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Mazda CX-60: Zu Höherem berufen

Von wegen Graue Maus und gesichtslose Allerweltsmarke: Wenn es unter den Japanern einen Hersteller gibt, der sich weder von der Masse vereinnahmen lässt noch von der Mode, dann ist das Mazda. Denn vom Wankel bis zum Diesotto folgen sie in Hiroshima seit jeher ihrem eigenen Pfad – und der soll jetzt weiter nach oben führen. Während Toyota, Nissan, Honda und jetzt sogar die Koreaner für den Sturm ins Oberhaus eigene Luxusmarken aufgelegt haben, nimmt Mazda nun selbst die Premium-Liga ins Visier und gönnt sich ein neues Flaggschiff. Denn wenn im Sommer zu Preisen knapp unter 50.000 Euro (D) der CX-60 in den Handel kommt, wird der nicht nur zum Nachfolger der seligen 6, der so langsam aufs Altenteil rollt und im klassischen Dreiklang aus Limousine, Fließheck und Kombi wohl nicht mehr erneuert wird. Sondern als ebenso stattliches wie schnittiges Crossover von 4,75 Metern Länge steigt der CX-60 mindestens eine Klasse auf und wird so zum Herausforderer für Modelle wie den Volvo XC60, den Audi Q5 und sogar den Mercedes GLC.

Den Mazda 6 haben die Bestandskunden dabei schnell vergessen. Nicht nur, weil der CX-60 als Crossover natürlich besser in die Zeit passt und nicht mehr ganz so spießig nach Sparkassenfilialleiter aussieht. Sondern vor allem, weil das neue Flaggschiff reichlich Platz bietet: Bei 2,87 Metern Radstand fährt man auch in der zweiten Reihe wie in der ersten Klasse und der Kofferraum kann es mit jedem Kombi aufnehmen: 570 Liter bei aufrechter und 1.726 Liter bei umgelegter Rückbank muss man jedenfalls erstmal voll machen – und dafür ziemlich lange in den Urlaub fahren. 

Während das Design wenig überraschend ist, Mazda außen auf seine liebgewordenen Kodo-Konturen setzt und drinnen lieber hübsch japanische Handwerkskunst inszeniert statt riesiger Tablet-Tapeten, bietet der Blick unter die Haube eine neue Erkenntnis. Denn zum ersten Mal in einem europäischen Mazda-Modell ist dort ein Plug-in-Hybrid installiert. Der kombiniert einen 2,5 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 191 PS mit einem 100 kW starken E-Motor und einer Batterie von 17,8 kWh und macht den CX-60 zu einem Auto der Extreme. Denn auf der einen Seite ist er mit einer Systemleistung von 327 PS das bislang stärkste Straßenauto aus Hiroshima, beschleunigt in 5,8 Sekunden auf Tempo 100 und hat das Zeug zu weit mehr als den 200 km/h, bei denen die Elektronik den Stecker zieht. Und auf der anderen Seite fährt er rein elektrisch bis zu 140 km/h schnell, kommt auf eine WLTP-Reichweite von 63 Kilometern und ist auf dem Prüfstand mit 1,5 Litern zufrieden. Vom rein elektrischen CX-30 abgesehen, war bislang kein Mazda sparsamer. Dazu gibt’s eine ebenfalls neue Achtgang-Automatik mit einer neuartigen Eingangskupplung anstelle des hydraulischen Wandlers und für alle Modelle serienmäßig einen intelligenten Allradantrieb.

Neu ist auch die Instrumentierung – selbst wenn Mazda hier ebenfalls mit dem Trend bricht und nicht das gesamte Cockpit mit Bildschirmen zupflastert. Doch wie es sich für ein Flaggschiff gehört, sind die Displays im CX-60 ein bisschen größer, die Head-up-Projektion ist moderner und die Elektronik verständiger. So erkennt der CX-60 jetzt zum Beispiel seinen Fahrer mit einer Kamera und stellt neben Sitzen, Lenkrad und Spiegel auch schon Soundsystem und Klimaanlage im vorauseilenden Gehorsam auf ihn ein. 

Ja, auf den ersten Blick ist der CX-60 doch nur ein Mazda für den Mainstream und trotz der 63 Kilometer elektrischer Reichweite als Plug-in-Hybrid nicht mal ein besonders konsequenter. Denn wenn sie es ernst meinen und den aktuellen Trends wirklich hinterher hecheln würden, müssten sie ihr neues Flaggschiff gleich ganz elektrifizieren. Doch auf den zweiten Blick geht Mazda eben auch beim CX-60 wieder seinen ganz eigenen Weg. Denn statt noch mehr Akkus einzubauen und so die elektrische Reichweite zu erhöhen, spendieren die Japaner dem Crossover lieber noch ein paar Zylinder: Eigens für ihre neue Oberklasse-Plattform haben sie deshalb zwei neue Reihensechser entwickelt – und leisten sich neben einem frischen Benziner sogar noch einmal einen nagelneuen Diesel. Das würde sie sich aktuell wohl nicht mal bei Audi oder Mercedes trauen.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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