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Bentley Bentayga: Mehr Luxus, weniger Zylinder

Er war der erste seiner Art – und entsprechend erfolgreich. Denn als Bentley vor knapp fünf Jahren den Bentayga an den Start  gebracht hat, waren Geländewagen in der Luxusklasse noch eine Seltenheit und kein Standard. Doch die Briten haben ins Schwarze getroffen, und der Bentayga ist mit bis dato 20.000 Einheiten nicht nur das am schnellsten verkaufte Modell in der Firmengeschichte. Sondern er hat vom Lamborghini Urus über den Rolls-Royce Cullinan bis zum Aston Martin DBX reichlich Nachahmer auf den Plan gerufen. Damit der Vorreiter deshalb aber nicht plötzlich das Nachsehen hat, frischen die Briten ihren Bestseller jetzt zur Halbzeit gründlich auf und bringen zu Preisen ab 182.004 Euro (D) ein deutliches Update in den Handel.

Von Thomas Geiger

Sowohl beim Auftritt als auch beim Ambiente ist dieses Update ein deutliches Upgrade. Denn von vorne wirkt der Bentayga mit etwas ovaleren Scheinwerfern und größerem Grill noch präsenter und am komplett umgestalteten Heck mit den vom neuen Continental inspirierten, ebenfalls ovalen Rückleuchten sowie dem nach unten gerückten Kennzeichen fährt er der Konkurrenz weniger plump voraus.

Am meisten jedoch profitiert der  vornehme Vetter von Audi Q7 und Porsche Cayenne von seinem neuen Interieur: Es gibt endlich digitale Instrumente, die Lüftergitter wurden modernisiert und thronen als schmucke Skulptur über der Mittelkonsole, und auch wenn es darunter nicht wie im Continental die rotierende Toblerone mit Touchscreen, Zierkonsole oder Analoguhren gibt, haben die Briten wenigstens ein zeitgemäßes Infotainment eingebaut – kabellose Smartphone-Integration und Online-Anbindung mit eigener SIM-Karte inklusive.

Selbst an die Hinterbänkler haben die Briten gedacht – und trotz unveränderter Abmessungen endlich ein bisschen mehr Fußraum im Fond geschaffen. Dank neuer Sitze gewinnen die Passagiere in der zweiten Reihe für die Zehen zwischen vier und zehn Zentimetern und fahren entsprechend bequemer.

Während Bentley den Bentayga mit reichlich Zinnober garniert und so für das Ringen etwa mit dem brandneuen DBX wappnet, rüsten die Briten bei den Zylindern ab. Obwohl die Briten für den gesamten VW-Konzern den W12-Motor verantworten und  den Bentayga stets als schnellstes und stärkstes SUV gerühmt haben, bleibt der Zwölfzylinder erst einmal auf  der Strecke und der erst im letzten Jahr eingeführte Plug-In-Hybrid kommt später. Los geht es stattdessen ausschließlich mit dem vier Liter großen V8-Benziner aus dem Audi-Regal, der nahezu unverändert in die zweite Halbzeit fährt.

Zwar mag der Verlust des W12-Triebwerks das Ego mancher Fahrer schmerzen – und zugleich Rolls-Royce als künftig einzigen Anbieter eines Zwölfzylinder-SUV freuen. Doch dem Elan des Bentayga tut die Abrüstung keinen Abbruch. Schließlich sind 550 PS und 770 Nm zwei Pfunde, mit denen man kräftig wuchern kann. Selbst wenn es gilt, deutlich mehr als zwei Tonnen zu bewegen. Druckvoll und dank einer aktiven Klappensteuerung im Auspuff auf Knopfdruck auch entsprechend vorlaut kommt der Koloss in Fahrt und dehnt dabei gewaltig die Grenzen der Physik: Nicht nur die 4,5 Sekunden auf Tempo 100 und die 290 km/h bei Vollgas sind imposant. Sondern vor allem die Souveränität und Ruhe, mit der dieser feine Brocken seine Kräfte spielen lässt. Die aktive Wanksteuerung mit 48 Volt-Stellern, die Luftfederung und eine neuerdings zwei Zentimeter breitere Spur an der Hinterachse lassen den Wagen von Längs- und Querkräften schier unbeeindruckt so ruhig und gelassen dahingleiten, als säße man ein einem Reisebus – nur bei dreifacher Geschwindigkeit. Schwer vorzustellen, dass dies mit dem Zwölfzylinder noch sehr viel besser gehen würde.

Ob Verlust oder vernünftige Entscheidung – egal wie man den Abschied vom W12 auch wertet, haben wir Europäer uns den mit unseren strengen CO2-Vorgaben übrigens selbst zuzuschreiben. Denn in Regionen, wo die Gier nach Geltung größer und die Schadstoff-Hürden kleiner sind, wird der W12 als Bentayga Speed bald wieder angeboten.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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