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Peugeot 408: Ab durch die Mitte

Carlos Tavares geht unter die Hütchenspieler. Während der VW-Konzern als Erfinder des Plattformkonzepts gerade die Zahl der Varianten zusammenstreicht und ein paar taube Triebe aus dem weit verästelten Baum der Modellpalette schneidet, reizt der Stellantis-Chef die Spielregeln voll aus: Um auch noch das letzte bisschen Absatzvolumen aus der EMP2-Plattform heraus zu holen, drücken die Strategen in Paris ein Modell nach dem anderen in die Kompaktklasse. Diesmal bei Peugeot. Denn wie in seligen Zeiten darf die Löwenmarke jetzt zwischen 3er und 5er wieder einen 4er verkaufen.

Der kommt als 408 zum Jahreswechsel in den Handel und liegt mit einem Grundpreis von 37.920 Euro auf halben Weg zwischen 308 und 508 und rechtfertigt damit schon seine Existenz. Denn für ein kleines bisschen mehr Metall erlöst Peugeot so sehr viel mehr Moneten. 

Haarspalter können jetzt argumentieren, dass Autos mit 4,36 und mit 4,75 Metern Länge sehr wohl eine Lücke lassen, die es wert ist zu füllen. Doch es sind weniger die Dimensionen des 4,69 Meter langen Neuzugangs, als das Design, das dem 408 eine Daseinsberechtigung gibt. Denn wer aus dem ewigen Quartett von Steilheck, Kombi, Limousine oder SUV ausbrechen will, dem stellen die Franzosen hier ihr erstes Fastback zur Wahl und spannen deshalb einen coupé-haften Bogen über alle vier Türen, bevor der in ein scharfes Heck übergeht. 

Der Auftritt mag neu sein und beim Ambiente sind die Franzosen auch im Detail wieder ein Stückchen weiter, weil der Schaltknauf verschwindet und Platz macht für ein paar Ablagen, bleiben jedoch im Grunde bei ihrem unkonventionellen iCockpit mit den nach oben gerückten Instrumenten und dem tiefer montierten Lenkrad, das kleiner ist als bei den meisten Konkurrenten.

Aber spätestens unter dem Blech ist der 408 freilich ohnehin ein alter Bekannter: Weil er genau wie sein kleiner Bruder 308 oder die Konzernverwandten Opel Astra oder DS4 auf der EMP2-Plattform steht, gibt es unter der Haube keine Überraschungen – außer vielleicht die Bescheidenheit, mit der die Franzosen den Aufstieg angehen. Denn der einzige reine Verbrenner hat magere 1,2 Liter Hubraum und kommt auf gerade mit 130 PS, mit denen am oberen Ende der Kompaktklasse nur wenig Staat zu machen ist.

Aber dafür hat Peugeot ja noch zwei Plug-in-Hybriden im Angebot: Beide kombinieren einen 1,6-Liter großen Benziner mit einem 81 kW starken E-Motor im Automatikgetriebe und einem 12,4 kW großen Puffer-Akku im Wagenboden, der für bis zu 60 Kilometer rein elektrischen Betrieb reichen soll. In der Grundversion kommt der Verbrenner auf 150 PS und die Systemleistung liegt bei 180 PS, in der Top-Variante stehen 180 und 225 PS im Datenblatt. Und das reicht allemal, um ein paar scharfe Löwenkrallen in das Heck von ähnlich gestrickten Modellen wie dem Honda Civic, dem 3er GT oder dem Audi A5 zu schlagen. Immerhin sprintet der Peugeot mit seinen vereinten 360 Nm in 7,9 Sekunden auf Tempo 100, schafft rein elektrisch 135 km/h und fliegt bei Vollgas mit bis zu 233 Sachen über die linke Spur. 

Aber auch wenn alles vertraut ist, fühlt sich das Auto auf der Straße ein bisschen anders an: Für den Fahrer, weil der auf 2,79 Meter gestreckte Radstand mehr Ruhe bringt beim Reisen und für die Hinterbänkler, weil sie es hübsch bequem haben im Fond. Der Vorteil der hohen Dachlinie wird zwar von der größeren Bodenfreiheit aufgezehrt. Und während der Fahrer mehr Umsicht genießt, wird der Ausblick hinten von kleinen Scheiben getrübt. Aber die Beinfreiheit ist feudal und macht den 408 zur vielleicht besten Reiselimousine der Löwenmarke. 

Zwar perfektioniert Stellantis mit den 408 das Hütchenspiel und hat tatsächlich eine Lücke in Peugeot-Programm gefüllt, die vorher keiner gesehen hat. Doch lange wird sich dieses Spiel nicht mehr treiben lassen. Erst recht nicht, wenn die e-Mobilität weiter Fahrt aufnimmt. Denn auch wenn natürlich auch der 408 bald als Akku-Auto kommt –  dafür hat man schließlich Plattform-Architekten – wird es mittelfristig eine neue, um den Akku herum gebaute Architektur brauchen, damit die Franzosen den Anschluss nicht verlieren. Und an dem Punkt klafft in Paris noch eine große Lücke.

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