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BMW X7: Der Siebener unter den SUV

Der Siebener unter den SUV

Der neue BMW X7

BMW probt weiter den Aufstieg auf der Buckelpiste. Als wäre der neue X5 noch nicht groß und imposant genug, schieben die Bayern im März zum ersten Mal einen X7 nach. Für Schätzpreise ab etwa 80.000 Euro gibt er ab März den Siebener auf Stelzen und soll BMW nach der Führung in der Oberliga nun auch in der Luxusliga gegen Modelle wie den Cadillac Escalade, den fürs Frühjahr neue angekündigten Mercedes GLS und natürlich den Range Rover voran bringen.

Von Thomas Geiger
Dabei setzen die Bayern vor allem auf noch mehr Protz und Prunk: So geht der X7 nicht nur aus dem Leim und streckt sich gegenüber dem X5 um weitere 23 Zentimeter auf 5,15 Meter. Sondern die Niere wird noch eine Nummer größer, die Räder gibt es mit bis zu 22 Zoll und ringsherum ist der Wagen mit mehr Chromschmuck behängt als mancher Christbaum mit Lametta.
Innen dagegen tut sich der X7 schwerer, sich vom X5 abzuheben – dafür ist die aktuelle Auflage einfach zu vornehm geraten. Weil es reichlich Lack und Leder genau wie die ungewöhnlichen Zierteile aus Glas in beiden Modellreihen gibt, macht am Ende weniger der Prunk als der Platz den Unterschied – und von dem gibt es reichlich. Nicht umsonst wächst der Radstand von 2,98 auf 3,11 Meter.
Das reicht in der zweiten Reihe für eine bequeme Bank oder gegen Aufpreis für zwei noch bequemere Captain Chairs und dahinter für zwei weitere Plätze, die anders als im X5 nicht nur ein Alibi sind, sondern tatsächlich selbst von Erwachsenen zumindest auf Kurzstrecken gut genutzt werden können – sogar eigene USB-Ports und eine Klimazonen sind dafür vorgesehen und wie alle andere Sitze im X7 werden auch die beide Klappsessel in Reihe drei elektrisch bewegt.

Knapp ist nur der Kofferraum, zumindest bei voller Bestuhlung. Dann passen hinter die wie beim X5 horizontal geteilte Klappe nur noch magere 326 Liter. Doch wenn Reihe drei im Wagenboden verschwindet, sind es schon 750 Liter und wenn alle Sitze flach liegen, wird der X7 mit 2.120 Litern zum Lastenträger in Lack und Leder.
Der Siebener unter den SUV – diese Vorgabe hat auch die Fahrwerksentwickler umgetrieben. Denn wie jeder BMW will auch der X7 am dynamischen Ende des Segments fahren, selbst wenn er 2,3 Tonnen wiegt. Und wie jeder Luxusliner soll er extrem komfortabel sein, erst recht, wenn er vor allem in Amerika verkauft wird, wo die Langstrecke auf dem Highway zum gelebten Alltag gehört. Diesen Spagat stehen die Bayern mit einem aufwändigen Technikpaket: Sie bauen eine progressive Lenkung und ein elektronisch geregeltes Sperrdifferential ein, es gibt die mitlenkende Hinterachse und eine Wankstabilisierung. Und wie der X5 bekommt der Siebener fürs Grobe eine Luftfederung an beiden Achsen. So kann die Elektronik nicht nur je nach Beladung das Niveau ausgleichen, sondern tatsächlich die Höhe des Aufbaus um bis zu acht Zentimeter variieren und mit ihm Federwege und Toleranz kontrollieren: Im Sportmodus hart und kurz, beim komfortablen Setup weich und lang – so schwebt der X7 mal wie auf Wolken und beißt sich mal überraschend hungrig durch die Kurven. Und weil es in beiden Richtungen vier Zentimeter Spielraum gibt, macht der X7 zum bequemen Einstieg einen Kniefall und geht im Gelände wie auf Stelzen, so dass er X5 & Co sogar davonklettert.
In Fahrt bringen ihn dabei zunächst drei Motoren, die alle drei Liter Hubraum und sechs Zylinder in Reihe haben: Einziger Benziner ist der X7 40i mit 340 PS und 450 Nm, der in 6,1 Sekunden auf Tempo 100 kommt, 245 km/h erreicht und im Mittel 8,7 Liter verbraucht. Bei uns gebräuchlichste Variante wird wohl der X7 30d, der mit 265 PS, 620 Nm, 7,0 Sekunden, 227 km/h und 6,5 Litern in der Liste steht. Und wer es ernst mein mit Luxus und Leistung, der greift zum M50d, der dann schon auf 400 PS und 760 Nm kommt,  die 2,3 Tonnen in 5,4 Sekunden auf Tempo 100 wuchtet, als einziger 250 km/h schafft und mit 7,0 Litern angegeben wird.
So potent und protzig der X7 auch sein mag, gehen die Bayern den Weg nicht so ganz konsequent zu Ende. Innen fehlen für den maximalen Komfort der Hinterbänkler die Executive-Seats aus dem Siebener und unter der Haube hat BMW offenbar Angst vor der eigenen Courage. Denn den gründlich überarbeiteten V8 im X7 50i bekommen mit seinen 462 PS nur die Amerikaner, die Russen und die Chinesen und vom Zwölfzylinder, der ein echtes Alleinstellungsmerkmal wäre, ist nicht einmal die Rede. Auf der einen Seite ist das dämlich, weil sowohl die Sitze als auch die Motoren fertig im Baukasten liegen und den X7 nochmal eine halbe Klasse aufwerten könnten. Aber auf der andren Seite ist das vielleicht gar nicht so dumm. Sichern die Bayern so doch den Bestand eines anderen Dickschiffs, das im Konzern gerade seinen Einstand gibt. Denn alles, was beim X7 vermissen könnte, liefert Rolls-Royce für den Cullinan mit großer Selbstverständlichkeit – für den vierfachen Preis.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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