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Graham, der perfekte Verkehrsteilnehmer

Auf die inneren Werte kommt es an, im Ernstfall

Graham, der perfekte Verkehrsteilnehmer

Eine unglaubliche Idee. Ein unglaubliches Projekt. Eine noch unglaublichere Umsetzung.

Auf den ersten Blick sieht Graham aus wie aus einem Science Fiction Film entsprungen, aber von seinem unwirklichen Aussehen darf man sich nicht täuschen lassen. Graham hat uns nämlich allen etwas voraus: Er ist ganz und gar dafür geschaffen im täglichen Straßenverkehr zu überleben.

by Patrizia Zernatto

Verkehrssicherheit einmal anders

Die moderne Automobilindustrie sucht unaufhaltsam nach neuen Ideen und Verbesserungen für den Straßenverkehr. Von intelligenten Assistenzsystemen über interaktive Verkehrsregulierungen bis hin zu frühzeitiger Gefahrenerkennung – alles zum Zweck, dass Unfallgefahren minimiert werden. Das schwächste Glied dieser Kette ist jedoch der Mensch selbst, ganz gleich ob er hinterm Steuer sitzt oder sich als Fußgänger eine Straße überquert. Was aber, wenn sich unser Körper im Laufe der Zeit so verändert hätten, dass er einen Unfall  (relativ) gut überstehen könnte? Wie würden wir dann heute aussehen?

Diesen Fragen hat sich ein Spezialistenteam der australischen Transport Accident Commission (TAC) mit „Graham“ anschaulich angenommen. „Cars have evolved a lot faster than humans and Graham helps us understand why we need to improve every aspect of our roads system to protect ourselves from our own mistakes,“ so der CEO von TAC, Joe Calafiore.

Mit Hilfe der renommierten Künstlerin Patricia Piccinini (bekannt vor allem durch den Sky Whale) wurde Graham “zum Leben” erweckt. Dank Google Tango kann man sogar interaktiv unter die Haut des unförmigen Testobjekts sehen. Die lebensechte Skulptur an sich besteht aus Glasfaser, Silikon und echtem menschlichen Haar und kann noch bis zum 8. August in der Staatsbibliothek von Victoria besichtigt werden.

Bevor es jedoch an die Einzelheiten geht: Wer erinnert sich noch an Helmi, die Kinder-Fernsehfigur des Kuratoriums für Verkehrssicherheit? Mit dem großen Kopf und den unförmigen Gliedmaßen erinnert Graham auf den ersten Blick ein wenig an unseren rot-weiß-roten Sicherheitsexperten. Wir Österreicher wussten anscheinend schon in 80er Jahren Bescheid…




Die Geschichte zum Projekt und…




…das Ergebnis der Geschichte.

Das Gehirn

Unser Gehirn ist eines unserer verletzlichsten Körperteile und benötigt besonders viel Schutz. Im menschlichen Körper sitzt es umgeben von der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit, welche dazu dient, dass es im Ernstfall nicht ungebremst gegen den Schädelknochen schlägt. Bei einem Autounfall wirken allerdings so starke Kräfte, dass ein Aufprall kaum zu vermeiden ist und damit verbunden Verletzungen.

Grahams Gehirn ist zwar mit unserem ident, allerdings ist der Schädelknochen dicker und mit mehr schützender Flüssigkeit gefüllt.

Das Gesicht

Unser Gesicht besteht vor allem aus Knochen, Muskeln und Knorpeln und ist bei einem Autounfall relativ ungeschützt. Besonders hervorstehende Merkmale wie die Nase oder das Jochbein können bei einem Aufprall sehr leicht schlimme Verletzungen oder Brüche davon tragen.

Um dies zu verhindern, ist Grahams Gesicht erheblich flacher als bei uns. Hinzugefügtes Fettgewebe schützt ihn zusätzlich.

Der Schädel

Bei einem Autounfall muss unser Schädel auf einwirkende Kräfte reagieren, denn Kopfverletzungen können fatale Folgen haben. Der Schädelknochen ist dafür bestimmt, um im Falle des Falles zu brechen und so die Wucht eines Aufpralls nicht an das Gehirn weiterzuleiten. Allerdings funktioniert diese Strategie nur bis zu einem gewissen Grad.

Ähnlich funktioniert auch das Konzept eines Helm. Daher ist Grahams Schädel erheblich größer und geformt wie ein Helm, um die “Knautschzone” zu vergrößern.

Der Brustkorb

Unser Rippenbogen schützt unsere Organe sehr effektiv und wirkt vor allem in einem Fahrzeug gemeinsam mit Sicherheitsgurt und Airbag als großartiges Schutz-Korsett.

Um diesen Schutz noch zu vergrößern, wurde Grahams Brustkorb zusätzlich verstärkt und um Airbag-ähnliche Hautsäcke erweitert. Diese bilden eine weitere Schutzschicht für unsere lebenswichtigen Organe.

Der Nacken

Patricia Piccinini fasst es sehr passend zusammen, “From my discussions I learned that the neck was a real problem. So I just got rid of it.” Unser Nacken hat nicht die Kraft, um gegen die Wucht von plötzlichen Bremsvorgängen zu wirken. Die Verletzungsgefahr für die umliegende Muskulatur oder die Wirbelsäule ist dabei sehr hoch.

Da Grahams Körper keinen Hals bzw. Nacken aufweist, fallen diese Verletzungsmöglichkeiten bei einem Unfall einfach weg.

Die Knie

Vor allem Fußgänger tragen oft Knieverletzungen von Autounfällen davon, da unsere Knie nur dafür gemacht sind sich ein eine Richtung zu biegen. Bei einem Aufprall brechen Kniescheiben oder reißen Bänder nur zu leicht.

Grahams Knie bekommen durch zusätzliche Gelenke mehr Bewegungsfreiheit und können sich so in alle Richtungen drehen bzw. biegen. Bei einem Unfall hat man so auch als Fahrer oder Beifahrer bessere Chancen diesen unbeschadet zu überstehen.

Füße und Beine

Unsere Beine und Füße sind verglichen mit andern Körperteilen relativ ungeschützt. Bei einem Autounfall brechen oft nicht nur Knochen, sondern nicht selten werden auch Gliedmaßen abgetrennt.
Um dies zu verhindern erinnern Grahams Beine und Füße eher an Hufe mit zusätzlichen Gelenken und Sprungkraft, um sich in Notsituationen schnell aus der Gefahrenzone zu “katapultieren”.
So sieht er also aus, der Graham. Nicht unbedingt eine Augenweide, aber dafür der Held im Straßenverkehr.

Photo & Video Credit: TACVictoria

Patrizia Zernatto

Unter dem Pseudonym P.S. Hunter war „Pacey“ lange Zeit als US-Korrespondentin für Motorblock tätig.

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