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Infiniti Q30: Schaurig schön

Schaurig schön

Unterwegs im Infiniti Q30

Im nebelverhangenen Ottakringer Wald pirscht sich eine anthrazitgraue Erscheinung an. Die Augen bedrohlich leuchtend, das Maul weit aufgerissen, baut sich der Infiniti Q30 bullig vor seiner Beute auf. 211 Pferdestärken brüllen auf und das Auto prescht unhaltbar los…

Text: Jakob Stantejsky / Fotos: Eryk Kępski
Zugegeben: Der Alltag, den ich die letzten zwei Wochen im Infiniti Q30 verbringen durfte, stellt sich dann doch nicht so dramatisch dar, wie ich ihn soeben skizziert habe. Doch irgendwie muss ich diese schaurig schönen Fotos ja würdigen, die unser lieber Eryk geschossen hat. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um unsere schönsten Testautobilder des Jahres 2017. Das liegt aber keineswegs nur an der herrlich düsteren Stimmung an jenem nebeligen Novembertag, sondern vor allem am Q30 höchstselbst. Denn wie sein langbeiniger Bruder QX30 macht auch er eine ausgezeichnete Figur, egal, wo er steht. Schnittig und energisch, ohne jedoch in jenes Sicken-Kanten-und-Spoiler-Fieber vieler japanischer Kollegen zu verfallen, macht er auf lässige Art und Weise auf sich aufmerksam. Dennoch bleibt eine gewisse Erhabenheit, nennen wir sie Coolness, gewahrt, schließlich gehört auch der kleinste Infiniti – als Nobelmarke von Nissan – in die Oberklasse.
Dieser Anspruch besteht natürlich auch deshalb, weil der Q30 auf der Mercedes A-Klasse basiert, die ja mit ihrem neuesten Update zum Luxusflitzer werden wird. Doch in Japan ruht man sich wahrlich nicht auf den Lorbeeren des Kooperationspartners aus und verlegt im Innenraum gerne noch eine zusätzliche Portion dunkelgraues Alcantara mit violetten Ziernähten. Viele Schalter und Bedienelemente kennt man genau so und/oder ähnlich aus dem Stuttgarter Kompaktwagen – für manche mag das ein ideologischer Kritikpunkt sein, doch für die Insassen kann Mercedes-Technik nie von Nachteil sein. Ganz im Gegenteil: Ich fühle mich in „meinem“ Q30, der alle typischen Komfortstückerln spielt, sehr wohl und habe ihn im Laufe der letzten Wochen absolut lieb gewonnen. Die ebenfalls Alcantarabezogenen Sitze bieten Fauteuilkomfort, alles ist sehr wertig und gut verarbeitet. Einzig das Display könnte noch ein Bisschen moderner wirken, ebenso wie die Aufmachung des Infotainments. Aber die nächste Generation kommt bestimmt!
Außen fesch, innen gemütlich, das klingt doch schon mal vielversprechend. Doch wie schaut es mit den Fahrleistungen und dem entsprechenden Feeling aus? Wie eingangs schon erwähnt, ist der Infiniti Q30 tatsächlich sehr spritzig unterwegs und immer darum bemüht, den Fahrer möglichst sportlich unterwegs sein zu lassen, sofern dieser das wünscht. Im Sportmodus dreht die Automatik sowieso aus Prinzip mal bis zum bitteren Ende aus, doch auch im Ecomodus sind hohe Drehzahlen drin, wenn man beherzt aufs Gaspedal latscht. Per Schaltpaddles sortiert man außerdem die Gänge selbst, wenn einem danach ist. All das soll aber nicht heißen, dass der Q30 nur rotzen kann. Denn wenn ich mal entspannt dahingleiten wollte, hat der Nobelkompakte ebenso mitgespielt. Dann schaltet er schön früh und wir flowen so dahin. Kaum trete ich wieder durch, röhren die 211 Pferde des 2,0 Liter-Turbobenziners auf unprätentiöse Weise auf und das Sportfahrwerk spannt die Muskeln an. Sowohl in der Stadt als auch am Land ist man so für alle Lebenslagen gerüstet und hat auch noch eine nette Portion Spaß.

Einen Kritikpunkt gibt es jedoch beim Thema Autobahn. Zwar ist der Q30 auch hier cool und entspannt unterwegs, in dieser Hinsicht kann und würde ich mich nie beklagen. Doch der Wählhebel für den Tempomaten wurde augenscheinlich von einem ganz besonders talentierten Spezialagenten eingebaut. Er sitzt nämlich exakt hinter der linken Lenkradstrebe, wodurch man ihn original gar nicht sieht. Sofern man sich vor der Fahrt also nicht mit den Features auswendig vertraut gemacht hat, bleibt einem nur die liebe Probiererei übrig. Bei Autobahntempo nicht gerade sinnvoll. Nach ein paar Tagen hat man sich eh so weit eingearbeitet, dass der Tempomat blind zu bedienen ist, rein prinzipiell ist das Konzept aber zweifelhaft.
Unzweifelhaft ist jedoch, dass ich den Infiniti Q30 jederzeit wieder mit Vergnügen fahren würde. Der Motor macht Freude, ohne aufdringlich zu sein, das Interieur lädt zum Wohlfühlen ein und jedes Mal, wenn ich auf das geparkte Auto zugehe, erfreue ich mich von Neuem an seinem Sexappeal. Und genau so soll es doch gerade bei einem Alltagsfahrzeug sein, schließlich will ich nicht nur fortbewegt werden, sondern auch bewegt werden. Und genau das tut der Infiniti Q30 mit Bravour – mir laufen bei all der Freude fast schon Schauer über die Haut. Man könnte also beinahe sagen: Der Infiniti Q30 ist schaurig schön, im besten Sinne.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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