruck, fast als wäre es irgend so sequentielles Rallye-Getriebe. Man kann das Schalten übrigens selbst übernehmen, was dank der wertigen Pedals auch richtig Spaß macht.

Richtig, richtig Spaß macht auch der Sound. Keine Ahnung, wie Hyundai das hinbekommt, aber während andere Hersteller am Ottopartikelfilter verzagen, klingt der Kona N grandios. Das ist laut, das ist giftig, das ist voluminös, das ist Popcorn. Und das ist auch ein bisschen prollig. Muss es aber nicht, weil man ja alles nach Belieben verstellen kann.

Ein bisserl nachgeholfen hat Hyundai mittels Soundgenerator zwar auch, aber so, dass man das nicht mitbekommt. Weil das Knallen aus den dicken Endrohren übertönt eh alles, da muss selbst der Radio schon auf einer Lautstärke sein, die jedem Ohren-Arzt die Tränen über die Backerln kullern lässt. Apropos: Infotainment? Gibt’s natürlich. Sogar mit Touch und AppleCar und Navi und so weiter. Nur, falls es jemanden interessiert.

Für dieses wirklich hervorragende Gesamtpaket löhnt man in Österreich mindestens 44.990 Euro. Da ist dann aber schon alles mit an Bord, abgesehen vom Schiebedach und einer fetzigeren Lackierung. Alternativen? Gibt’s eigentlich keine. Der Puma ST? Eine Nummer schwächer. Die Power-SUVs aus dem VW-Konzern? Alle mit Allrad, alle preislich in einer anderen Liga. Und die Premium-Dinger von Benz und BMW? Preislich keine andere Liga, sondern: anderer Sport.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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