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Singer Turbo Study: Der 964er Turbo blüht auf

Erlaubt ist, was schnell macht. Für Porsche-Puristen mag Rob Dickinson vielleicht ein Scharlatan sein. Doch wer seinen Elfer vor allem zum Spaß fährt und nicht als Geldanlage, der ist fasziniert von der einstigen Rockröhre, der seine Passion für Porsche zum Beruf gemacht und mit seiner Firma Singer längst mehr Ruhm geerntet hat als mit seiner Rolle als Sänger. Denn seit er vor gut zehn Jahren seinen ersten luftgekühlten 964er Porsche mithilfe moderner Technik und stärkerer Motoren flott gemacht hat, stehen die Fans bei ihm in Los Angeles Schlange und zahlen bereitwillig zum Teil mehr als eine halbe Million Dollar für seine liebevollen Restaurationen – wenn sie denn angesichts der langen Wartezeiten überhaupt zum Zuge kommen.

Jetzt dürfte die Liste wieder etwas länger werden. Denn Dickinson hat sich erstmals des Top-Modells des 964 angenommen und seine „Turbo Study“ ins Rampenlicht gerückt: Nachdem er bislang nur Hand an die Sauger gelegt hatte, rückt er jetzt dem 1990 präsentierten Turbo zu Leibe, kleidet das Flügelmonster mit einer Karbonkarosse neu ein, steckt LED-Scheinwerfer in die sinnlich ausgestellten Kuppeln der Kotflügel, gibt der Walfischflosse von Spoiler eine neue Form mit optimierter Kühlluftführung und möbelt das Interieur modern auf – Klimaautomatik und beheizte E-Sitze inklusive. Selbst das iPhone ist jetzt hübsch in der Mittelkonsole integriert. 

Das Herz schlägt bei diesem Elfer aber mehr denn je hinten. Denn wo das Original noch mit einem 3,3 Liter von 320 PS präsentiert wurde, tobt in der Turbo-Studie ein auf 3,8 Liter aufgebohrtes Renntriebwerk, das auf 480 PS kommt. Über die damals atemberaubenden 270 km/h des 964 Turbo dürfte die Singer-Kundschaft deshalb nur herzlich lachen. Und so spektakulär der neue Bürzel auch aussehen mag, werden die Käufer dieses Turbos wohl meist oben ohne fahren wollen, so vornehm hat Singer den Motorraum ausgeschlagen. Ein Schmuckkästchen wirkt dagegen fast schäbig. 

Anschauen können Fans den stahlblauen Turbo mit dem ein wenig durcheinander gewirbelten Stammbaum zwar im Sommer erst in Goodwood und dann in Pebble Beach. Doch bis sie ihn fahren können, werden sich Spätentschlossene wohl noch ein wenig Gedulden müssen. Denn mehr als 70 Interessenten haben bereits unterschrieben und besprechen gerade die individuelle Konfiguration für die Zeitreise ihres Klassikers. 

Kunst oder Kitsch? Faszination oder Frevel? Auf solche Diskussionen will sich Dickinson gar nicht einlassen. Denn er will einfach nur Autos bauen, die klasse aussehen und sich auch so fahren. „Und da kommt man am Porsche 911 einfach nicht vorbei,“ sagt er über den Sportwagen, den er ehrfürchtig das „Meisterstück“ nennt. Auf Authentizität gibt er dabei herzlich wenig und sieht sich damit in der Tradition der Porsche-Ingenieure: „Erlaubt ist, was schnellt macht“, fasst er das gemeinsame Motto zusammen und feiert seine Interpretation des Elfers deshalb als das Kondensat all dessen, was einen Porsche 911 ausmacht. „Wir nehmen aus der gesamten Modellgeschichte die besten Komponenten und haben diese wo nötig sogar noch einmal weiterentwickelt“, sagt Dickinson.

Auch wenn sie technisch womöglich die gleiche Leidenschaft pflegen, begegnen sich Singer und Porsche mit größter Vorsicht und einem Heer von Anwälten. Peinlich genau achten Dickinson und sein Team auf die Sprachregelung und darauf, dass Singer und Porsche nie in einem Atemzug genannt werden. Sondern das Auto ist und bleibt ein Porsche 911, den wir restaurieren und dabei modernisieren, stellen die Amerikaner klar und fürchten bei jeder anderen Formulierung Post von den Porsche-Anwälten. 

Doch so groß die Distanz auch sein mag, gibt es auch ein gemeinsames Geschäft. Denn kurz vor der Premiere hat Singer stolz verkündet, dass er einen Teil seiner Motoren jetzt von der amerikanischen Motorsporttruppe der Schwaben geliefert bekommt. Vor Ort mag das fast so etwas sein wie gelebte Nachbarschaftshilfe, schließlich ist Singer mit seiner deutlich gewachsenen Werkstatt gerade erst in die unmittelbare Nähe des neuen Porsche Experience Centers in Los Angeles gezogen. Doch global betrachtet, kommt das schon fast einem Ritterschlag gleich und dürfte die Anwälte durchaus etwas gefügiger machen.

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