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Toyota Mirai II: Billiger und besser

Sie ist die ewige Untote unter den alternativen Antrieben, und Toyota haucht ihr jetzt wieder neues Leben ein. Denn während das Gros der PS-Branche auf die Batterie als Basis künftiger Mobilität setzt, halten die Japaner – wie derzeit sonst nur Honda und Hyundai – tapfer an der Brennstoffzelle fest und bringen den Wasserstoffantrieb nun mit der nächsten Generation näher an den Alltag. Wenn im frühen Frühjahr zu Preisen ab 63.900 Euro (D) auch bei uns die zweite Generation des Mirai startet, wird das Auto deshalb nicht nur spürbar größer und trotzdem 15.000 Euro billiger, so dass es erstmals unter die Fördergrenze für Elektroautos fällt und die Käufer genau soviel Zuschuss kassieren wie bei einem VW ID.4 oder einem BMW iX3. Sondern zugleich schrauben die Japaner die Reichweite auf Werte, von denen Akku-Fahrer nur träumen können. Und besser fahren lässt sich die Fließhecklimousine obendrein. 

War der erste Mirai genau wie seinerzeit der erste Prius eher ein Weg- als ein Hingucker und stach vor allem durch seine eigenwillige Optik ins Auge, macht die zweite Generation eine elegante Evolution und kommt als gefällige Fließheck-Limousine irgendwo zwischen Kia Stinger und Audi A7 endlich im Alltag an. Aber nicht nur die Form wird gefälliger, auch das Format passt künftig besser: Mit dem Wechsel auf die neue, globale GA-L-Plattform geht der Mirai deutlich in die Länge, streckt sich im Radstand von 2,79 auf 2,92 Meter und wächst in der Länge auf knapp fünf Meter. Deshalb reicht es unter dem Blech für jetzt drei statt zwei Wasserstofftanks und im Innenraum für fünf statt vier Sitzplätze. Zumindest in der Theorie. In der Praxis allerdings geht es auf dem Rücksitz noch immer vergleichsweise eng zu, weil man in der Mitte den gewaltigen Tunnel zwischen die Beine nehmen muss. Und für ein Auto vom Format einer Mercedes E-Klasse ist der Kofferraum auch eher durchschnittlich.

Zugleich ändert sich mit der Plattform die Sitzposition und mit ihr das Fahrgefühl: Weil man im neuen Mirai der Straße etwas näher ist und der Motor nun zudem im Heck sitzt, ist man am Lenkrad tatsächlich Herr des Geschehens, fühlt sich vom Auto eingenommen und fährt entsprechend engagiert – wenn gleich diesem Engagement natürlich enge Grenzen gesetzt sind: Denn 182 PS und 300 Nm relativieren sich bei 2,4 Tonnen ziemlich schnell, und auch wenn der E-Motor der Brennstoffzelle wie alle Stromer kräftig antritt und den Wagen in 9,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h wuchtet, ist bei 175 Sachen genau wie beim Vorgänger schon wieder Schluss. 

Neu sind dagegen die Fahrkultur und das Geräuschniveau: Nicht nur die Windgeräusche sind deutlich weniger geworden, sondern auch aus den Eingeweiden hört man nichts mehr: Klang der Mirai früher mit seinem Zischen und Surren bisweilen ein wenig nach Physik- oder Chemielabor, herrscht jetzt die gleiche Stille, wie man sie von batteriebetriebenen Stromern kennt. 

Quelle der Kraft ist eine neue Generation der Brennstoffzelle, die kompakter baut und vor allem billiger produziert werden kann. Gespeist wird sie mit Wasserstoff, in ein einem chemischen Prozess an speziellen Membranen „kalt verbrannt“ wird so den Strom für den E-Motor liefert – während als einziges Abgas Wasserdampf entsteht, den man auf Knopfdruck ablassen kann. 

Seine jetzt drei Drucktanks reichen für 5,6 Kilo Wasserstoff, mit denen der Mirai bis zu 650 Kilometer weit kommt – rund 30 Prozent mehr als der Vorgänger und weiter als jedes Elektroauto auf dem Markt. Und das ohne lange Ladezeiten: Während Tesla & Co nach solchen Strecken selbst am Schnellader über eine Stunde ans Netz müssen, ist der Mirai in fünf Minuten vollgetankt – wenn man denn eine Tankstelle findet. Denn – und das neben der ausreichenden Versorgung mit grünem Wasserstoff die größte Hürde – in ganz Deutschland gibt es bislang kaum 100 Zapfsäulen, in Österreich gar nur vier. Selbst wenn die geschickt verteilt sind, ist da nicht einmal ansatzweise eine flächendeckende Versorgung gegeben. 

Der Preis runter, die Reichweite rauf, dazu endlich eine ansehnliche Form und ein neues, üppiges Format – Toyota hat zum Generationswechsel des Mirai die Hausaufgaben gemacht. Und selbst wenn der Erfolg der Brennstoffzelle auch an der Politik und der Infrastruktur hängt, sind die Erwartungen der Japaner entsprechend hoch: Nachdem sie von der ersten Auflage in fünf Jahren gerade einmal 10.000 Autos gebaut haben, wollen sie vom neuen Mirai 30.000 Exemplar pro Jahr bauen. Und auch für Deutschland schießen die Hoffnung mit einer Verfünffachung des Absatzes in den Himmel – wenn auch auf einem bescheidenen Niveau: Während von der ersten Generation in knapp fünf Jahren rund 300 Exemplare abgesetzt wurden, soll der Mirai II die gleiche Stückzahl in nur zwölf Monaten bringen.

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