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Mercedes-AMG GT Black Series: Ins Schwarze getroffen

Mögen die Kollegen in Stuttgart doch die Grüne Welle reiten und von ihren Elektroautos schwärmen, bei AMG in Affalterbach wollen sie zumindest aktuell vom Akku im Auto noch nichts wissen und sehen in diesem Herbst stattdessen schwarz – und das mit großer Begeisterung. Denn nach langer Pause bringen die schnellen Schwaben nun endlich mal wieder eine Black Series an den Start und rüsten ihren GT damit gar vollends zum Rennwagen auf: Schärfer gezeichnet denn je, strammer abgestimmt und stärker motorisiert, wird er zum Renner der Rekorde und lässt Konkurrenten wie McLaren, Porsche oder Ferrari schwarz werden vor Neid. Allerdings birgt die Black Series auch einen Superlativ, der die Begeisterung zumindest vorübergehend ein wenig trüben könnte: Der Preis. Denn mit 335.240 Euro (D!) kostet der GT mit der schwarzen Seele fast dreimal so viel wie das Grundmodell.

Von Thomas Geiger

Doch der Schmerz über diese stolze Summe ist mit der ersten Begegnung schnell vergessen. Denn selbst wenn der Black Series nicht in dem etwas grenzwertigen Kommunalfarben-Orange lackiert wäre, das die Schwaben als exklusive Kommunikationsfarbe ausgewählt haben, fängt der Wagen alle Blicke: Wuchtige Schweller, messerscharfe Flicks, ein Splitter wie ein Sensenblatt, eine Motorhaube mit Kühlrippen über den Reifen und zwei mächtigen Nüstern dazwischen – schon von vorne schindet dieser GT mächtig Eindruck. Und dann erst das Heck: Ein Diffusor mit einer Sogwirkung wie der Schlund zur Hölle und ein zweiteiliger Flügel, der jeden Piloten neidisch macht – sorry, ihr McLarens, Ferraris oder Lamborghinis, für Euch sehe ich erst einmal schwarz.

Und dabei soll niemand glauben, dass der Black Series nur ein Poser sei – sondern die Umbauten dienen vor allem der Performance, saugen den Wagen förmlich an der Fahrbahn fest, sorgen im besten Fall für bis zu 500 Kilo Abtrieb über der bemitleidenswerten Hinterachse, die allein die Last des Antriebs trägt, und garantieren einen verbesserten Kühlstrom.

Der ist auch bitter nötig. Schließlich steckt unter der Haube der stärkste V8-Motor, den AMG je in ein Serienmodell geschraubt hat: Dank neuer Kurbelwelle und modifizierten Ladern nur noch rudimentär mit dem Triebwerk aus den anderen GT-Modellen verwandt, wuchtet er jetzt bis zu 730 PS und 800 Nm über die aus Karbon gebackene Torque Tube ins Heck und giert dabei noch sehnsüchtiger nach dem schnellen Kick mit dem rechten Fuß als der ohnehin schon leistungsbereite Grundmotor.

Entsprechend flott geht es deshalb zur Sache: Während der Fahrer mit vier Gurten tief unten mit den engen Sitzschalen verzurrt ist und der Blick über das reduzierte Cockpit hinaus Halt am Horizont sucht, schnellt der Black Series in nur 3,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, die 200 km/h flimmern nach weniger als neun Sekunden über den digitalen Tacho und wenn die Start-Ziel-Gerade lang und der Mut des Fahrers groß genug ist, geht die Raserei weiter bis 325 km/h.

Aber es ist weniger die reine Beschleunigung, die einen begeistert. Selbst wenn einem mit jedem Gasstoß eine neue Woge Adrenalin durch die Hirnschale klatscht. Sondern es ist vor allem die Stabilität, mit der dieser Black Series über den Kurs jagt und die Nähe zur Ideallinie, die er dabei hält. Egal wie eng die Kurven sind und wie trickreich die Schikanen, dieser Silberpfeil scheint irgendwie immer ins Schwarze zu treffen.

Mit mehr Karbon in der Karosse noch steifer, mit weniger Dämmung noch lauter, mit kürzeren Schaltzeiten der Doppelkupplung noch aggressiver und mit der schnelleren Lenkung noch schärfer – es ist als würde man zum Sex die Socken ausziehen, so intensiv und gefühlsecht geht es im Mercedes zur Sache. Und mit jeder Runde wächst die Begeisterung, wie leicht der GT seiner überbordenden Leistung zum Trotz zu beherrschen ist. Doch lehrt einen die Black Series dabei auch eine gehörige Portion Demut, weil sie einem unmissverständlich zeigt, dass hier der Fahrer und nicht das Fahrzeug der limitierende Faktor ist. Diese Demut fordert der GT bereits in der Box ein. Denn wer den Wagen für die Rennstrecke rüsten und dafür von Hand den Frontsplitter in die richtige Position bringen will, der muss vor der Black Series erst einmal in die Knie gehen.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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