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Brabus G 900 Rocket Edition: Schrankwand im Tiefflug

Sie ist der ungekrönte König von Boulevard und Buckelpiste und der dickste Stern am Mercedes-Himmel. Doch auch wenn sie wahrscheinlich mehr Talente hat als jeder andere Mercedes, ist die G-Klasse eines ganz sicher nicht: Ein Sportwagen. Aber das scheint die Kunden nicht zu stören. Nicht umsonst liegt der AMG-Anteil nirgends höher als beim Vierkant aus Graz, und auch bei Brabus in Bottrop machen sie mit der G-Klasse mehr Umsatz als mit jedem anderen Modell. Und jetzt dürfte der noch einmal in die Höhe schießen. Denn für alles andere als bescheidene 571.270 Euro (D) aufwärts legen sie den Offroad-Dinosaurier jetzt in einer Kleinserie von 25 Exemplaren als „G 900 Rocket Edition“ auf und machen ihn so doch noch zum Tiefflieger für die linke Spur.

Der Name ist dabei Programm, und zwar nicht nur, weil der auf 4,5 Liter große V8 aus der Brabus-Version des viertürigen AMG GT auf imposante 900 PS kommt. Sondern weil sich ein Kickdown in diesem G tatsächlich anfühlt wie ein Raketenstart. 2,5 Tonnen Gewicht hin und der cw-Wert einer Schrankwand her: Wenn rohe Kräfte sinnlich wüten, dann macht die Physik Pause und der Kaventsmann schießt in 3,7 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Und wo AMG selbst mit angehobener Höchstgeschwindigkeit bei 240 km/h Schluss macht, gewährt Brabus der Dampframme auf Speed Auslauf bis 280 km/h. Da machen Porsche-Fahrer auf der linken Spur plötzlich gaaanz, gaaanz große Augen. 

Neben dem größeren Motor gibt es zwei eigene Turbos mit höherem Ladedruck, ein paar neue Softwarezeilen für den Steuerchip und – von nichts kommt nichts – zwei neue Benzin-Pumpen mit größerem Durchsatz – schon klingen die 585 PS des offiziellen G 63 nach nicht viel mehr als einem netten Versuch. Und wo dem Original 850 Nm Beine machen, warten hier bis zu 1.050 Nm darauf, den schartigen Asphalt der eigens gecharterten Landebahn mit den vorne 295 und hinten gar 355 Millimeter breiten Reifen auf den imposanten 24-Zöllern Heck in großen Fetzen aus dem Boden zu reißen. Und zumindest in der Theorie könnte die Rocket-Edition sogar mit 1.250 Nm punkten. 

Aber das würde nicht nur die Neungang-Automatik überfordern, sondern womöglich auch den Magen des Fahrers. Denn schon jetzt gräbt sich beim Kickdown eine Eisenfaust ganz tief in die Eingeweide, wenn der Rocket sein Triebwerk zündet und mit vollem Schub dem Horizont entgegen jagt. Zumal das vom ledernen Hochsitz einer G-Klasse betrachtet noch viel imposanter wirkt als in einem Tiefflieger wie dem AMG GT. So eng das neu abgestimmte Fahrwerk das Band mit der Straße schnürt und so mutig sich die Bremsen, die groß sind und schwer wie die Gewichte an Arnies Hanteln, dem Vortrieb entgegen stemmen, mischt sich in die Begeisterung auch eine gewisse Beklemmung. Die wird genau wie die Augen des Fahrer mit dem nahenden Ende der Startbahn immer größer. Und dieses Ende naht im G 900 verdammt schnell. 

Aber es ist ohnehin nicht die Endgeschwindigkeit allein, die den G 900 in der Rocket Edition zu einem so spektakulären Erlebnis macht. Sondern mindestens genauso eindrucksvoll ist, mit was für einem Spektakel der Brabus über den Boulevard bummelt. Und welchen Auftritt er sich dabei leistet. Denn in seinem üppigen Karbon-Ornat mit weit ausgestellten Kotflügen, Hutzen auf der Haube und Spoilern auf dem Dach wird die G-Klasse zum Gladiator, der beim Schaulaufen niemanden neben sich duldet. Und falls doch irgendwo mal ein Lamborghini Urus oder ein Bentley Bentayga aufbegehrt, brüllt der Gigant den Emporkömmlinge mit den Fanfaren seines Klappenauspuffs locker nieder.

Während Brabus den G außen zum Kampfwagen aufgerüstet hat, wird er innen zur Luxuslounge. Vorne sieht man in jedem einzelnen der 25 geplanten Autos mehr Leder, Karbon und feuerrote eloxierte Zierlemente, als sie bei AMG für die gesamte Flotte verarbeiten würden, und im Fond haben sie Einzelsitze eingebaut, wie es die sonst nur in der S-Klasse gibt – Kühlfach und Klapptische inklusive. Außerdem gibt’s am Himmel drei Zusatzinstrumente, die den Hinterbänklern zeigen, auf welchen Wahnsinn sie sich da eingelassen haben. Denn neben Uhrzeit und Außentemperatur zeigen die auch das Tempo an. Und spätestens wenn man da drauf schaut, wird es höchste Zeit für einen kräftigen Schluck aus der Bordbar.

Das vielleicht coolste Extra dieser Dampframme in Lack und Leder sieht man allerdings nur von außen und dann auch erst bei Dunkelheit. Denn zum ersten Mal baut Brabus zwei feuerrot beleuchtete Endrohre ein. Für die einen ist das der Gipfel der Unverfrorenheit, weil dieser G so sogar noch angibt mit seinen üppigen Abgasen. Schließlich verbraucht er schon auf dem Prüfstand 14,4 Liter, und auf jedem Kilometer bollert das Äquivalent von mehr als drei Tafeln Schokolade in die Atmosphäre. Doch für die anderen ist das die ultimative Hommage an den Namen – denn zumindest im Kleinen fühlt man sich davon tatsächlich an zwei brennende Raketentriebwerke erinnert.

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