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Lexus NX 300h: Bestselleranwärter

Bestselleranwärter

Der Lexus NX 300h im Test

Design ist und bleibt einer der wichtigsten Kaufgründe für Automobile, egal mit wievielen neuen Features die Hersteller um sich werfen. Dass der Lexus NX 300h kein Bestseller ist, können wir uns anhand dieser Tatsache nicht logisch erklären. Denn ein schnittigeres Crossover findet man eigentlich nirgends.

Text: Jakob Stantejsky
Es muss daran liegen, dass gerade viele Privatkunden, die sich nicht wirklich eingehend mit der Materie beschäftigen, lieber zu etwas greifen, „das man halt kennt“. Da matcht sich der NX 300h in seinem Segment nicht gerade mit Leichtgewichten. Mercedes, BMW und Audi sind nunmal die Liebkinder der Durchschnittsautokäufers hierzulande, da hat es ein Underdog wie Lexus natürlich schwer. Nicht, weil man es nicht genauso gut kann, sondern leider einfach schon wegen des Namens. Doch wer den NX 300h – oder irgendeinen anderen Lexus, was das betrifft – fährt, merkt sofort: In dem Japaner stecken Qualität und Premium bis obenhin drin.

Und das überzeugende Gesamtpaket ist auch noch hübsch verpackt. Schnittige, aggressive Front, schwungvolle Sicken und Kanten an der Seite und ein imposantes Heck machen den NX 300h zu einem deutlich polarisierenderen Auto als die doch ziemlich brave Konkurrenz aus Deutschland. Gerade in dem satten Blau unserer Testwagens steht der Lexus richtig sexy da. Nachdem wir uns dann irgendwann vom Glotzen doch zum Einsteigen weiterbewegen, stellen wir fest, dass auch das Interieur sehr geschmeidig gestaltet ist. Viel Leder, übersichtliche Bedienung und coole Features wie das exzellente Touchpad am Mitteltunnel, mit dem man den Bildschirm bedient. Tausendmal praktischer als die altbekannte Drehradlösung und während der Fahrt deutlich weniger ablenkend als das Touchscreenherumgefummel präsentiert sich die japanische Alternative. Der mitnehmbare, ebenfalls im Mitteltunnel untergebrachte, Spiegel verändert zwar nicht die Welt, ist aber ein nettes Gadget. Es wohnt sich sehr gemütlich im Lexus NX 300h, so gefährlich er sich von außen auch präsentiert. Aber bei einem Kompakten-SUV ist das eigentlich genau richtig so: Außen stylish und eigenständig, innen angenehm und praktisch.
Wie fährt sich der japanische Herausforderer denn nun? So abenteuerlustig wie er sich präsentiert oder doch so entspannt wie seine inneren Werte. Also erstens einmal verfügt der NX 300h natürlich Lexus-typisch über einen Hybridantrieb, eh klar. Der setzt sich zusammen aus zwei – Überraschung! – Elektromotoren, wobei der vordere 142 und der hintere 68 PS abdrückt. Hinzu kommt dann noch traditionelle Benzinpower aus einem erstaunlich großvolumigen 2,5 Liter-Vierzylinder mit 155 PS. In der Summe ergibt der Mix eine Systemleistung von 197 Pferdchen. Definitiv nicht schlecht, aber auch wieder nicht die Welt. Dass ein CVT-Getriebe dem Motor vorsteht, sorgt bei uns Europäern mal wieder für lange Gesichter, fällt aber nur dann wirklich auf, wenn man den NX 300h die Vollgaspeitsche schmecken lässt.

In der Stadt cruist es sich dank Stromerei sehr flink und leise, doch leider nur bei äußerst sanfter Beschleunigung – sonst meldet sich der Benziner sofort zu Wort. Da wäre der Weg hin zu mehr Batteriekapazität ein wünschenswerter. Aber gut, der NX 300h soll ja auch mit keinem vollwertigen Plug-in-Hybrid in dieser Hinsicht mithalten können, das liegt in der Natur der Sache. Der Durchzug passt jedenfalls, auf der Autobahn fährt es sich schön ruhig und die ein oder andere flotte Kurve macht der Lexus NX 300h gerne mal mit. Der Allradantrieb ist außerdem ein willkommenes Extra. Zwischen Design, Antrieb und Fahrwerk gehört er zweifellos zu den dynamischeren Kompakt-SUVs auf dem Markt.
Rein inhaltlich überzeugt uns der Japaner also absolut auf Augenhöhe, aber in einer Kategorie kann er der großen Konkurrenz nicht das Wasser reichen: Der Preis. Das ist allerdings als Kompliment zu betrachten, denn der bereits wirklich super ausgestattete NX 300h AWD F-Sport beginnt bei 58.990 Euro (das Auto an sich bei 43.190) und hier sind wirklich nur mehr völlig kosmetische Upgrades offen. Von solchen Preisen kann man in Deutschland nur mit ganz viel Mut träumen – und selbst dann wird es noch eng.

Preislich attraktiv, designtechnisch knackig und technologisch ausgereift – was kann da eigentlich noch schief gehen? Beim Auto selbst nichts, denn das ist wirklich ganz fein. Aber der Kunde müsste halt einmal seinen sturen Blick über den Tellerrand erheben und sich eingestehen, dass ein Stern oder vier Ringe nicht automatisch für mehr Qualität stehen. Klar, ein bisschen mehr Protz und vor allem breit gefächerte Modellvarianten bis hin zu diversen Performanceversionen bieten die europäischen Marken – da stinkt Lexus mit der einen einsamen Motorisierungsoption dann schon ein wenig ab. Doch es ist ein Teufelskreis: Eine breitere Palette anzubieten lohnt sich nur bei mehr Kunden und mehr Kunden kommen erst bei mehr Auswahl. Schade, denn eigentlich sollte der Lexus NX 300h ein Bestseller sein. Das Zeug dazu hat er zweifelsohne.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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