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Citroën Berlingo 2CV Fourgonette: Ente gut, alles gut

Louis de Funes lebt, die Bardot ist wieder jung und an jeder Ecke gibt’s es Orangina oder gleich einen Pastis. So jedenfalls fühlt es sich an, wenn man zum ersten Mal dem neuen Citroen Berlingo 2 CV Fourgonnette begegnet. Denn als hätten sie ein paar französische Filmklassiker noch einmal auf HD-Qualität getrimmt, kopiert dieser Van den wohl berühmtesten Lieferwagen Frankreichs und kommt daher wie die selige Wellblechente, die als praktische Schwester des 2CV nach ihrem Debüt im Jahr 1951 von keinem französischen Landmarkt mehr wegzudenken war. Nur, dass unter der langen, schlanken Haube kein asthmatischer Zweizylinder von anfangs neun und später zwölf PS mehr schnattert, sondern ein moderner Diesel oder Benziner mit bis zu 130 PS knurrt oder im besten Fall sogar eine 136 PS starke E-Maschine surrt und so den Weg ins Morgen weist.

Fotos: Hersteller

Aber nicht nur der Zeitstrahl ist bei diesem Projekt ein wenig durcheinandergeraten, sondern auch die Geographie. Denn so französisch die Ente war und der Berlingo ist, kommt die neue Fourgonnette nicht aus Frankreich, sondern aus Cremona im Norden Italiens. Dort hat Fabrizio Caselani sein Geld mit dem Yachtbau verdient und in eine ansehnliche Sammlung historischer Citroen-Modelle gesteckt, von denen ihm die Lieferwagen immer am allerliebsten waren. Nur mit der Alltagstauglichkeit war es bei seinen Oldtimern nicht so weit her – erst recht nicht beim Typ H, der französischen Antwort auf den VW-Bus, mit dem vor gut fünf Jahren alles angefangen hat. 

Weil Caselani mit seinem Wohnmobilumbau weiter weg wollte, als es der schmächtige 40 PS-Motor erlaubt hat, entstand zusammen mit seinem Designer David Obendorfer die Schnapsidee von einer Neuinterpretation auf Basis des großen Citroen-Vans Jumper. Und weil die bei frankophilen Firmen und Foodtruck-Betreibern bestens ankam, haben sie kurz darauf erst den HG auf Basis des kleineren Jumpy nachgelegt und jetzt den Berlingo zur Fourgonette gemacht. Und während andere Firmen ziemlich spaßbefreit auf ihre Markenrechte und Geschmacksmuster pochen, hat Citroen dem Projekt nicht nur seinen Segen gegeben und bei der Umsetzung geholfen, sondern die Neuauflage der Kastenente zu Preisen ab 46.400 Euro (D) sogar ins deutsche Verkaufsprogramm aufgenommen.

Für einen Aufpreis von knapp 20.000 Euro (D) und zwei Wochen Geduld wird der Berlingo als Kasten, Kombi oder Van dann in Italien mit einem Dutzend neuer Karosserieteile samt schlanker Schnauze und freistehenden Scheinwerfern beplankt und so zum charmanten Hingucker, der einen aus der Provinz sofort in die Provence beamt. 

Zwar haben sich Signore Caselani und sein Designchef redlich Mühe gegeben mit dem Retro-Van und den Charme der Ente tatsächlich in die Neuzeit gerettet, selbst wenn der Fourgonnette ein bisschen Vintage-Chic auch im Innenraum gut zu Gesicht gestanden hätte. Und dass die Neuinterpretation jetzt nicht mehr schnattert, sondern surrt, ist wahrscheinlich sogar ein Segen. Von den vergleichsweise alltagstauglichen Fahrleistungen mit für eine Ente schier unvorstellbaren 135 km/h Spitze und einer Reichweite von bis zu 285 Kilometern selbst beim Elektromodell einmal ganz abgesehen.

Doch an einem Punkt haben die Italiener gemogelt und sich weiter vom Original entfernt, als vielen lieb sein dürfte: Was nach Wellblech aussieht, ist nichts anderes als e Kunststoff. Aber auch diesem freizügigen Kunstgriff können sie bei Caselani durchaus etwas abgewinnen: Während die meisten der knapp 1,3 Millionen von 1951 bis 1978 gebauten Originale mittlerweile von Rost zerfressen sein dürften, beißt sich die Zeit an der Wellblechente aus Plastik die Zähne aus.

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