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Porsche Cayenne Turbo GT: Pfeffer im Überfluss

Zwar ist Porsche von allen Sport- und Luxusmarken bei der Elektrifizierung bereits am weitesten fortgeschritten und selbst der Cayenne, der wie einst der Hummer gerne als Erzfeind der Klimaschützer herhalten muss, bietet mittlerweile mehr Plug-In-Varianten als die Konkurrenz. Doch weil der Ruf des großen Geländewagens ohnehin ruiniert ist und weil es Teile der Welt gibt, in denen die Uhren noch anders gehen, lässt es Porsche in dieser Baureihe jetzt – vielleicht zum letzten Mal – noch einmal richtig krachen und legt zum Herbst den ersten Turbo GT auf.  Und weil der mehr sein soll als nur ein Marketing-Mysterium, gibt’s zum neuen Namen und dem nachgerschäften Design gleich auch noch den stärksten V8, den die Schwaben bislang auf die Straße entlassen haben. Natürlich ist der schlecht für den Flottenverbrauch und fürs grüne Gewissen, doch stützt er das Image der Vollgas-Marke und spült obendrein auch ein wenig Geld in die Kasse – schließlich kostet die ausschließlich als Coupé lieferbare Wuchtbrumme stolze 254.338 Euro.

640 PS und 850 Nm stehen jetzt im Datenblatt des 4,0 Liter großen Achtzylinders, das sind 90 PS und 80 Nm mehr als beim aktuellen Cayenne Turbo und zum Plug-In des Turbo S E-Hybrid fehlen jetzt nur noch 40 PS. Vor allem aber sind es 40 PS mehr als beim Audi RS Q8 und nur noch zehn weniger als beim Lamborghini Urus – und nachdem deren V8-Motor zusammen mit dem Cayenne-Triebwerk in Zuffenhausen gebaut wird, war das für die Porsche-Mannschaft eine Frage der Ehre. „Wir wollten mit diesem Auto noch einmal einen Leuchtturm aufstellen“, sagt Entwickler Rico Löscher und lässt keinen Zweifel daran, wem sie damit Heimleuchten wollten.

Nur 3,3 Sekunden für den Standardsprint und eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h – diese Werte sind schon beeindruckend. Aber wenn man sich hinter das Steuer setzt, kommt man aus dem Staunen kaum mehr heraus: Das stattliche das Gewicht scheint sich zu verflüchtigen und die Gesetze der Physik sind vergessen, sobald auch nur ein Schatten des kleinen Zehs aufs große Fahrpedal fällt. Während der Titan-Auspuff hochfrequent dröhnt und sich das matte Silber der beiden imposanten Rohre blau färbt, stürmt der Cayenne davon wie ein wütendes Nashorn, das sein Horn in das Heck jedes SUV rammen möchte, das sich vor ihm auf die linke Spurt getraut hat – den Urus inklusive. Solange man nicht auf einer seeehr seeeehr langen Gerade auf einer leeren Autobahn oder noch besser auf der Döttinger Höhe unterwegs ist, wo der Lamborghini tatsächlich die etwas höhere Endgeschwindigkeit ausfahren kann, lässt sich der Porsche nicht abschütteln, sondern zieht mit einem trotzigen Grinsen vorbei. 

Und da Porsche an nichts gespart hat und diesen Cayenne mit allen dynamischen Features aus dem Regal in Weissach bestückt hat, ist dieser Wagen nicht nur auf der Geraden schnell. Die Dreikammer-Luftfederung, die 15 Prozent steifer ist und 7 Millimeter tiefer liegt als beim GTS, die dynamische Fahrwerksregelung, das Torque Vectoring und die Hinterradlenkung helfen, selbst eine enge Strecke wie das Infield von Hockenheim gut zu meistern. Während die maßgeschneiderten Pirelli P Zero Corsa auf den 22-Zoll-Rädern schreiend ihre Spuren auf dem Asphalt hinterlassen, geht der Cayenne mit Leichtigkeit um die schärfsten Kurven, dreht sich in Haarnadelkurven, bleibt bei Sprüngen und Bodenwellen auf der Straße und die beeindruckenden, pizzatellergroßen Keramikbremsen haben einen Biss wie eine britische Bulldogge, die selbst die 2,2 Tonnen des Riesen kleinkriegt. Nicht, dass man ein solches SUV oft in der Boxengasse sehen wird. Und da die Auspuffrohre in der Mitte die Montage einer Anhängerkupplung verhindern, kommt er nicht einmal als Zugnummer für den Lieblingsrennwagen in Frage. Aber wer aus Versehen mal falsch abbiegt, der ist überrascht, wie scharf dieser Cayenne tatsächlich ist. Selbst wenn er diesen Brand bei gattungsgerechtem Einsatz alle 100 Kilometer mit locker 20 Litern vom guten Super Plus löschen muss.

Dass der Wagen nicht gerade politisch korrekt ist, weiß auch Löscher. Doch weiß er auch, dass ihm die Kunden nicht nur in den Emiraten und Russland, in Amerika oder China für den zivilen Ungehorsam im Kampf gegen die vollständige Elektrifizierung und den Trotz bei der Transformation dankbar sein werden. Und diese Dankbarkeit teuer bezahlen müssen. Und spätestens damit erklärt sich auch, weshalb es Autos wie dieses gibt. Denn der Aufpreis von etwa 50.000 Euro gegenüber dem herkömmlichen Turbo steht in keinem Verhältnis zum Aufwand, der in diesem Tuning steckt.

So gründlich die Schwaben bei der Entwicklung waren und so viel Herzblut sie hinein gesteckt haben, dient allerdings nicht jedes Detail tatsächlich der besseren Performance, sondern bisweilen auch nur dem protzigen Auftritt. Das gilt insbesondere für den markant vergrößerten Heckspoiler mit den seitlichen Flaps, den ein Ingenieur in erfrischender Offenheit als Blender outet: Weder zur Längs- noch zur Querdynamik leistet der einen Beitrag und die Techniker sind schon froh, dass er zumindest nicht stört. Doch einen positiven Nebeneffekt hat auch dieses Flügelwerk: Es macht den Turbo GT aus jener Perspektive unverwechselbar, aus der ihn die meisten anderen sehen werden: von hinten.

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