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„Was wir tun, muss mit Sinn belebt sein.“

Kai Langer ist Head of Design bei BMW i. Mit uns spricht er über agieren statt reagieren, den richtigen Sinn von Design und die Skulptur über dem Hinterrad des Concept i4.

Text: Franz J. Sauer

motorblock: Gibt es eine Formel, wie man nachhaltiges Design entwickeln kann?
langer: Wenn Sie so eine Formel haben, würde ich sie Ihnen gerne abkaufen! Nein, das wäre, ohne Scherz, ein bisschen kurz gesprungen. Es tauchen im Fahrzeugdesign ja laufend neue Fragen auf. Und wir bei BMW i glauben, dass es wichtig ist, diese Fragen immer aufs Neue zu beantworten.

Aber woher weiß man, ob die Fragen, die heute gestellt werden, in zwei Jahren noch Relevanz haben?
Das herauszufinden, ist unser Job. Und gerade bei BMW i habe ich hier einen sehr tollen Job. Wir sind ein Unternehmen mit großer ­Heritage, das es sich auch leistet, Pionierarbeit zu tun.

Inwieweit agieren Sie, inwieweit müssen Sie reagieren?
Wir wollen lieber treiben als getrieben werden. Andersrum ist man auf jeden Fall zu spät. Vor 50 Jahren haben Autodesigner Autos auf eine Messe gestellt und gesagt, „So sieht die Zukunft aus!“ Das geht heute überhaupt nicht mehr. Die Leute sind, die Gesellschaft – und ich finde das ganz toll – ist geschult. Man kennt sich mit Technik aus. Die Leute sind connected, haben hochtechnologische Geräte quer durch alle Altersklassen bis hin zu meiner Oma. Die Menschen schlagen Brücken. In der Art von: „Wenn sich mein Fernseher automatisch mit dem Internet verbindet, warum kann das mein Auto nicht?“ Dessen müssen wir uns bewusst sein, dann können wir agieren, unserem Mission Statement „Ultimately Human“ entsprechend. Also maximal barrierefrei für den Kunden.

Läuft man da nicht schnell Gefahr, den Kunden zu überfordern?
Das Ziel ist, dass der Kunde viele der neuen Annehmlichkeiten in der Bedienung nutzt, ohne es zu merken. Da haben Touchscreens eine wichtige Funktion, es ist aber essenziell, auch die Rolle von haptischen Bedienelementen nicht zu unterschätzen. Abgesehen davon, dass so ein toller Screen, wenn er ausgeschaltet ist, eigentlich gar nicht so toll aussieht: Unsere Sinne sind nicht wirklich dafür geschaffen, mit einer strukturlosen Oberfläche zu hantieren. In der Studie iNEXT etwa haben wir Bedienelemente in die Stoffsitze integriert. Wenn sie in den Sitzpolster eine Note zeichnen, beginnt die Musik zu spielen.

Sieht man sich im Reigen der ­aktuellen Auto-Innenräume um, scheint es aber, als hätte der klassische Taster ausgedient …
Ich meine: Eine unübersichtliche Menge an Tasten hat ausgedient. Aber wenn eine Taste eine absolut logische Funktion hat, wird sie nicht in Frage gestellt. Auch hier gilt: Der beste Taster ist der, den ich ganz unbewusst und automatisch bediene. Erst wenn ich mich frage: „Was macht das da eigentlich?“, gibt es Probleme.

Es scheint, als hätte der alte Grundsatz „Form follows Function“ ausgedient, Stichwort Kühlergrill, der nichts mehr kühlt. Wie geht man als Designer damit um?
Mit Vorsicht. Wir sind nicht der Meinung, dass es Premium ist, im Automobildesign Beliebigkeiten unterzubringen, also Dinge zu platzieren mit der Begründung: „Wir meinen, das sieht gut aus.“ Dinge, die wir tun, müssen mit Sinn belebt sein. Reines Styling ist gut dafür, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber wenn dann inhaltlich nicht mehr viel kommt, entwickelt das Produkt keinen Charakter.

Wie wichtig ist für Sie das Design bei der Infrastruktur außerhalb eines E-Autos?
Sehr wichtig, da wollen wir ganz vorne dabei sein. Und ich glaube, so wie wir unsere Projekte andenken, sind wir es auch.

Ihre ganz persönliche Lieblings-Ecke am Concept i4?
Mir gefallen die Front und die Backen, wenn man in den Rückspiegel schaut, Richtung C-Säule. Die Skulptur über dem Hinterrad, wie sie einläuft ins Heck.


Kai Langer
wurde 1976 in Darmstadt geboren und studierte an der Uni Pforzheim Transportation Design. Seit 2003 ist er im BMW-Konzern ­tätig, im Team von BMW i gehört er zu den Pionieren am Zeichenstift. Seit 1. Juli 2019 ist er Head of Design bei BMW i.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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