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VW Touareg PHEV: Steckdose statt V8

4,2 Liter Hubraum aus acht Zylindern, 422 PS und 900 Nm: Wenn eilige Vielfahrer an den Touareg V8 TDI denken, bekommen sie glänzende Augen – und zugleich schlechte Laune. Denn nicht einmal ein Jahr nach der Einführung des Top-Diesels nimmt VW den Motor jetzt schon wieder aus den Programm. Ein paar Restexemplare sind noch zu haben, dann schauen Dauerläufer in die Röhre, müssen sie in Wolfsburg kleinlaut zugeben und schieben den Schwarzen Peter nach Ingolstadt.

Von Thomas Geiger

Denn gebaut wird das Triebwerk bei Audi und dort sieht man für das Kraftpaket keine Zukunft mehr. Aber VW lässt den Dampfhammer unter den Dieseln nicht sang- und klanglos sterben, sondern tröstet die buchstäblich teuersten Kunden mit einer attraktiven Alternative: Noch in diesem Herbst gibt es den Touareg deshalb auch als Plug-In-Hybrid mit ähnlich viel Power und zumindest auf dem Papier mit noch weniger Durst. Und wie bei fast allen Modellen, legt VW den Teilzeitstromer dabei gleich in zwei Leistungsstufen auf: Für 72.378 Euro als eHybrid mit 380 PS und 600 Nm, oder für 84.660 Euro (beide D) als Touareg R mit standesgemäßen 462 PS und 700 Nm. Kein VW aus der Pkw-Abteilung ist teurer und keiner hat mehr Kraft.

Dabei ist es neben der Ausstattung und dem Auftritt, der beim R-Modell natürlich ein wenig präsenter ausfällt und sich Extras wie den schwarzen Kühlergrill oder die Kotflügelverbreiterung leistet, nur die Software der Motorsteuerung, die den Unterschied macht. Die Hardware unter der Haube ist hier wie dort dieselbe: Beide Steckdosen-SUV kombinieren einem 340 PS starken V6 Benziner mit einer E-Maschine von 100 KW, die in der Achtgang-Automatik integriert ist, und einem netto 14,1 kWh großen Lithium-Ionen-Akku unter dem noch immer nahezu ebenen Kofferraumboden, der mit 2,3 oder 3,6 kW geladen wird und sich damit schon mal ein paar Stunden am Stecker gönnt. Wem das zu lange dauert, der kann die Akkus – energetisch wenig sinnvoll, für die Reichweite und das gute Gewissen am Ziel aber bisweilen ganz praktisch – auf Knopfdruck auch mit überschüssiger Motorleistung laden.

Das Ergebnis des aufwändigen Antriebs ist ein Koloss mit zwei Gesichtern: Im Elektromodus wird der Touareg zum großen Gleiter, der mit gespenstischer Ruhe kräftig ausschreitet, beim Ampelstart zum Seriensieger wird und auch jenseits des Ortsschildes kaum an Elan verliert. Bis zu 135 km/h sind so möglich, und wer vorausschauend fährt, sanft mit dem Fahrpedal umgeht und die Elektronik Rekuperation & Co mit den Navi-Daten steuern lässt, der kommt im besten Fall fast 50 Kilometer weit, ohne dass sich der Benziner zu Wort meldet.

Arbeiten dagegen beide Motoren im Team, lässt der Koloss das Kraftpaket raushängen und stürmt wie ein böser Bulle über die linke Spur: Schon der e-Hybrid braucht dann von 0 auf 100 nur 5,9 Sekunden, der R ist noch acht Zehntelsekunden schneller und Schluss ist für beide erst bei 250 km/h.

Dabei wirkt der Touareg weder angestrengt noch aggressiv, sondern gibt stets den gelassen Souverän, dem jede Hektik und Härte fremd ist. Wie schön, dass sich die R GmbH deshalb Albernheiten wie eine besonders stramme Lenkung oder betont sportliche Programmierung für die serienmäßige Luftfederung verkniffen hat: In der Ruhe liegt die Kraft, kaum ein anderes Auto hat diese Regel derart verinnerlicht wie der Touareg.

Ja, die 700 Nm des Touareg R sind imposant und der Antritt des Dickschiffs ebenfalls, die elektrische Flüsterfahrt macht genauso viel Spaß wie der Tiefflug auf der linken Spur und die Reichweite von über 800 Kilometern ist mehr als respektabel, doch so ganz können der Benziner und der E-Motor den famosen Diesel natürlich nicht ersetzen. Aber dafür bietet der Touareg R etwas, das bislang kein anderer Touareg bieten konnte, kein anderes R-Modell und erst recht kein Diesel – ein gutes Gewissen, selbst wenn es nur für 47 Kilometer reicht.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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