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Audi Driving Experience: Die drei Musketiere

Einen Tag lang diverse Audis auszuprobieren klingt ja schon mal nach einem vergnüglichen Zeitvertreib. Wenn es sich bei den Vehikeln aber um R8, RS3 und RS e-tron GT handelt und der Spielplatz eine Rennstrecke ist, dann schlägt das Herz gleich ein paar Oktaven höher.

Das ganze Jahr über zieht die Audi Driving Experience durch die Welt und lässt Menschen am eigenen Leib erfahren, was die Fahrzeuge der Ingolstädter auf dem Kasten haben. Stationen sind dabei gerne Rennstrecken, die Modelle variieren stetig. Ende September hat der Tross am Salzburgring Halt gemacht und wir die Chance genutzt, um uns eine ordentliche Portion Dopamin einzuschenken. Denn wer mit einem ikonischen Supersportwagen, einem hochgezüchteten Elektro-Monster und dem fünfzylindrigsten Kompaktsportler der Welt über den Asphalt bügeln darf, kann sich nur grandios fühlen.

Verleiben wir uns zuallererst einmal den schmackhaften Zahlensalat ein. Den ersten Gang stellt der R8 V10 Performance quattro: 5,2 Liter-V10, 620 km/h, 580 Nm Drehmoment, 3,1 Sekunden auf 100 und 331 km/h Spitze – da könnte man eigentlich direkt schon wieder satt sein. Doch für besondere Leckereien gibt es ja zum Glück diesen sagenumwobenen zweiten Magen. Da passt dann ein 2,5 Liter-Fünfzylinder mit 400 PS und 500 Nm Drehmoment hinein, der den RS3 in 3,8 Sekunden auf Landstraßentempo schleudert und bei entsprechender Option erst bei 290 km/h die elektronische Reißleine zieht. Und weil es doch gar so vorzüglich mundet, ist auch noch Raum für einen dritten Magen. In den schnabulieren wir zwei Elektromotoren hinein, klingt jetzt noch nicht so sexy wie Gang eins und zwei, aber das täuscht. Denn die 598 PS werden im Boost-Modus mit 646 PS sogar zum stärksten der drei Musketiere. 830 Nm Drehmoment sind sowieso völlig konkurrenzlos und 3,3 Sekunden auf 100 km/h können sich ebenfalls sehen lassen. Einzig mit dem Topspeed von 250 km/h reißt der RS e-tron GT ein wenig ab. Was alle drei Schmankerln gemeinsam haben, ist ein Allradantrieb.

Der passt auch ganz gut zu den Bedingungen. Beim Start der Audi Driving Experience am Morgen ist es recht kühl und der Salzburgring noch waschelnass vom nächtlichen Regenguss. In drei Gruppen aufgeteilt folgt man jeweils zu viert einem Instruktor. R8 und RS e-tron GT tummeln sich auf der Strecke, mit dem RS3 gilt es einen Handlingkurs im Infield zu bewältigen. Natürlich immer schneller und mit immer weniger elektronischer Assistenz. Besonders beeindruckt hierbei das Torque Split-System, durch das der Kompaktsportler per Knopfdruck zur echten Driftschleuder wird. Das Drehmoment wird hier auf der Hinterachse aktiv so verteilt, dass maximale Agilität geboten ist. Und das bedeutet selbstredend auch maximalen Spaß, wenn auch deutlich mehr Konzentration gefragt ist. Aber gerade das steigert den Ehrgeiz umso mehr und treibt zur Höchstleistung an.

Die wird den Autos auf der Rennstrecke natürlich ebenfalls abverlangt. Im Laufe des Vormittags trocknet die Strecke deutlich auf und spätestens dann sind auf der ewig langen Gegengerade Geschwindigkeiten drin, bei denen der RS e-tron GT an seine Grenzen stößt und R8 sowie RS3 auch schon ordentlich arbeiten müssen. Am offensichtlichsten ist die Witterungsveränderung natürlich in den schnellen Kurven, doch selbst bei nasser Piste ist es erstaunlich, wie bedingungslos die drei Boliden ihre Linie halten. Selbstverständlich sind gegen Mittag bei Sonnenscheine nochmals deutlich höhere Kurvengeschwindigkeiten möglich – das zieht die Mundwinkel noch weiter gen Ohren.

Die extrem unterschiedlichen Charakteristiken der drei Audis machen sich jedenfalls schnell bemerkbar und es macht richtig Freude, sie so kurz hintereinander auszuloten. Der RS3 kann beim reinen Schub natürlich nicht mit den beiden Oberviechern mithalten, wedelt aber flink über den Kurs und schiebt rasant vom Scheitelpunkt weg. Dass der RS e-tron GT auf der Geraden auch bei 250 km/h jede Unruhe wegwalzt, ist angesichts von knapp zweieinhalb Tonnen Gewicht kein Wunder. Umso beeindruckender ist aber, dass er in der Kurve selbt an der Haftungsgrenze nicht nach außen zerrt. Der extra tiefe Schwerpunkt und die 50:50 Gewichtsverteilung spielen ihm da in die Karten. Dennoch erscheint es fast wie ein physikalisches Wunder, dass ein solcher Koloss von beinahe fünf Metern Länge sich so behände bewegt. Fest steht: Bei einem gleich schweren Verbrenner wäre so ein Fahrverhalten unmöglich.

Die Kirsche auf der Cremetorte ist natürlich der R8. Abgesehen von dem bereits jetzt ikonischen Design bringt er als V10 Performance quattro 1.670 kg mit, die ih viel leichtfüßiger als den Elektriker handlen lassen. Ganz abgesehen von dem herrlichen Zehnzylindersound, der dem Fahrer förmlich das Genick massiert. Apropos Massage: Der Supersportwagen gibt um Welten mehr Feedback vom Untergrund an die Insassen weiter. Und bei bleischwerem Gasfuß und Highspeed arbeitet er schon deutlich mehr als der e-tron. Da ist definitiv höchste Konzentration angesagt. Dafür krallt er sich in der Kurve auch bedingungslos an der Ideallinie fest wie ein Raubtier an seiner Beute. Es ist doch sehr Audi-like, dass ein derart wildes Automobil bei aller Emotion doch abgebrüht und effizient wirkt. Wie mit einem Hochpräzisionslasercutter wird hier die Strecke seziert, doch spürt man, dass der R8 immer gefährlich werden kann – im besten Sinne.

Respekt flößen einem alle drei Audis ein. Spaß machen sie auch allesamt. Und einen besseren Tag in der Arbeit als diesen kann man sich kaum ausmalen. Das liegt natürlich nicht daran, dass man mehrere Stunden lang mit einem dümmlichen Grinsen im Gesicht mit leistungsstarken Boliden über eine abgesperrte Strecke fetzt. Nein, es geht hier darum, dass wir wieder mal ein bisschen dazugelernt haben, was das dynamische Bewegen eines Fahrzeugs betrifft. Und lernen macht doch immer am meisten Freude. Vor allem in einem leistungsstarken Boliden auf einer abgesperrten Strecke.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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