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Citroen C4: Gemütlicher Aufruhr

Lieber Klasse als Masse: So hat Citroen zwar den ein oder anderen Mainstream-Kunden verloren, dafür aber den Ruf des Avantgardisten unter den Volumenherstellern gewahrt. Dem werden die Franzosen jetzt wieder gerecht. Denn wenn in diesen Tagen zu Preisen ab 23.336 Euro (D) der neue C4 an den Start geht, ist der zwar nicht mehr ganz so unkonventionell und stachelig wie sein Vorgänger Cactus, stempelt den Golf aber als schmuckes SUV-Coupé trotzdem zu einem gähnend langweiligen Auto. 

Das gilt nicht nur für das Karosseriedesign mit dem bulligen Unterbau und dem schnittigen Dach, das lediglich um die Heckleuchten herum eher albern als avantgardistisch wirkt. Sondern auch für den Innenraum. Das digitale Cockpit mit dem freistehenden Bildschirm daneben kennt man zwar aus anderen Modellen des PSA-Konzerns, doch das Ambiente hat nach wie vor seine ganz eigene Note: Rautenförmige Lüfterdüsen, Sitze, die gerne Sessel wären, und eine Rückbank wie ein Sofa machen einen vornehmen Eindruck, selbst wenn sich die Kunststoffe unter ihrer phantasievollen Narbung bisweilen ein wenig billig anfühlen.

Den Preis für den Nonkonformismus der Designer zahlen vor allem die Hinterbänkler. Denn obwohl der C4 stolze 4,36 Meter misst, sind die Platzverhältnisse im Fond eher verhalten. Die Beinfreiheit ist bei 2,67 Metern Radstand allenfalls durchschnittlich, beim Einsteigen muss man den Kopf einziehen, und die flach abfallende Heckscheibe schleift bisweilen am Haupthaar. Immerhin fasst der Kofferraum solide 380 Liter. 

Aber das Denken abseits der ausgetretenen Pfade hat auch seine Vorteile – die man zum Beispiel vor dem Beifahrer bewundern kann: Wo andere nur ein schnödes Handschuhfach haben, surrt hier eine Tablet-Halterung aus der Konsole und macht dem Sozius das Surfen leicht – fehlt nur noch der passende Stromanschluss. Dafür gibt’s allerdings gleich noch eine Art Schublade, in der das Tablet beim Parken verschwindet. Und darunter reicht es trotzdem noch für ein riesiges Staufach, so dass sich die Ablagen im C4 insgesamt auf 39 Liter summieren.

Basis für den neuen Vorstoß in der Kompaktklasse ist die bewährte CMP-Plattform, die im PSA-Konzern bereits breite Verwendung findet – zuletzt zum Beispiel beim Opel Corsa und demnächst beim Mokka. Deshalb ist die lange Liste der Assistenzsysteme von der Abstandsregelung bis zur aktiven Spurführung keine Überraschung und man wundert sich allenfalls noch über das altbackene Head-Up-Display mit der Kunststoffscheibe zum Ausklappen. 

Und auch die Dreifaltigkeit der Antriebe kommt einem sattsam bekannt vor: Nach dem Motto „The Power of Choice“ bedienen die Franzosen alle Fraktionen und bauen Diesel genauso ein wie Benziner und E-Motoren. 

Bei den Öltankern setzen sie auf einen Vierzylinder mit 1,5 Litern Hubraum und 110 oder 130 PS und bei den Otto-Motoren auf einen Dreizylinder von einem Liter Hubraum und 100, 130 oder bald 150 PS. Und wie die allermeisten PSA-Premieren der letzten Monate parkt auch der C4 auf Wunsch an der Ladesäule: Genau wie Corsa-e & Co fährt er dann mit einer 136 PS starken E-Maschine und einem 50 kWh großen Akku bis zu 350 Kilometer weit und erreicht dabei Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h. Für die Verbrenner lobt Citroen dagegen bis zu 210 km/h aus und kommt auf Normwerte von bestenfalls 4,8 Litern. Geschaltet wird dabei von Hand oder automatisch mit acht Gängen und auch wenn der C4 nach SUV aussieht, bleibt es beim Frontantrieb. 

Wobei das Fahren ohnehin eher Mittel zum Zweck ist im Citroen und sich die Franzosen gar nicht mit der forschen Gangart ihrer Konkurrenten messen wollen. Sondern von der 1,5 Zentimeter dicken Polsterung auf den Sitzen bis zum Aktiv-Fahrwerk mit hydraulischem Anschlag oder der betont leichtgängigen Lenkung ist alles auf kuscheligen Komfort ausgelegt und der C4 macht eher auf Laissez-Faire als auf Leistungsdruck. 

Den hat dagegen Markenchef Vincent Cobée, der sich mit der Rückkehr ins noch immer größte Segment des Europäischen Marktes mit Golf & Co genauso anlegen muss wie mit dem Tiguan. Doch an Zuversicht mangelt es dem Franzosen deshalb nicht: „Mit dem neuen ë-C4 und dem neuen C4 rüstet sich die Marke für ein starkes Comeback in dieser wichtigen Klasse.“ Dabei baut er nicht zuletzt auf reichlich Erfahrung von über 12 Millionen Autos und bald 100 Jahren. Denn den ersten C4 haben die Franzosen bereits 1928 präsentiert. Da war nicht nur der Golf noch nicht erfunden, sondern selbst vom Käfer war da noch keine Rede. Und von Volkswagen auch nicht. 

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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