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Das Dieselfahrverbot rückt näher

Sie fahren einen Diesel? Womöglich einen LKW? Nun, vielleicht bald nicht mehr, zumindest nicht in der Stadt …
von Philipp Stalzer

Heimlich, still und leise. Ohne jegliche Medienkampagne ist 2014 klammheimlich eine Regelung in Kraft getreten, die Fahrverbote für LKW mit bestimmten Abgasklassen aussprach. Mit dem neuesten Entscheid des Deutschen Bundesverwaltungsgericht rückt ein generelles Dieselfahrverbot in Städten auch hierzulande näher, was Philipp Stalzer in dieser Kolumne bereits 2015 vorhersagte. Die Vision, dass in absehbarer Zeit Fahrzeuge, die vor 2015 zugelassen wurden, nicht mehr in die Stadt, oder, in die dort einzurichtenden Umweltzonen fahren dürfen, rückt jedenfalls näher. Was einer Enteignung durch den Staat gleich käme.

AKKP – klingt mehr nach Untergrundorganisation als nach Infoseite.

War der damalige Entscheid noch an wirre Regelungen gebunden, die man auch nach mehrmaligem Durchlesen auf der feschen Infoseite www.akkp.at nicht so recht verstehen konnte, kommt die nun (bei unseren Nachbarn) höchstrichterlich sanktionierte und vom Grünen Umweltsprecher Rüdiger Maresch bereits 2017 vorgeschlagene Lösung recht eindeutig daher: „Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß“ sollen aus der Stadt verbannt werden. Ungut wird es allerdings bei der einzig wirklichen Variablen der Idee – nämlich der (nun in Deutschland recht klar abgesteckten) Definition, was ein Fahrzeug mit hohem Schadstoffausstoß ist.

Gezieltes Handeln, dort wo es was bringt.

Bislang ging und geht es „nur“ den abermillionen LKW (laut Statistik Austria Auswertung 2013 waren es 46.994 Stück, inkl. allen VW-Bussen, Pickups usw.) mit Euro 0 und Euro 1 (Einführung Euro 2 im Jahr 1998) Abgasklassifizierung die tagtäglich (?) auf unseren Straßen unterwegs sind, an den Kragen. Ohne Ankündigung, ohne Übergangsfrist, einfach von heute auf morgen Fahrverbot (de facto ist das Gesetzt seit Sommer 2014 in Kraft, seit 1.1.2015 wird auch gestraft). Wenn Rüdiger Maresch im Vorjahr bereits ab 2018 eine zweijährige Übergangsfrist forderte, „damit die Wiener auf umweltfreundlichere Autos umsteigen können“, dann kann derlei thematisch durchaus im selben Fahrwasser gesehen werden, wie der höchstrichterliche Bescheid in Deutschland. Und damit sind durchwegs Fahrzeuge mit höhren Klassen als EURO 6 gemeint. Was im Umkehrschluß bedeutet: ein Fahrzeug, das vor dem 1.9.2014 typisiert wurde, wäre in den vom Dieselfahrverbot betroffenen Städten wertlos. Schon der wohlpublizierte VW-Diesel-Schummelskandal lässt die Selbstzünder-Verkäufe europaweit zurückgehen. Es ist nun davon auszugehen, dass die Deutsche Regelung (obwohl hierzulande noch keineswegs in Kraft) ab sofort auch die Gebrauchtwagen-Preise für EURO 5-und-darunter-Autos drücken wird. Denn – darauf verlassen, mit diesen in absehbarer Zeit noch in Innenstädte fahren zu können, kann man sich auch in Österreich nicht mehr.

Dass dabei der grobkörnige Ruß aus alten Dieselmotoren (von dieser Regelung sind aber auch Benziner betroffen) gar nicht erst so tief in unsere Lungen kommt, wie die feinsten Partikel die bei einem Partikelfilterauto hinten rausbröseln, spielt dabei natürlich keine Rolle. Die Gesundheit muss geschützt werden, koste es (den Einzelnen), was es wolle. Dem Staat bringts zufällig weitere Steuereinnahmen beim Kauf von neuen Vehikeln – leider aber nicht in dem Ausmaß wie er sich das vorgestellt hat. Die dilettantisch geplante und durchgeführte Erhöhung der Normverbrauchsabgabe war ein Rohrkrepierer der feinsten Sorte mit etwa 80 Millionen Budgeteinbuße, von einem Lenkungseffekt keine Spur – welch eine Genugtuung. Aber zurück zum Thema: Warum wird der 20 Jahre alte LKW, der ach so böse Stinker, denn noch immer im Einsatz sein? Ja, richtig – weil er kaum verwendet wird! Eventuell auch, weil sich die- oder derjenige im Beruf mit Ach und Krach über Wasser hält und ein neues Auto auch einfach nicht drin ist.

Ähnliches gilt freilich auch für den verbrauchsarmen, braven Diesel-PKW, der fein gepflegt auf seinen seltenen Einsatz wartet. In absehbarer Zukunft wird dieser zwar voll funktionsfähig, aber nicht mehr benutzbar sein. Von seinem Besitzer, der aus irgendwelchen Gründen scheints doch nicht auf ein Auto verzichten will, wohl oder übel durch ein neues Auto ersetzt werden. Und damit seinem Besitzer einen weitaus böseren ökologischen Fußabdruck verpassen, als wenn er das alte Auto einfach noch ein paar Jahre weitergefahren wäre. Es hat dem ach so sauberen, neuen EURO 6-Modell nämlich einen unschätzbaren, ökologischen Vorteil voraus: es muss nicht nochmal produziert werden.

Neues Auto nicht leistbar? Pech.

Die kilometerschrubbenden Handelsreisenden, die zum Teil jährlich 2x um den Erdball und mehr gondeln und damit spätestens alle 3 Jahre dank geplanter Obsoleszenz ein neues Auto brauchen, werden als die Helden mit der umweltschonendsten Technik und den modernsten Autos gefeiert. Nova-Boni bei Erstzulassung dieser Sparwunder gibt es. Dass es aber in der Gesamtenergiebilanz deutlich ressourcenschonender ist, auch im KFZ-Sektor das alte zu reparieren und nicht dauernd alles wegzuwerfen und neu zu kaufen, realisiert man aber erst, wenn man etwas genauer über die Sache nachdenkt. Die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen ist jedenfalls kaum gegeben.

Wenigstens kann keiner sagen, man hätte es nicht ahnen können: Auch von PKW ist längst auf der Seite „AKKP“ zu lesen und spätestens seit dem 27.2.2018 ist dies auch in aller Munde. Warum die Einführung der LKW-Plakette einst also heimlich, still und leise erfolgt ist, sollte spätestens jetzt jedem klar sein. Dass dies eine reine Steuerbeschaffungsmasche ist, beweist die Feinstaubplakette übrigens bislang in deutschen Hauptstädten – es ist keine merkliche Schadstoffreduktion eingetreten. Nur die Menschen, die viele Jahre auf ihren PKW gut aufgepasst und ihn in Schuss gehalten haben, werden genötigt den am Markt nun wertlosen, persönlich dafür umso wertvolleren Wagen de facto „wegzuschmeißen“. Dass die Schadstoffe ein neues Auto nie effektiv reinsparen kann, leuchtet auch dem absoluten Laien ein.

Noch ist nichts passiert …

Bislang ereiferten sich heimische Politiker wie Verkehrsminister Hofer oder Umweltministerin Köstinger darin, zu versichern, dass für Österreich derzeit keine Fahrverbote geplant sind. Dass allerdings auf Kommunalebene bereits fertige Konzepte für den Tag in Laden liegen, an dem in Österreich ein vergleichbares Urteil wie in Leibzig gefällt wird, lässt uns erahnen, in welche Richtung die Entwicklung auch hierzulande geht.

Wer mit einem Dieselauto nicht mehr in die Innenstadt fahren kann, kriegt dieses auch nicht mehr los. Und das jüngst in Deutschland gefällte Urteil wird ab sofort auch auf den österreichischen Gebrauchtwagenmarkt abstrahlen.

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