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Polestar 2: Zwei für alle Fälle

Polestar hat von Anfang an sein eigenes Konzept konsequent verfolgt, wenn es um den Polestar 2 ging. Drei verschiedene Antriebsvarianten, drei Zusatzpakete, eine Handvoll Lackierungen und zack – das war es eigentlich schon wieder. Der Kundschaft gefällts sichtlich, schließlich ist der Polestar gut vertreten im Straßenbild. Wir haben uns die E-Limousine als Long Range Single Motor und Long Range Dual Motor zu Gemüte geführt.

Fotos: Eryk Kepski

Beide Versionen haben Anfang letzten Jahres eine kleine Überarbeitung verpasst bekommen, bei dem sowohl die Batterie als auch die Leistung ein Stück angewachsen sind. Erstere fasst in beiden Modellen jetzt 82 statt 78 kWh, was natürlich auch der Reichweite auf die Sprünge hilft. Der Long Range Single Motor hat jetzt außerdem Hinter- statt Vorderradantrieb und ist mit 299 PS und 490 Nm Drehmoment deutlich muskulöser als zuvor. Laut WLTP schafft er es jetzt bis zu 654 Kilometer weit, bevor er an den Stecker muss. Der Long Range Dual Motor kommt da nicht mit, hier ist aufgrund des Allradantriebs und der höheren Leistung von 421 PS und 740 Nm Drehmoment nach 591 Kilometern Schluss. Gegen Aufpreis sind weiterhin 476 PS drin, wie gehabt. Allesamt sehr schöne Zahlen, sowohl für Vollgas-, pardon, Vollstrom-Enthusiasten als auch für jene, die ihren Alltag auch auf der Langstrecke elektrisch bewältigen wollen.

In der Praxis lassen sich die Reichweiten – wie üblich – nicht replizieren. Das liegt natürlich auch daran, dass wir die beiden Polarsterne mitten im Winter gerade so bei Plusgraden testen. Den Anfang macht der einmotorige Kollege, der uns bei vollgeladenem Akku immerhin rund 500 Kilometer verspricht. Im Betrieb zeigt sich, dass man das so vielleicht auch hinkriegen könnte, aber nur ohne große Autobahnfahrten. Ein ähnliches Bild zeichnet nach dem Tausch der Dual Motor, der von Anfang an rund 450 Kilometer prognostiziert. Auch hier: Im Pendel- und Stadtbetrieb ist das wohl möglich, von Wien nach München wird man es in der kalten Jahreszeit aber ohne Pause kaum schaffen – sofern man nicht zum Verkehrshindernis werden möchte. Unterm Strich aber dennoch sehr ordentlich, was die beiden Polestar 2 abliefern. über 400 Kilometer sieht man andernorts bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kaum, beziehungsweise fast nur bei deutlich teureren E-Mobilen.

Denn mit 53.490 und 56.990 Euro halten sich die Einstiegspreise für die beiden Stromer im Konkurrenzvergleich absolut in Grenzen. Allzu viel kommt da auch nicht mehr drauf, verglichen mit den viele zehntausend Euro langen Listen von BMW, Mercedes und Konsorten. Das Pilot Paket mit adaptivem Tempomaten, Pixel-LED-Scheinwerfern samt Abblendautomatik und Co. kommt auf 2.500 Euro, das Plus Paket mit Harman Kardon-Anlage, Panorama-Glasdach und feineren Sitzbezügen schlägt mit 4.800 Euro zu Buche. Wem das nicht genügt, der kann sich noch das Interieur mit Nappaleder vollklatschen lassen – um 4.500 Euro. Und dann bleibt abgesehen von der Lackierung eh nur mehr das Performance Paket für den Dual Motor übrig, das gegen einen Aufpreis von 6.500 Euro mehr Power, fettere Felgen und ein knackigeres Fahrwerk bietet.

Spaß hat man mit dem Polestar 2 so oder so. Er ist von vornherein schon deutlich straffer als die meisten anderen Elektroautos abgestimmt, ohne im Alltag unangenehm hart zu werden. Die Lenkung stellt man im Menü am besten sofort auf sportlich – da macht jede Kurve gleich doppelt viel Freude. Und die Sprintzeiten von 6,2 und 4,5 Sekunden auf 100 km/h können auch in der Realität zu hundert Prozent bestätigt werden. Das macht übrigens auch beim zwanzigsten Mal noch Laune. Zu gefallen weiß auch das Cockpit mit seiner supercleanen und ganz einfachen Optik. Ein Lenkrad mit ein paar Tasten, ein Wahlhebel für vorwärts, rückwärts und parken und ein Touchscreen, der mit vier Menüpunkten weitgehend auskommt. Hier findet sich jeder zurecht und das Auto wirkt weniger wie ein Computer und mehr wie ein Fortbewegungsmittel.

Der Polestar 2 macht mit einem oder zwei Motoren Sinn. Auch die Einsteigerversion mit der 69 kWh-Batterie hat sicher ihr Publikum. Welcher der der drei Schweden zu einem passt, muss jeder selbst entscheiden. Mit dem Long Range Single Motor bekommt man zweifellos einen der besten Elektro-Allrounder auf dem Markt im Moment. Und der Dual Motor gehört zu den spaßigsten Stromern diesseits von derzeit noch rar gesäten E-Supersportlern. In puncto Optik muss man sich keine Sorgen machen, seine Entscheidung zu bereuen. Denn die beiden Polestar 2 gleichen einander in der Basis wie ein Ei dem anderen.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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