Hyundai N – Die Zukunft wird wild
Was für BMW die M-Autos und für Mercedes die von AMG, das sind für Hyundai die N-Modelle. Denn nachdem sich die Koreaner vor ein paar Jahren Albert Biermann, den einstigen Entwicklungschef der Münchner M GmbH geangelt haben, gibt es auch dort einen sportlichen Ableger, der benannt ist nach dem Entwicklungszentrum in Namyang und nach dem Nürburgring und mit seinen hellblauen Sportmodellen ordentlich für Furore gesorgt hat. Doch genau wie die deutschen Werkstuner suchen auch die Koreaner einen Weg in die (elektrische) Zukunft, und kurz bevor Biermann sich in den Ruhestand verabschiedet hat, hat er dafür noch den Kurs abgesteckt. Wie der aussieht, haben die Koreaner jetzt bei einem N-Festival in Busan verraten und dabei mehr Konsequenz bewiesen, als es aktuell die Kollegen in Deutschland tun.
Fotos: Hersteller
Denn während die Bestätigung eines Ioniq 5 N als erstem elektrischen Serienmodell für das nächste Jahr noch keine große Überraschung ist und auf einem Level liegt mit nachgeschärften Serienmodellen wie einem iX M60 bei BMW oder einem EQE 53 bei AMG, will Hyundai künftig noch ein gutes Stück weiter springen und dafür die Brennstoffzelle in die Boxengasse holen.
Was von den kommenden N-Modellen zu erwarten ist, zeigen die Koreaner mit zwei Showcars, die viel mehr als klassische Designstudien sein sollen. Eher führt Hyundai die Technologieträger als „Rolling Labs“, die nicht nur im Rampenlicht glänzen wollen, sondern sich auch auf der Rennstrecke bewähren und so den Entwicklern als Werkzeug dienen müssen. Denn ihre Serienproduktion ist mehr oder minder fest eingeplant.
Als Vorbote des Ioniq 5 N ist da zunächst mal der Prototyp mit dem kryptischen Kürzel R22Ne, der sich allerdings unter der schnittigen Stromlinien-Karosse des gerade vorgestellten Ioniq 6 tarnt. Doch weil beide Autos ohnehin auf der gleichen E-GMP-Plattform stehen und die Flügel hier wie dort dran geschraubt werden können, zählt diesmal vor allem das Innenleben. Und das hat es buchstäblich in sich: zwei Motoren mit zusammen 430 kW/585 PS und 740 Nm machen den knapp fünf Meter langen Flachmann zu einem veritablen Taycan-Konkurrenten, der in deutlich unter vier Sekunden auf Tempo 100 schießen und weit mehr als 250 km/h schaffen sollte. Dazu gibt’s ein ausgefuchstes Torque-Vectoring, ein auf dem Nürburgring abgestimmtes Fahrwerk sowie den bekannten Akkupack mit 77,4 kWh und 800 Volt-Architektur, der bei dieser Performance für runde 400 Kilometer reichen sollte und danach im besten Falle binnen einer Viertelstunde wieder zu 80 Prozent voll ist.
Sehr viel spannender allerdings ist der zweite Technologieträger, mit dem Hyundai seine Hommage an die Gründertage der Marke fortführt. Denn so, wie sich der Ausblick auf den Ioniq 5 am ersten Pony von vor 45 Jahren orientiert hat, zollen die Koreaner nun mit dem „N Vision 74“ jenem legendären Pony Coupé Tribut, das Giorgetto Giugiaro als Studie im Jahr 1974 enthüllt hat. Dabei begeistern sie nicht nur mit einem atemberaubenden Design, das den Zweitürer zum würdigen Nachfolger des DeLoreans aus „Zurück in die Zukunft“ machen würde. Sondern sie treiben es auch unter der kantigen Karosse aus blank poliertem Blech so wild, wie es sich für einen unerschrockenen Sportableger geziemt. Denn um die N-Division auf der Electric Avenue in die Pole Position zu beamen, bauen sie zur Batterie auch noch eine Brennstoffzelle ein und bündeln damit an Bord so viel Energie, dass es für zwei Heckmotoren mit zusammen 500 kW/680 PS reicht. Und der koreanische Donnerkeil sieht nicht nur schnell aus, sondern soll auch so fahren: 250 km/h jedenfalls sind für ihn keine ernsthafte Hürde.
Gespeist wird das Powerpack aus einer bis zu 95 kW starken Brennstoffzelle mit einem Tank für 4,2 Kilo Wasserstoff und einer Batterie mit 62 kWh, so dass für die Raserei immerhin 600 Kilometer Reichweite zusammen kommen sollen. Für ein 24-Stunden-Rennen ist das zwar noch ein bisschen wenig. Doch für ein paar Runden auf der Nordschleife sollte das schon mal reichen.